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Die Ewigen

Die Ewigen

Titel: Die Ewigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Sabalat
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nochmals Blut. Ich blickte nach oben, ein dicker Tropfen landete mit einem harten, fast schon schmerzhaften Klopfer auf meiner Stirn. Er war von der Decke gekommen: Durch die Spalten im Holz sickerte das Blut von oben herunter, um mich herum schlugen jetzt mehr und mehr Tropfen mit leichtem Platschen ein. Ich senkte den Kopf und fühlte sie auf meinem Schultern und meinen Haaren, als würden die Finger der Menschen, in deren Adern all dieses Blut einstmals geflossen war, mich antippen: Wahrhaftig, es regnete Blut. Aber noch ein Geräusch kam von oben - Schritte, leise Schritte von mehreren Personen. Ich erkannte schnelle, kurze Trippelschritte wie von Kindern, die langsamen, schlurfenden Schritte eines alten oder kranken Menschen und die kraftvollen, lebendigen Schritte einer jungen Frau oder eines jungen Mannes. Ich wollte hoch zu ihnen, rappelte mich hoch, lief aus dem Raum und suchte hinter Türen und in Korridoren nach einer Treppe, die mich nach oben bringen würde: Vergeblich. Doch wohin ich auch ging, wohin ich auch irrte - die Schritte blieben über mir, als würden die Menschen mich begleiten. Blieb ich stehen, verstummte nach kurzer Zeit auch ihr Schritt, lief ich weiter, folgten sie mir, ob nach links oder nach rechts. Ich rief schließlich, so laut ich konnte, was die Menschen in Aufruhr versetzte: Sie liefen über mir hin und her - schweigend, denn außer ihren Schritten und dem schnellen Tropfen des Blutes vernahm ich keinen Laut. Schwieg ich, blieben die Menschen stehen, rief ich, liefen sie aufgeregt durcheinander. Ich versuchte es mit Fragen, wollte wissen, wer sie seien, wie ich zu ihnen kommen könnte, woher all das Blut käme, erntete jedoch nur Schweigen. Ich versuchte es mit Hilferufen, mit Bitten und Betteln, doch auf nichts kam eine Antwort. Das Rennen und Rufen hatte mich erschöpft, und als die Menschen dort oben nach dem Verhallen meines letzten Hilferufes wieder inne hielten, fiel ich ermattet in die Knie, ließ den Kopf hängen, schloss die Augen und schluchzte unterdrückt: Es war aussichtslos, ich war gefangen in einem Haus voller Blut - ohne Ausgang, ohne Hoffnung. Als ich die Augen nach ein paar verzweifelten Sekunden wieder öffnete, fiel mein Blick auf etwas Erstaunliches, dass mich überrascht innehalten ließ: Ein Stück Silber, einen hellen Schimmer in all dem leuchtenden Rot. Es war der Ring, den ich trug - und obwohl meine Haut über und über mit Blut bedeckt war, schien er absolut sauber zu sein, selbst die liegenden Achten darin strahlten hell, als fiele pures, reines Sonnenlicht auf sie. Ich berührte mit einem Finger vorsichtig das kühle Metall - ich hinterließ keinen blutigen Abdruck darauf, der Ring schien gegen das allgegenwärtige Rot immun zu sein. Die Menschen oben gerieten in helle Aufregung, als ich den Ring berührte, doch an ihren Schritten war nichts Panisches mehr: Es klang nun eher wie ein Tanz, eine rhythmische Bewegung, fröhlich und harmonisch. Ich lauschte ihren Schritten und malte mit dem Finger eine Acht in das Blut auf den Boden, dann noch eine weitere daneben - und die dritte erschien dann einfach so, ohne das mein Finger den Boden berührt hätte. Eine vierte kam dazu, eine fünfte schloss sich an - die zwölfte erreichte die Tür und ich folgte dem zweiten und dritten Dutzend den Korridor hinunter. Die Achten führten mich durch die Räume, sie bogen gezielt ab, ließen mich Türen öffnen und Gänge kreuzen - und sie endeten vor einer schmalen Treppe, wie ich erleichtert und mit blutig-beißenden Tränen in den Augen feststellte. Ich stieg hastig hinauf, der Handlauf war feucht und glitschig, doch ich ekelte mich jetzt nicht mehr vor der allgegenwärtigen roten Masse: Blut war schon immer in mir gewesen, also sollte es mir auch von außen nicht fremd sein. Am Ende der Treppe war eine niedrige Tür, die Achten überquerten ihre Schwelle rasch und zielstrebig, verschwanden einfach unter der Tür hindurch. Ich drückte vorsichtig die Klinke herunter und sah in einen gleißend hellen, völlig weißen Raum. Ich zögerte, ihn zu betreten - ich wollte diese Reinheit nicht mit meinem blutbesudelten Körper verdrecken. Von links sagte mir eine freundliche Stimme, ich solle bitte herein kommen, und als ich den Kopf wandte, sah ich die Menschen, die ich von unten gehört hatte: Eine Gruppe Kinder, hinter ihnen eine alte Frau und zwei junge Männer, einer schwarz, einer weiß - sie winkten mir zu, ich trat langsam ein. Beim ersten Schritt auf den weißen

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