Die fabelhaften 12 - Die Mission: Band 2 (German Edition)
da nur noch absolute Finsternis.
Es roch nach Schimmel und Staub und faulen Eiern.
Mack lehnte Stefan an seine Schulter. Er holte sein Telefon hervor und versuchte im Schimmer des Displays etwas zu erkennen. Es klappte aber nicht; der Raum war einfach zu groß. Das war schlecht, denn gerade da begann Mack an seine Anti-Lieblingsgeschichte zu denken: »Das Fass Amontillado«, in der ein Typ in einem Keller eingemauert wird.
Mack wimmerte.
Und dann – eine Stimme!
»Ist das das neue iPhone oder das vorherige Modell?«
Eine Mädchenstimme. Und sie schien tatsächlich eine Antwort zu erwarten.
»Ich … ich weiß nicht«, gab Mack zu.
Ein Streichholz flammte auf. Es entzündete eine Fackel. Die Fackel wurde zur Wand getragen, wo noch eine Fackel angezündet wurde, und wie beim Dominoeffekt flog die Flamme dann von Fackel zu Fackel bis in die Ferne.
»Xiao Long«, sagte das Mädchen. »Ihr könnt Xiao zu mir sagen.«
Sie trug ein enges, bis zum Boden reichendes goldbesticktes türkisfarbenes Seidenkleid.
»Ich bin Mack«, sagte Mack. »Und das ist Jarrah. Und Stefan. Er braucht einen Arzt.«
»Das sehe ich.«
»Wie kommen wir hier raus und zu einem Krankenhaus?«
Xiao sah ihn eine gefühlte Ewigkeit lang an. Dann sagte sie: »Ah.« Als fiele ihr eben etwas ein. Als gefiele ihr nicht, was ihr da eben klar geworden war.
»Kommt mit«, sagte Xiao. »Ich bringe euch zu meinen Eltern.«
»Ist einer von denen Arzt?«
Xiao hatte ihnen schon den Rücken zugekehrt, um vorauszugehen. Sie blieb stehen. »Sie sind beide … naja, sie werden hilfreich sein. Oder tödlich.«
Mack war ziemlich sicher, dass er das letzte Wort nicht richtig verstanden hatte. Denn mal ehrlich, warum sollte sie sagen, dass ihre Eltern tödlich sein könnten?
Sie liefen über einen langen Gang. Er war ziemlich breit, so breit wie die Neundrachenwand. Es ging steil nach unten. Am Ende des Gangs waren drei riesige Aufzüge. Sie hatten keine Türen; es waren einfach nur Plattformen an Kabeln, so dick wie Stefans Bizeps.
Es gab keine Knöpfe, die man hätte drücken können. Sobald sie alle auf der Plattform standen, sank sie ab. Erst langsam. Dann schneller, schneller – so schnell, dass die felsigen Schachtwände verschwommen vorbeirauschten.
Der Aufzug verlangsamte sich, hielt an, und Xiao führte sie von der Plattform. Jetzt standen sie vor zwei massiven Stahltüren, die offenbar mit echtem Gold verziert waren. Man hätte mit einem Umzugswagen durch diese Tür fahren können. Und aus den goldenen Schnörkeln hätte man bestimmt eine Million Eheringe herstellen können.
Als sich Xiao ihnen näherte, schwangen die Türen geräuschlos nach innen auf. Dahinter war helles Licht und üppige Farbe und Blumenduft.
Mack, Stefan und Jarrah blieben wie angewurzelt auf der Schwelle stehen. Sie standen am oberen Ende einer langen abfallenden Rampe, die sich wohl über zwei Fußballfelder erstreckte.
Sie führte in eine Höhle, die so riesengroß war, dass Mack zuerst nicht glauben konnte, sie seien immer noch unter der Erde. Sie war unwirklich groß. So groß wie der Grand Canyon. Also richtig groß. Man hätte die Verbotene Stadt rundum aussägen und in diese Höhle fallen lassen können, und trotzdem wäre noch Platz für ein paar Einkaufszentren gewesen.
Mack fiel die Kinnlade runter. Er zählte neun riesige Paläste, alle in Rot und Tiefblau und Gold und Grün herausgeputzt. Jeder Palast hatte mehrere Hektar Grasflächen und kleine, ordentlich geschnittene Bäume. Hindurch wanderte ein Fluss, wie eine glitzernde flüssige Straße. Helle Steine begrenzten das Wasser und formten gelegentlich einen Bogen, um baumbeschattete Plätze zu bilden.
Es gab keine anderen Straßen oder Pfade. Keine Autos. Keine Fahrräder. Und so weit Mack sehen konnte, auch keine Menschen.
Der Himmel – die Decke der absurd großen Höhle –war blau angemalt und mit bestimmt Millionen Zeichnungen von Menschen und Tieren und Bergen und Drachen geschmückt. Wie in der Sixtinischen Kapelle, aber so groß, dass die Kuppel der Sixtinischen Kapelle den Platz einer Zeichnung einnehmen würde.
Genau in der Mitte der blauen Decke hing ein Stahlkessel, in dem Blauwale hätten planschen können. Aber in dem Kessel war kein Wasser. Sondern Licht. Es leuchtete durch kunstvolle Aussparungen und spiegelte sich an der Decke. Eine künstliche Sonne.
»Willkommen in Long Xiang«, sagte Xiao.
Stefan öffnete die Augen und mühte sich, etwas zu erkennen.
»Huh«, sagte er und
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