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Die Ewigen

Die Ewigen

Titel: Die Ewigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Sabalat
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vom Dolch oder von beidem zusammen bewirken konnte: Andreas wollte nicht das Risiko eingehen, den Priester dafür als Versuchskaninchen zu gebrauchen. Das nahm mir meine Angst, nicht aber meine Bedenken: Die sinnlose Verletzung blieb, nur meine unmittelbare Verantwortung dafür verschwand - Gedanken für die Kategorie 'Haarspalterei', Subrubrik 'sinnlos'.
    Jetzt sank ich neben dem Priester in die Knie, den Dolch in der Hand. Giuseppes Augen folgten mir, doch ich wusste, dass er nicht sehen konnte, was auf seiner Brust passierte - nicht, wenn Magnus seinen Kopf gut festhielt, so weit konnte niemand die Augen senken. Josie kniete rechts von mir, Ciaran hatte ich links: Für Giuseppe so gut wie unsichtbar und für mich so wichtig. Der junge Priester wartete mit aufgerissenen Augen zitternd auf die kalte Berührung von Stahl mit seiner Haut. Die kam auch - aber nicht durch meine Hände, sondern durch die Ciarans, aber nicht durch den Dolch, sondern durch ein Skalpell. Eine minimale Verletzung, hatte Ciaran gesagt: Nur die oberste Hautschicht, das heilt innerhalb von zwei, drei Tagen völlig ab und schmerzt kaum. Trotzdem war und blieb es ein Schnitt in lebendiges Fleisch, dachte ich, als Ciaran jetzt die Klinge geschickt über die Haut zog und winzige Blutstropfen heraus traten, Giuseppe sich versteifte und erschrocken aufkeuchte. Niemand sagte ein Wort, zu hören war nur der keuchende Atem des Priesters und ein gelegentliches Rascheln von Stoff, entfernt noch der Verkehrslärm draußen auf der Straße. Das Anbringen der Narbe dauerte keine Minute, dann schob Ciaran sich wieder zurück und ließ das Skalpell mit einer schnellen Bewegung im Ärmel seiner Kutte verschwinden. Ich stand auf, die anderen folgten nur Sekunden später - mit Ausnahme von Magnus, der nach wie vor Giuseppes Kopf fixierte.
    "Es ist geschafft", sagte ich mit bemüht ruhiger Stimme und blickte dem Priester von oben ins Gesicht. "Du warst sehr tapfer. Wir werden die Wunde verbinden, dann kannst du gehen."
    Magnus hob seine Hände von Giuseppes Kopf, der sprang den Bruchteil einer Sekunde später auf und fuhr zu mir herum, sein Gesicht eine verzerrte Maske aus Entsetzen und Zorn. Er machte einen Schritt auf mich zu - mit zuckenden Händen, als wolle er mich schlagen. Ich funkelte ihn an, so furchtlos wie möglich, holte mir den dafür notwendigen Mut aus der Gewissheit, dass um mich herum Menschen standen, die verhindern würden, dass sich Giuseppe wirklich auf mich stürzen konnte - denn auch, wenn er nicht besonders kräftig war, wäre ich ihm wohl unterlegen, so realistisch musste ich einfach sein. Der Priester starrte mich an, ließ den vor Wut kochenden Blick dann über Jackson und Magnus schweifen, die dicht bei mir standen wie treue Leibwachen. Schließlich wich er zurück, ein oder zwei kleine Schritte nur, und seine Augen zuckten zum Kirchenschiff, um Ausgang. Jackson machte einen Schritt zur Seite, öffnete unseren Kreis in Richtung der leeren Kirche, in Richtung der nur schwach erkennbaren Tür im riesigen Eingangsportal - und keine Sekunde später rannte Giuseppe die Pfeiler-Allee hinab, hinaus auf die belebte Straße. Lauf, Giuseppe, dachte ich - lauf, und erzähl Drake, was die böse Shara dir Schlimmes angetan hat.
    Magnus Große Erleichterung bei uns allen, als die schwere Tür hinter dem Priester ins Schloss fiel: Josie lachte nervös, Shane stieß erleichtert einen Stoß Luft aus, Andreas klopfte Ciaran anerkennend auf die Schulter, Shara sackte in sich zusammen, Jack war mit zwei schnellen Schritten bei ihr und zog sie an sich. Sie legte die Stirn erschöpft gegen seine, er strich ihr über den vom königlichen Kleid kaum verhüllten Rücken, auf dem die kleinere goldene Narbe im Licht der Kerzen unübersehbar glitzerte.
    "Du meine Güte", sagte Josie leicht fassungslos neben mir, als sie sich wieder gesammelt hatte, und zog sich die schwarze Kutte über den Kopf, Shane und Ciaran taten es ihr gleich - die Dinger waren elendig warm, als trüge man eine Bettdecke über den Klamotten. "Shara, ich hätte mich beinahe neben dem Typen auf den Boden geworfen, so viel Angst hatte ich vor dir. Versprich mir, dass du nie so mit mir redest, ja?"
    Shara gab einen erstickten Laut von sich, den ich nicht einordnen konnte - ein Lachen, ein Schluchzen? Ersteres, dachte ich, als Jack lächelte und sie noch ein bisschen fester an sich drückte.
    Andreas hatte unseren Leuten das vereinbarte Signal schon gegeben, als Giuseppe die Kirche hinunter lief:

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