Die Ewigen
der Spitze vor sich auf den Boden, die Hände ruhig auf dem Griff. Andreas drehte sich zu mir, und als sich seine schwarzen Augen in meine bohrten, verschwand der letzte Rest meiner Selbstsicherheit, stieg eine altbekannte nackte Angst in meiner trockenen Kehle hoch: Ich wusste nur zu gut, wie Andreas war, wenn er wirklich böse wurde, und das wollte ich nicht noch ein weiteres Mal miterleben, vielen Dank.
"Willst du das beschwören, Albert?", fragte Andreas mich, ich öffnete den Mund, doch jetzt rette mich Jack, leise und beschwörend.
"Andreas, ich bitte dich, ich bitte dich inständig. Um Sharas Willen. Lass Ciaran holen, er muss sie sich ansehen. Dann wirst du verstehen, dass sie tatsächlich in einem Zustand ist, in dem sie nicht mehr weitermachen kann, in dem wir sie schützen müssen."
Andreas' Blick hielt mich noch ein paar Sekunden gefangen, doch diesmal schaffte ich es, zu schweigen.
"Schützen - auch vor sich selbst vielleicht?", fragte er Jack.
Der blieb ganz neutral, während ich diesen Satz ganz und gar nicht verstand. Fast eine Minute starrten die beiden sich an, dann nickte Andreas schließlich.
"Gut, Ciaran soll sie sich ansehen. Ich bin in meinem Zimmer und ich erwarte, dass du mir umgehend meldest, was er gesagt hat."
Mit diesen Worten dreht er sich um, kurz darauf hörten wir seine schweren Schritte auf der Treppe. Ich lehnte mich an die Wand, ein herrliches, erleichterndes Gefühl durchströmte mich und ließ mich schwindeln. Jack rutschte langsam an der Tür nach unten, bis er mit angezogenen Beinen auf dem Boden saß, die tödlich blasse Stirn an die kalte Klinge des Schwertes zwischen seinen Knien gepresst.
"War das nötig?", stieß ich hervor, als ich wieder halbwegs klar denken konnte, Jack lehnte den Kopf an die Tür und schloss die Augen.
"Es bringt sie um, wenn wir so weitermachen. Und deshalb ... ja, deshalb war es nötig."
Er hatte natürlich Recht - aber ich hätte dann doch lieber einen anderen Weg gewählt, um Andreas die Lage zu erklären. Ihn so zu reizen, ihm vor Zeugen den Gehorsam zu verweigern - das war sehr riskant, mit der Tendenz zum glatten Selbstmord. Diese meine Gedanken kamen mir komisch und ungewohnt vor, während mein Gehirn sie langsam verarbeitete - war ich jetzt hier der Diplomat, während Jack die Rolle des Berserkers mit dem Schwert übernahm? Das passte nicht zu ihm: Jack verlor nicht die Fassung, nicht so. Er mochte es faustdick hinter den Ohren haben, mochte Dummheiten machen wie das mit dem Auto oder diese Nummer mit der Chronik - aber niemals direkt unter Andreas' Augen, so blöd war er nicht. Okay: Wenn es nicht Wut gewesen war, die ihm da gerade diese Worte in den Mund gelegt, die Hand geführt hatte ... dann war es geplant gewesen.
"Warum?"
Jacks Antwort kam ebenso leise wie meine Frage. "Shara ist jetzt hier die Nummer eins, das muss Andreas akzeptieren. Er weiß das natürlich, Shara wird es auch bald verstehen - aber Andreas muss wissen, dass auch wir das wissen. Und ehrlich gesagt" - er lachte leise - "ist mir kein weiteres Argument mehr eingefallen, um ihn von ihr fernzuhalten."
Ich sah auf meinen Freund hinunter. Was wäre er, wenn Shara die Nummer eins wäre? Der Prinz, wo sie die Prinzessin war? Erhoffte er sich eine Position an ihrer Seite - neben ihr, über uns allen? Nein, das war ungerecht und entsprang eher dem an mir nagenden Neid auf seine wie auch immer geartete Beziehung zu Shara als meinen Erfahrungen mit ihm: Ich hatte keinen Grund, was anderes anzunehmen, als dass Jack sie wirklich nur hatte schützen wollen, ich durfte nicht an seiner aufrichtigen Liebe zu ihr und seiner ebenso aufrichtigen Freundschaft zu mir, zu uns allen, zweifeln. Und dennoch ... eine Kleinigkeit gab es da noch.
"Was hat Shara wirklich gesagt, als du sie wachgerüttelt hast?"
Jack öffnete die Augen und lächelte mich schwach an.
"Sie hat gesagt: 'Ich komme gleich'. Aber sah das für dich danach aus?"
Ich hätte Ja sagen können - das würde Jack strafen und seiner Auflehnung gegen Andreas jeden festen Boden entziehen. Er wäre ein toter Mann, zumindest aber ein sterblicher Mann, nach einer solchen Meuterei gäbe es kein zurück. Oder ich sagte einfach Nein - das schütze nicht nur meinen Freund, sondern auch Shara. Ich dachte an ihre durchscheinende Haut, die geröteten Augen mit teilnahmslosem Blick, die noch dünner gewordenen Glieder, den ununterbrochenen Energiehunger ihrer Haut - und ich schüttelte den Kopf.
"Nein, das sah absolut nicht
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