Die Ewigen
mich älter geschminkt, zu junge Frauen werden als Berater nicht ohne weiteres akzeptiert, man sollte schon ein bisschen Erfahrung ausstrahlen. Der Füller ist als Kontrapunkt zum Gemälde gedacht: ein klassisches Schreibgerät, mit dem man heute nur noch Besonderes festhält, auch ein Zeichen für Wohlstand und Tradition. Die Blumen ergänzen den Lebenslauf: Ein handgepflückter Strauß, aber geschmackvoll abgestimmt. Das Foto entstand in einem Studio, die Visagistin hat zwei Stunden an mir herumgeschminkt, das Bild ist aus einer Galerie geliehen, die Blumen hat eine sehr gute Floristin gebunden, die Bluse stammt aus dem Mode-Fundus der Zeitschrift - der Füller allerdings ist mein eigener. Mehr?"
Die Herren nickten, ich nahm nun den Klappentext zur Hand und strich mit meinem Stift alles durch, was ausgedacht war.
"Sarah von Ihlbek - ein Name, an den man sich erinnern kann, aber leider ein falscher. Wichtig ist vor allem der Adelstitel: Unbekannt und angeheiratet, wohlgemerkt. Damit wird unsere Sarah zu einer Angehörigen der oberen Schichten, ohne dem glamourös-skanalösen Promi-Adel anzugehören - der ist weniger wohl gelitten. Unbekannter Adel bedeutet altes Geld, klassische Bildung, überlieferte Tradition. Dass der Adelstitel angeheiratet wurde, ist ein Zeichen an die Leserinnen, dass auch sie es in diese Sphäre schaffen können, außerdem macht es Sarah zu einer begehrenswerten Frau, die immerhin einen Adeligen abgekriegt hat. Die Tochter und der Hund sind statistisch bedingt: Die meisten Frauen wünschen sich eher eine Tochter als einen Sohn und die Leserinnen von Ratgebern sind eher Hundefreunde, als das sie Katzen mögen. Sie suchen Anerkennung, Treue und Bestätigung - ein Golden Retriever ist da perfekt. Das 'bei Hamburg' spricht für ein eigenes Haus in hübscher Vorort-Wohnlage, erklärtes Ziel der meisten deutschen Frauen. Hamburg ist als Medienstadt weithin bekannt und von daher ein plausibler Wohnort für eine Autorin, denken Sie als Kontrast einfach an ein Dorf in Bayern oder eine Plattenbausiedlung vor Erfurt. Der Garten ist eine Zugabe für ältere Leserinnen, stützt die Andeutung des Eigenheims im Grünen und vermittelt ein wenig Bodenständigkeit, Naturverbundenheit."
Damit war fast der ganze Text geschwärzt. Ich drehte das Blatt zu den drei Männern um und tippte mit dem Stift auf eine Information, die ich nicht gestrichen hatte.
"Hier: Das stimmt, ich habe tatsächlich Journalismus studiert, außerdem Germanistik und Publizistik."
Ich lehnte mich wieder zurück. Ciaran wirkte beeindruckt, als wüsste er das 'Sarah von Ihlbek'-Konstrukt zu schätzen, Jackson schlug die Augen nieder, als ich erneut seinem Blick (diesmal herausfordernd) begegnete, Andreas sah ernst und erwartungsvoll aus - als erhoffe er sich, dass ich die aufgezeigten Lücken nun mit echten Informationen füllen würde. Genau das wollte ich aber nicht - oder besser: noch nicht. Aber was wollte ich dann? Irgendetwas musste ich ihnen sagen, bald schon - und wenn es nur ein höfliches 'Nein, Danke' war.
Ich schob meinen Kaffee zurück: Ich hatte mein eigenes Versteckspiel satt, brauchte dringend frische Luft und mehr Zeit zum Nachdenken.
"Ich würde gern raus gehen, eine Zigarette rauchen", sagte ich und stand auf, Andreas und Ciaran erhoben sich sofort.
"Natürlich", sagte Andreas. "Jackson bringt Sie runter."
Ich nahm Jacke und Tasche, dann folgte ich dem Kreuzritter die Treppe hinunter. Jackson führte mich nicht zurück zum Haupteingang, sondern durch eine Art Wohnzimmer (Sofas, Fernseher, Musikanlage, Stapel von Zeitschriften und Büchern) und einen Flur zu einer schmalen Hintertür, die auf eine kleine Gasse mündete.
Zum Glück hatte es aufgehört zu regnen, die Wolken brachen gerade auf.
Jackson deutete nach rechts die Gasse hinunter. "Dort ist die Via della Conciliazione, wenn du etwas spazieren gehen möchtest."
Ich nickte, kramte in meiner Tasche nach den Zigaretten.
"Willst du auch eine?"
Er blickte auf die Schachtel, dann auf die Tür hinter sich, die er noch nicht geschlossen hatte.
"Nein, aber ich begleite dich gern", sagte er, zog die Tür zu und folgte mir die dunstige Gasse hinab zur Hauptstraße.
Die ersten paar Minuten gingen wir schweigend nebeneinander her, in Richtung Fluss. Die Leute falteten ihre Regenschirme zusammen, die ersten Sonnenstrahlen ließen die Pfützen blinken und die Straße dampfen: Das helle Licht und die frische, noch regenkühle Luft taten mir gut, hoben meine
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