Die Ewigen
zu wenig harte Fakten - was sie wussten, denn naiv sahen weder Andreas noch Ciaran aus.
Ich drehte den Wasserhahn zu und musterte das Bad, während ich mir die Hände abtrocknete: goldglänzende Armaturen, neu, aber in einem klassisch bis altmodisch zu nennenden Stil, makelloses Porzellan, seidenbespannte Wände, zwei kleine Gemälde, wiederum aus der Richtung alte holländische Meister - ein Stillleben mit schneeweißen Lilien und eines mit medizinischen Gerätschaften und Totenschädel, welch eine gelungene Kombination.
Als ich in die Bibliothek zurückkehrte, stand vor meinem Platz eine Tasse Cappuccino und hinter Andreas und Ciaran der schöne, dunkelgelockte Kreuzritter aus der Schwertkammer: Er hielt zwei Blätter Papier in der Hand und musterte mich aufmerksam mit seinen verstörenden Smaragdaugen. Ich nahm mit hoffentlich unbewegter Miene Platz, dankte für den Kaffee und wappnete mich innerlich für die nächste Runde, für die sich die gegnerische Seite wohl Verstärkung geholt hatte.
"Nachdem Sie nun schon einiges über uns wissen, würden wir auch gern mehr über Sie erfahren", eröffnete Ciaran die zweite Halbzeit.
Doch genau damit hatte ich ein Problem: Ich wollte ihnen meinen Namen nicht nennen, da die Anonymität mir immer noch einen gewissen Schutz bot.
Zwar war in den letzten Stunden mehr als einmal von meiner Entscheidung und ihrer Bitte an mich die Rede gewesen, aber mit gleicher Selbstverständlichkeit schienen die Herren hier zu glauben, einen gewissen Anspruch auf mich zu haben, erwachsen aus der Tatsache, dass ich das Schwert aus diesem Stein gezogen hatte - einmal dahingestellt, ob tatsächlich als erster Mensch überhaupt. Meine Anonymität bewahrte mir indes das Gefühl, jederzeit aufstehen und gehen zu können, ohne dass sie mich aufspüren könnten - dieses Gefühl war mir wertvoll, obwohl ich genau wusste, wie trügerisch es war. Ging ich einfach, würde ich nicht ins Hotel zurückkehren können - ein größerer Euroschein würde dem schmierigen Portier in Sekundenschnelle meinen Namen, Geburtsdatum und Wohnort entlocken. Aber was waren die Alternativen? Ein anderes Hotel wäre ebenso dumm, eine Parkbank zu gefährlich - und die Nacht durchmachen wollte ich ehrlich gesagt auch nicht. Und wenn doch: Ich musste meine Sachen irgendwann aus dem Hotel holen und am nächsten Morgen mit meinem guten Namen für den Rückflug einchecken - es sei denn, ich ließ das Ticket verfallen, schrieb mein Gepäck ab und nahm heute noch den Zug. Aber auch dort wäre ich leicht zu verfolgen - und dass ich schlussendlich in meine Wohnung musste, war dann auch das Aus für meine Fluchtgedanken.
Auf eine einladende Geste von Andreas hin trat Jackson vor und legte die beiden Blätter vor mir auf den Tisch, die er in der Hand gehalten hatte.
"Wir wissen nicht, wer Sie sind - aber wir wissen zumindest, wer Sie nicht sind", orakelte er.
Ich sah (natürlich!) erst ihn an, ein wenig verwundert über das förmliche 'Sie', das Jackson jetzt vor den beiden Ordensmeistern wieder benutzte, dann erst blickte ich auf die Blätter. Ich erkannte sofort, was das war und musste spontan lachen: Gott, die waren wirklich gut - aber es hatte ihnen rein gar nichts gebracht!
"Sind Sie das auf dem Foto?"
Ich nickte, woraufhin Jackson einen anerkennenden Blick von Ciaran erntete - den er nicht mitbekam, da seine Augen weiterhin konzentriert und hypnotisierend auf mir lagen: Zwei, drei Minuten unter diesen Röntgenstrahlen und ich wäre ein willenloses Häuflein, einfach entwürdigend.
"Aber Sarah von Ihlbek ist nicht Ihr richtiger Name."
Eine Feststellung, keine Frage. "Auch richtig."
Damit war des Kreuzritters Text scheinbar erschöpft. Ich beschloss, ihm als Belohnung für seine Mühen ein wenig auf die Sprünge zu helfen, kramte einen Kugelschreiber aus meiner Tasche und zog die beiden Kopien näher zu mir.
"Diese Klappentexte und die Rückseite sind Teil des Gesamtkunstwerkes - bei Ratgebern stimmen die Angaben dort fast nie. Also: das Foto." Ich deutete auf das Gemälde im Hintergrund, dann auf mich, den Blumenstrauß und den Füller. "Modernes Umfeld, altmodisches Schreibgerät. Das Gemälde ist zeitgemäß, abstrakt und dennoch gefällig - es steht für neue Erfahrungen, unkonventionelles Denken und so weiter. Frisur und Bluse sind schlicht, aber gepflegt bis teuer, sollen weder besonders auffallen noch abschrecken - Sarah von Ihlbeck achtet auf ihr Äußeres, ist aber kein aufgetakeltes Modepüppchen. Sie haben
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