Die Ewigen
eine hochgezogene Augenbraue, ohne einen fragenden Blick von Hand zu Hand. Wahnsinn, dachte ich, als ich die Aufnahmen sah: Als ich mit Jackson vor der Engelsburg gestanden hatte, waren seit der Lösung des Schwertes doch gerade einmal ein paar magere Stunden vergangen! Wer auch immer Drakes Spion im Orden war: Er oder sie hatte Drake angerufen, als er selbst benachrichtigt worden war, nur Minuten, nachdem Magnus Alarm gegeben hatte. Und damit hatte der illegale Besuch in Drakes Haus etwas sehr Wichtiges bewiesen: Der alte Kreuzritter hatte jemanden im Orden, seit wer weiß wie lange schon - der Beweis dafür lag mit diesem unschuldigen Schnappschuss vor uns auf dem Tisch.
"Drake kennt die Burg wie seine Westentasche, oder?", fragte ich Andreas. "Du hast gesagt, ihr hättet sie irgendwann im 16. Jahrhundert erbaut, und er hat sich ja erst ... im 17. Jahrhundert von euch trennt, oder bringe ich da was durcheinander?"
"Nur ein wenig. Das Gelände haben wir im 16. Jahrhundert erworben, und mit dem Bau begonnen auch. Fertig war alles dann ungefähr 1750. Aber ja: Die Burg war fertig, während Drake noch beim Orden war. Aber wenn ich mich recht entsinne, war er nach Fertigstellung des Haupthauses nur einmal hier. Ich hatte dir ja erzählt, dass er sich gegen einen zweiten großen Stützpunkt ausgesprochen hat." Andreas sah mich eindringlich an. "Es gibt keinen Weg hinein, den wir nicht kennen, außerdem haben wir ein wirklich gutes Überwachungssystem."
Ich spielte mit meiner Gabel - laut Punze im stark abgenutzten silbernen Griff ein englisches Stück aus dem Jahre 1906.
"Er kommt schon rein, wenn er will", sagte ich, ein wenig gedankenverloren. "Hier sind im Laufe der letzten Jahre so viele Menschen durchgelaufen ... Du hast selber gesagt, dass Leute aus dem Dorf Sachen reparieren und so, eure Hausdamen habe ich ja heute Morgen schon kennen gelernt. Ein paar Scheine in die richtigen Hände, und Drake weiß ganz genau, wo welche Kameras sind, wann die Bewegungsmelder eingeschaltet werden und was weiß ich. Aber all das braucht er wahrscheinlich noch nicht einmal - sein Mann oder seine Frau im Orden kann ihm das Tor einfach öffnen, wenn er es wünscht."
Andreas schien meine Ansicht nicht zu teilen, blieb seine Miene doch skeptisch, aber er ließ sich auf keine Diskussion ein.
"Angenommen, das wäre so? Worauf willst du hinaus?"
Ich piekte mit der Gabel auf dem Tisch herum, als könnte ich damit meine Gedanken auf den Punkt bringen.
"Ich weiß nicht - weil ich immer noch nicht mit Sicherheit weiß, was Drake wirklich will. Ja, das Thema hatten wir schon, aber ich denke immer wieder darüber nach: In Rom war ich noch zu ... verunsichert, ich habe dort keine Antwort gefunden, die mich überzeugt hat. Ich habe im Pantheon nur gedacht, dass da ein Irrer versucht, mich umzubringen - ohne Blick auf den Orden, auf eine ... Initiierung. Er hat zwar was von 'Ewigkeit' gefaselt und von dem 'Ritual', das er mir ersparen wird - aber mein Gott, wenn jemand dich mit einem Dolch bedroht und dich würgt, dann interessiert es dich herzlich wenig, was er dabei sagt. Aber eines sehe ich nun auch: Wenn Drake mich hätte umbringen wollen, hätte er das in der Kirche schon haben können. Er hätte nur eine andere Waffe nehmen und ein bisschen besser zielen müssen, durch das Herz - dann wäre ich tot gewesen, einfach und schnell. Okay ... jetzt bin ich initiiert, habe diese Kreuze - aber ich bin immer noch bei euch, wo ich ihm herzlich wenig nütze. Ein selbstloser Gutmensch, der seinen Teil tut und dann aus der Ferne zusieht, wie wir gemeinsam die Welt retten, wird er ja wohl nicht sein. Also ist es wahrscheinlich, dass er mich haben will. Und wenn er mich haben will, muss er dort draußen auf mich warten - oder mich holen."
Magnus riss mir entnervt die Gabel aus der Hand und legte sie neben meinen Teller. Ich sah hoch, suchte die dunklen Augen von Andreas und sah die Zustimmung darin. Ja, Drake wartete auf mich, und je länger er wartete, desto besser würden seine Chancen: Über kurz oder lang würde es eine Lücke im ach so guten Überwachungssystem meiner Kreuzritter geben, über kurz oder lang würde ich einen Fehler machen - und Drake musste nicht viel mehr tun, als genau darauf zu hoffen.
"Er wird in meiner Nähe bleiben und warten", sagte ich zu Andreas. "Darauf, dass eure Aufmerksamkeit nachlässt, dass ich mich zu sicher fühle, oder dass ich gegen eure Bewachung aufbegehre - und dann ist er plötzlich da. Das möchte ich
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