Die Ewigen
knapp in seine Richtung. "Ich habe mich sehr gefreut, als ich gesehen habe, wie gut es dir geht. Und ich würde natürlich deine neue Narbe gern sehen."
Spinnst der?, dachte ich spontan, kurz davor, dies in meiner Überraschung laut herauszuprusten - er glaubt doch nicht wirklich, dass ich ihm dieses obskure Tattoo zeige? Nein, beantwortete ich mir die Frage selbst: Er weiß, dass du es ihm nicht zeigen wirst, er will dir nur klar machen, dass er der Verursacher dieser schicksalsträchtigen Markierung ist - und dich natürlich auch daran erinnern, dass er dir vor gar nicht allzu langer Zeit einen Dolch in die Brust gerammt hat.
Ich schüttelte den Kopf. "Du wirst die Narbe nicht sehen. Und wir werden hier auch keinen Dialog führen, ich werde dir keine Fragen beantworten oder dir irgendwelche Wünsche erfüllen. Wie Andreas schon sagte: Du kannst sagen, was du zu sagen hast, aber mehr auch nicht."
Drake zuckte mit den Schultern, sein Lächeln wurde ob meiner Ablehnung nur ein klein wenig trüber.
"Gut, wie du willst. Ich bin hierher gekommen, weil ich dich warnen möchte, und zwar vor deinen angeblichen neuen Freunden. Andreas, Ciaran und ihr sogenannter 'Orden' werden dir niemals den Freiraum lassen, den du brauchst, auch wenn sie alles dafür tun, dir das Gegenteil vorzugaukeln. Du wirst kontrolliert und bevormundet - natürlich ganz subtil, aber das ändert nichts an der Absicht, die dahinter steckt: Diese Leute wollen dich benutzen, nichts anderes. Ich weiß, dass du intelligent genug bist, um diese warme Decke aus vorgetäuschter Freundlichkeit und vorgeblicher Aufmerksamkeit als das zu erkennen, was sie ist: Ein Gefängnis, aus dem du nie wieder heraus kommen wirst. Und wie du ja weißt, hast du mehr als nur lebenslänglich bekommen." Er beugte sich vor, ging aber wieder ein Stück zurück, als Peter ihm warnend mit dem Finger auf die Schulter tippte. "Schau dich um", fuhr Drake fort, seine Geste umfasste den ganzen Raum. "Sie haben sich alle hier versammelt, mit ernsten Mienen - warum bekomme ich diese Aufmerksamkeit? Nur zu deinem Schutz, würde die Begründung wahrscheinlich lauten, aber welche Gefahr geht denn von mir für dich aus? Ich habe dich in Rom verletzt, weil ich dich nur so auf den dir vorherbestimmten Weg führen konnte, und ich werde nie wieder eine Hand gegen dich erheben. Warum sollte ich? Du bist jetzt wohl das Kostbarste, was es auf dieser Welt gibt, denn du bist einzigartig. Ich möchte, dass du lebst, Shara, dass du ewig lebst - und deswegen kann nicht dein Schutz der Grund sein, warum deine vorgeblichen Freunde hier mit diesem Aufgebot anrücken. Ich weiß, warum sie das tun, und ich werde es dir verraten: Sie stehen hier, weil sie wissen, dass sie dich um jeden Preis halten müssen. Sie stehen hier, um sich selbst zu schützen: Ihr ganzes Leben ist darauf begründet, dass du bleibst und tust, was sie von dir verlangen. Frag dich selbst: Wie lange wird es wohl dauern, bis du nicht mehr gebeten wirst, nicht allein raus zu gehen, sondern bis es dir verboten wird? Wie lange wird es dauern, bis du nicht mehr Nein sagen kannst, wenn du jemanden heilen sollst, den du gar nicht berühren möchtest? Nicht lange, Shara, nicht lange." Erneut eine Pause, Drake schüttelte traurig den Kopf. "Es mag ein goldener Käfig sein, den sie geschaffen haben - aber du weißt, dass glänzende Gitterstäbe nur schöner aussehen, nicht aber leichter zu überwinden sind. Und je länger du bei ihnen bleibst, desto stärker wird ihr Anspruch auf dich werden, desto geringer wird deine Gegenwehr. Sie sagen, dass du zu ihnen gehörst - aber sie meinen, dass du ihnen gehörst, und das ist ein sehr, sehr großer Unterschied. Ich bin hier, weil ich das verhindern möchte, weil ich dich warnen möchte: Bleib wachsam, lass dich nicht von ihnen gefangen nehmen. Teure Gaben, schöne Worte - und einen Liebhaber haben sie dir auch schon zugeteilt, wenn ich das richtig sehe. Sie haben ihren Käfig gebaut, du bist bereitwillig reingeflattert, und bald ist die Tür für immer zu."
Drake lehnte sich zurück. War er fertig? Ich ließ ein paar Minuten still verstreichen und dachte über das Gehörte nach, suchte nach Haaren, die ich spalten musste, nach Argumenten, die ich entkräften musste, nach dem, was ich Drake sagen wollte, ihm sagen musste - vor alldem beschäftigte mich aber folgende Frage: Woher wusste er, dass ich kranke Menschen heilen konnte? Nun, ich war in den letzten Tagen in Krankenhäusern ein- und ausgegangen,
Weitere Kostenlose Bücher