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Die fabelhafte Miss Braitwhistle

Die fabelhafte Miss Braitwhistle

Titel: Die fabelhafte Miss Braitwhistle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwig
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Hund ist auf uns zugeschossen.
    Sein Körper sah aus wie eine riesige zu fest gestopfte Wurst und sein Kopf hatte große Ähnlichkeit mit dem Türklopfer.
    »Das ist eine Bulldogge«, hat Clemens gesagt.
    Ich hatte noch nie eine Bulldogge gesehen und das war auch besser so. Sie war wirklich nicht schön, aber dafür sehr laut. Die Bulldogge bellte und dabei tropfte ihr Sabber aus dem Maul.
    Annalisa fing an zu heulen. »Nicht beißen! Nicht beißen!«
    Aber der Hund hat sich gar nicht für Annalisa interessiert, sondern nur für Miss Braitwhistles Tasche. Sie hat reingegriffen und einen Hundekuchen rausgezogen. Und ehe sie Pieps sagen konnte, war der auch schon in dem sabbernden Maul verschwunden, und die Bulldogge fing wieder an zu bellen.
    »Andrew, shut up!«, rief da eine Frau, und dann hat sie noch mehr gerufen, aber das konnten wir nicht verstehen, weil es englisch war.
    Die Frau sah nicht sehr hübsch aus. Sie war groß und dünn, hatte ein langes Gesicht, Zähne wie ein Pferd und ein Nest aus Haaren auf dem Kopf, das aussah, als würden irgendwelche Vögel drin brüten.
    »Children, darf ich euch Lady Prudence vorstellen?«, hat Miss Braitwhistle gefragt.
    Am liebsten hätte ich Nein gesagt, aber das wäre sicher nicht höflich gewesen. Und dann hat eine große Standuhr fünfmal geschlagen. Das konnte doch nicht sein!
    Ich hab Aki angestoßen. »Guck mal, die Uhr? Ist es wirklich schon fünf?«
    »Quatsch«, hat Aki gesagt. »Um fünf hab ich Training.«
    »Oh, it’s teatime!«, hat Lady Prudence gerufen, und wir mussten mit ihr in ein großes Zimmer, da standen zwei riesige Sofas und ebenso riesige Sessel vor einem Kamin. Wir sollten uns alle hinsetzen. Die Sessel waren so groß, da haben gleich vier von uns reingepasst.
    Miss Braitwhistle hat ganz vornehm auf einem Stuhl aus rotem Samt mit schnörkeligen Beinen Platz genommen, der unter Frau Klawitter bestimmt sofort zusammengebrochen wäre. Dann hat sie eine Augenbraue hochgezogen und gemeint: »Setzt euch gerade, please! Wir sind bei feinen Leuten.«
    Lady Prudence hat zwei Finger in den Mund gesteckt und gepfiffen. Das klang aber nicht fein.
    »Wenn ich ›Andrew‹ rufe, kommt der Hund«, hat sie zu uns gesagt. »Ich will aber Andrew, den Butler.«
    Andrew, der Butler ist dann auch gekommen, mit einem großen Tablett. Jedem von uns hat er eine Teetasse gegeben und dann durften wir uns von einem mehrstöckigen Gestelleine Scheibe Toast nehmen. Die Toastscheiben waren dreieckig und nicht getoastet, also ziemlich labberig.
    Mein Toast war nicht nur labberig, sondern auch schon durchgeweicht. Da waren nämlich dünne Gurkenscheiben drauf. Clemens hatte auf seinem Brot was Rosafarbenes. Er biss rein und hat das Gesicht verzogen. »Igitt, Fisch.«
    Es war gut, dass Andrew, der Hund, neben Clemens stand und nichts gegen Fisch hatte.
    Auf Annalisas Toast war hartes Ei, und sie hat sich geekelt, weil das Eigelb am Rand schon ganz grau war. Ich glaube, sie hätte es am liebsten auch der Bulldogge gegeben, sich aber nicht getraut.
    Nur Max hat ordentlich reingehauen und auch noch Annalisas graues Eibrot aufgegessen.
    Miss Braitwhistle und die Lady haben uns gar nicht beachtet, sondern Tee getrunken und englisch geredet.

    Wir haben uns gelangweilt. So lange, bis Clemens ein Klavier entdeckt hat. Er hat sich einfach davorgesetzt, den Schal zurückgeworfen und angefangen zu spielen. Clemens kann richtig gut spielen, aber bei Frau Klawitter darf er nie ans Klavier, denn er spielt immer Sachen, die schnell und laut sind und ihr nicht gefallen. Das hat er auch jetzt gemacht. Aber die Lady fand es wohl ganz gut, denn sie hat gerufen: »Das ist Boogie-Woogie, come on, let’s dance!« Und sie undMiss Braitwhistle haben angefangen zu tanzen. Nur Andrew hat schrecklich geheult.
    Die Mädchen haben auch getanzt. Wir natürlich nicht. Wir haben in den Sesseln rumgelümmelt und uns über die Mädchen lustig gemacht. Clemens hat immer schneller und wilder gespielt und plötzlich wieherte jemand. Aber nicht vor Lachen.
    Mitten im Zimmer stand ein Pferd und auf dem Pferd saß ein Mann.
    »Mortimer!«, hat Lady Prudence gerufen. »Raus mit dem Gaul!«
    »Wieso sprichst du deutsch?«, hat der Mann auf dem Pferd gefragt. Sie hat auf uns gezeigt und gesagt: »Das sind deutsche Freunde von unserer lieben Brenda.«
    Miss Braitwhistle hieß also Brenda mit Vornamen, das haben wir nicht gewusst.
    Der Mann ist vom Pferd gestiegen, und seine Stiefel waren voller Schlamm, sodass er den

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