Die facebook-Falle
2010, ohne dass diese erkennbar hervorgehoben werden. Im Oktober 2010 erhielt ich immerhin von der Seite eine Nachricht, aber darin wurde nur pauschal gesagt, welche Änderungen es gebe, also klickte ich mich wiederum zur Erklärung selbst durch. Leider sind auch hier die Neuerungen nicht hervorgehoben. Allein die deutsche Version des Textes im September war so lang, dass er nur ganzen 16 Personen »gefiel«. 31 Die Vermutung liegt nahe, dass ihn also nicht sehr viele Leute gelesen haben – denn die »Facebook-Site Governance« insgesamt hat immerhin gut 1,6 Millionen Menschen weltweit »gefallen«. Aber der Text mit den »Rechten und Pflichten« ist auch hier erst nach zwei weiteren Klicks zu finden. Allerdings kann Facebook auch gar kein Interesse daran haben, dass irgendjemand diese Erklärung liest, dafür ist sie zu skandalös. Unter Punkt 2, »Austausch deiner Inhalte und Informationen«, erklärt Facebook, was mit Texten, Fotos oder Videos geschieht, die auf Facebook-Seiten gestellt werden:
»Für Inhalte, die unter die Rechte an geistigem Eigentum fallen, wie Fotos und Videos (›IP-Inhalte‹), erteilst du uns vorbehaltlich deiner Privatsphäre- und Anwendungseinstellungen die folgende Erlaubnis: Du gibst uns eine nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, unentgeltliche, weltweite Lizenz für die Nutzung jeglicher IP-Inhalte, die du auf oder im Zusammenhang mit Facebook postest (›IP-Lizenz‹). Diese IP-Lizenz endet, wenn du deine IP-Inhalte oder dein Konto löschst, außer deine Inhalte wurden mit anderen Nutzern geteilt und diese haben sie nicht gelöscht.«
Danach darf Facebook also alle unsere Texte, Fotos und Videos weiternutzen, es sei denn, wir waren so klug, diese Dokumente in den Privatsphäre-Einstellungen zu schützen. Wird mit dieser Passage das Urheberrecht auf unsere Fotos, Videos oder Texte außer Kraft gesetzt? Das möchte ich genauer wissen und wende mich an die Berliner Anwaltskanzlei Schertz und Bergmann.
Simon Bergmann ist Urheberrechtsspezialist und bestätigt nach einem Blick in die einschlägigen Nutzungsbedingungen von Facebook, der Wortlaut suggeriere, dass Facebook mit den urheberrechtlich geschützten Werken nach Belieben verfahren, sie »weiter übertragen oder verkaufen« dürfe. Trotzdem sei eine derart weitreichende Rechteübertragung in diesem Fall gar nicht zulässig, weil die Partner einer solchen Vereinbarung nach deutschem Recht konkret angeben müssen, zu welchem Zweck geschützte Werke weitergenutzt werden sollen. Facebook müsste also in den Nutzungsbestimmungen klar formulieren, dass zum Beispiel unser Profilbild für Werbezwecke
an irgendein Unternehmen weitergereicht werden kann. Da der Konzern dies nicht tut, greift nach Ansicht von Bergmann § 31, Abs. 5 des Urheberrechtsgesetzes:
»Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt.«
Aus diesem Paragrafen könne Facebook keineswegs folgern, dass alles erlaubt sei, sagt Bergmann. Der einzige gerechtfertigte Zweck der Übertragung des Profilfotos bestehe in der Funktion innerhalb der Facebook-Plattform, und das gelte auch für Texte oder Videos.
Aber warum formuliert Facebook eine Nutzungsvereinbarung, die mit deutschem Urheberrecht unvereinbar ist? Simon Bergmann antwortet ironisch: »Die denken vermutlich ›wir versuchen es mal‹ und setzen auf die Unwissenheit der Nutzer.« Sollten einem Nutzer tatsächlich Werke gestohlen werden, wirft dieser vermutlich einen Blick in die Facebook-Nutzungsbedingungen und denkt sich: »Pech gehabt«. Denn das deutsche Urheberrecht sei nur den wenigsten Menschen bekannt.
Datenschutz aus dem Reich Absurdistan
Einmal mehr beweist Facebook, dass der Konzern nach der Devise verfährt: »Frechheit siegt«.
Nun bin ich noch gespannter, was mich in der Datenschutzerklärung
von Facebook erwartet. Ich möchte noch immer wissen, was Daimler über mich erfährt. Zunächst erfahre ich, dass ich bezüglich meiner Daten ganz und gar nicht Herr des Verfahrens bin, denn Facebook sammelt auch, was andere über mich posten:
»Wir sammeln u. U. auch von anderen Facebook-Nutzern Informationen über dich, beispielsweise dann, wenn eine Freundin oder ein Freund dich auf einem Foto, in einem Video oder an einem Ort markiert, Freundschaftsdetails angibt oder auf eine Beziehung mit dir
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