Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ewigen

Die Ewigen

Titel: Die Ewigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Sabalat
Vom Netzwerk:
gemächliche Wanderung entlang des uralten, ausgeklügelten Bewässerungssystems, das seit Jahrhunderten das Anpflanzen von Obstbäumen an den eigentlich viel zu trockenen oberen Hängen ermöglichte. Davide lotste uns über schattige Wege Meter um Meter nach oben und war ein guter Erzähler - nachdem ich das System aus steinernen Kanälen und hölzernen Wehren verstanden hatte, bekam ich gleich noch ungefragt eine Runde Nachhilfe im Obstanbau. Das verleitete mich zu der Frage, ob er mal den Hof der Eltern weiterführen werde, und das war dann wohl nicht das richtige Thema für einen harmlosen Plausch am Nachmittag, denn Davide seufzte nur und schüttelte den Kopf.
    "Nein, ich will studieren. Ich mache ja gerade Abi, dann will ich an die Uni. Chiara möchte das mit dem Hof machen - aber das will meine Mutter nicht."
    Das verstand ich nicht: Die fröhliche und rührige Chiara mit ihrem selbstgebackenen Zitronenkuchen schien mir viel besser für den Hof geeignet zu sein als der zarte Davide mit seinem vollgestopften Bücherregal.
    "Wieso will deine Mutter das nicht?"
    Davide zupfte ein paar Blätter vom nächsten Baum und zerrieb sie zwischen den Fingern. Am Hang über uns raschelte es: entweder ein Tier - oder aber Shane, der sich durchs Unterholz schlug.
    "Meine Mutter kommt aus Neapel. Sie ist hier in den Bergen ... nie so richtig heimisch geworden, glaube ich. Sie will, dass Chiara weggeht und studiert, aber die will viel lieber hier bleiben, ihren Julio heiraten und den Hof auf Bio-Anbau umstellen."
    "Was willst du denn studieren?"
    Davide zuckte mit den Schultern. "Kommt drauf an, wie gut mein Abitur wird. Medizin wäre toll, aber ich würde auch was mit Chemie oder Physik machen, da sind die Studienplätze viel leichter zu kriegen."
    "Was sagt dein Vater zu euren Plänen?"
    Er wischte sich die Hände an seiner Jeans ab und lächelte mich traurig an. "Nichts, er hält sich da raus. Er kommt gegen meine Mutter nicht an."
    "Dann tu dich mit deiner Schwester zusammen und stellt eure Eltern vor vollendete Tatsachen: Sie kriegt den Hof, du studierst - oder ihr geht beide: du an die Uni, Chiara auf einen eigenen Hof. Deine Mutter kann euch nicht für ihre eigenen falschen Entscheidungen bezahlen lassen - und ihr müsst euch von ihr nicht diktieren lassen, wie euer Leben auszusehen hat."
    "Das sagt Chiara auch immer, aber ich traue mich einfach nicht mehr. Das letzte Mal haben wir ... schlimm gestritten, vor allem um Geld. Wenn ich studieren will, kostet das halt - die Studiengebühren vor allem, aber auch ein Zimmer, Essen, Bücher, Fahrkosten."
    "Es gibt doch sicher Unterstützung, die du beantragen kannst?"
    Das hatte ich auch getan, da meine Eltern ebenfalls keinen müden Cent hatten investieren wollen - viel war es nicht gewesen, was man mir genehmigt hatte, aber mit einem Job und einem sparsamen Leben kam man über die Runden. Ich hatte das Geld natürlich zurückzahlen müssen, aber dennoch: Es gab Mittel und Wege.
    "Nein, keine Chance." Davide schüttelte den Kopf, lächelte freudlos. "Meine Eltern verdienen zu gut, ich habe mich schon erkundigt."
    Er kickte gefrustet einen Stein vor sich her, doch nach ein paar schweigenden Minuten klärte sich seine gerunzelte Stirn, sah er sich suchend um, und deutete dann auf eine kleine Hütte etwas oberhalb von uns.
    "Magst du Apfelsaft? Da oben steht immer ein Fass."
    Ich nickte und wir kletterten noch eine Ebene höher, die schon leicht glühende Josie immer noch voraus, Shane unsichtbar neben uns. Die Hütte ähnelte einer Bushaltestelle: Überdacht, vorne offen und mit einer Sitzbank. Auf einem Tisch standen ein stählernes Fass mit Zapfhahn und ein Stapel Becher, dazu ein Schild, dass die Besucher des Tales zu einem kostenlosen Glas Saft einlud - viele Grüße, Ihr Tourismusverband Südtirol. Ich fand das eine nette Idee, während Josie den Reinheitsgrad ihres Plastikbechers so kritisch prüfte, dass es fast schon unhöflich war. Der Saft war naturtrüb und sehr süß, aber auch schön kalt - wir verdünnten ihn mit dem mitgebrachten Wasser, bevor wir uns auf der schattigen Bank niederließen. Mir war heiß, da ich über meinem Top ein von Jackson geliehenes Hemd trug (leider zimtfrei, da frisch gewaschen), um dieses lästige Schulterholster mit der Waffe zu verbergen, und wischte mir nun sehr unfein mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn.
    "Darf ich euch mal was fragen?"
    Davides Stimme klang äußerst zögernd, ich warf Josie einen fragenden Blick zu. Was kam

Weitere Kostenlose Bücher