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Die Ewigen

Die Ewigen

Titel: Die Ewigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Sabalat
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um einer Enteignung zu entgehen - mit dem Haus in Rom hat das leider nicht geklappt, das wurde requiriert. Wir haben es 1948 aber zurückbekommen, man hatte dort irgendwelche Parteibonzen einquartiert. Danach wurde es einmal komplett renoviert - Josies erster Großauftrag mit der besonderen Herausforderung, ein paar Hakenkreuze aus dem Marmor entfernen zu lassen."
    Ich lachte kurz auf, wurde dann aber wieder ernst. "Zu zweit habt ihr hier zwei Jahre aushalten müssen? Du und Ethan? Im Krieg?" Eine schreckliche Vorstellung.
    "Ja." Jackson verzog seinen schönen Mund. "In diesen Jahren ging es aber noch - schlimm war es eher für Michael und James: Die beiden waren 1944 und 1945 hier, damals wurden jede Nacht Angriffe geflogen. Wie gesagt, nicht auf dieses Tal direkt, aber das weißt du in der Situation ja nicht. Die beiden haben tagsüber geschlafen und nachts auf dem Dachboden gehockt, zwischen Löscheimern, mit denen sie kaum was hätten ausrichten können." Er sah mich prüfend an, als überlege er, ob er mir dir folgenden Informationen geben konnte. "In den letzten zwei Jahren des Krieges waren auch Flüchtlinge in der Burg - in Südtirol gab es große Völkerwanderungen, weil man Deutsche und Italiener ... sortieren wollte. Einige wollten ihre Heimat nicht verlassen und sind bei uns untergeschlüpft - es gab keinen Bunker im ganzen Umkreis, deswegen haben die Menschen aus dem Tal nächtelang in unseren Kellern geschlafen. Sie haben tagsüber auf den Höfen und Feldern gearbeitet, und sind abends dann mit ihren Familien hierher gekommen. Ein paar Familien haben ihre Söhne zu uns geschickt, damit wir sie verstecken und sie nicht eingezogen werden können - nicht viele, aber es war ein gutes Dutzend."
    "Im Keller? In diesen Höhlen?"
    "Ja. Sie reichen zwei Stockwerke tief in den Fels."
    Ich schauderte angesichts der Vorstellung, unter Metern von grauem Gestein Zuflucht vor Bombern und Bomben suchen zu müssen, Jackson zuckte jedoch nur mit den Schultern.
    "Wenn du die Wahl hast zwischen Bombentod und Verschüttung, ziehen viele wohl die Verschüttung vor. Ethan und ich hatten in unserer Zeit hier Lebensmittel in großem Stil gekauft, es gab dort unten auch Kerzen, Pritschen, Bücher, Öfen. Ciaran und Andreas haben in allen Zeiten die Tore der Burg geöffnet, wenn Gefahr drohte."
    "Ihr braucht mich also doch nicht, um was Gutes zu tun", sagte ich und wusste nun noch ein bisschen besser, warum man die Leute von der Burg trotz ihrer Andersartigkeit duldete, akzeptierte, vielleicht sogar schätzte.
    "Ein paar von uns wollten sich freiwillig zur Armee melden", fuhr Jackson in ruhigem Plauderton fort, "bei den Amerikanern. Ethan vor allem - er stammt aus einer jüdischen Familie, aber auch Peter, Michael und Nikita."
    "Und du?"
    Er lächelte, seine frechen Eckzähne blitzen. Abenteuerlustig? "Ich natürlich auch. Als ich das Ciaran gesagt habe, hat er kein Wort gesagt, aber seine Hand hat gezuckt, als wolle er mir eine Ohrfeige verpassen."
    Ich lachte. "Und das hat gereicht, um dich abzuhalten?"
    Jackson nickte sehr ernst. "Oh ja. Als er sich wieder beruhigt hatte, hat er mir nur gesagt, er habe mich nicht einen Monat lang entgiftet, damit ich mich ein paar läppische Jahrzehnte später von diesen verdammten Nazis totschießen lasse."
    "Er hat dich aber nicht geschlagen, oder?"
    Jackson schüttelte den Kopf. "Nein. Körperliche Züchtigung gehörte noch nie zu den Disziplinarmaßnahmen des Ordens, auch früher nicht. Deswegen war Ciarans zuckende Hand ja so ... bezeichnend. Ich wusste, dass ich ihn noch nie zuvor so wütend gemacht hatte, dass ich noch nie zuvor etwas so Dummes gesagt hatte."
    "Und wie war das, als du jung warst?"
    "Meinst du, ob Kinder damals geschlagen wurden?"
    "Ja."
    "Schon, aber nicht ... aus Bösartigkeit. Das waren keine Misshandlungen - daran denkt man ja heute immer sofort. Und bei mir waren es auch nicht die Eltern, sondern der Hauslehrer. Er hatte dafür zu sorgen, dass wir still waren. Nur redeten, wenn wir angesprochen wurden. Dass wir auf eine bestimmte Art und Weise antworteten, ihm und allen anderen Erwachsenen: höflich, deutlich, mit wohlgewählten und wenigen Worten." Jackson lächelte, ein bisschen wehmütig, wie ich fand. "Damals war man nicht Kind, wie man heute Kind ist. Heute ... dreht sich alles um das Kind, wenn eine Familie eins bekommt. Spielzeuge, Bücher, Kleidung - alles speziell für Kinder. Man behandelt sie wie Kinder, freut sich darüber, dass sie Kinder sind. Damals

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