Die Fackel der Freiheit
die Weisheit, dass der erste Eindruck durchaus zu täuschen vermag. Und selbst wenn dem nicht so wäre, verfügt die Solarian League Navy als Ganzes sehr wohl über eben diese Mittel.«
»Das ist wohl wahr«, bestätigte die anonyme Stimme achtzig Sekunden später. »Aber damit der Rest der SLN Besagtes bewerkstelligen kann, muss sie uns erst einmal finden. Und ich denke - Admiral Rozsak, so heißen Sie doch, nicht wahr? -, es wäre angemessen, wenn Sie bedenken würden, welche Konsequenzen das für Ihre derzeitigen Streitkräfte hätte. Es mag Ihnen schwer fallen, das zu glauben, aber ich würde es deutlich vorziehen, niemanden umbringen zu müssen, der heute nicht unbedingt sterben muss.«
Trotz der Künstlichkeit der Stimme glaubte Rozsak in den letzten Worten tatsächlich eine gewisse Aufrichtigkeit hören zu können.
Ist das nicht großherzig von ihm, uns zu gestatten, die Flucht anzutreten, damit er ›nur‹ die vier oder fünf Millionen Menschen auf Torch umzubringen braucht?
»Das ist sehr freundlich von Ihnen«, sagte er laut und mit eisiger Stimme. »Wenn Sie allerdings Ihren Angriff auf Torch nicht umgehend abbrechen, werde ich Sie angreifen, und wenn das geschieht, werden heute eine ganze Menge Menschen sterben. Sie mögen glauben, Sie seien hinreichend im Vorteil, meine Truppen mit minimalen eigenen Verlusten zu besiegen. Ich versichere Ihnen, Sie befinden sich im Irrtum. Und ich weise Sie hiermit auch ausdrücklich darauf hin, dass Ihre Verletzung der Hypergrenze von Torch mit einer unidentifizierten Militärstreitmacht sowohl vom Königreich Torch als auch von der Solaren Liga als kriegerischer Akt angesehen wird. Ich rate Ihnen hiermit offiziell, umgehend beizudrehen und das Torch-System auf zeitoptimiertem Kurs zu verlassen. Sollten Sie diesen Anweisungen nicht nachkommen, werden wir äußerste Gewalt gegen Sie anwenden.«
»... äußerste Gewalt gegen Sie anwenden.«
Adrian Luff blickte sich auf seiner Flaggbrücke um. Ein Großteil seiner Untergebenen konzentrierte sich ganz auf ihre eigenen Displays und Kommandokonsolen, doch er wusste genau, dass Sie äußerst wachsam zuhörten. Und die Körpersprache der anderen auf der Brücke Anwesenden verriet ihm ebenso wie die Mienen, die er sehen konnte, dass ein Großteil von ihnen ebenso dachte wie er - dass das hier eine Gelegenheit war, den Angriff abzubrechen. Es war die Entschuldigung, die sie ihren Manpower-Herren vorlegen konnten.
Und gleichzeitig dachten sie auch - ebenfalls genau wie er -, dass die Warlords und Mars der EVF zu auffällig waren, um einfach zwischen all den anderen Piraten- und Söldnerschiffen zu verschwinden, die durch die Galaxis zogen. Wenn die Emissionssignaturen erst einmal die SLN erreicht hatten und dann im gesamten Territorium der Liga und sämtlichen der kleineren, unabhängigen Sternnationen verbreitet wurden, würde man sie allzu leicht identifizieren können. Sosehr also er und seine Mannschaften eine gewisse persönliche Anonymität genießen mochten, als Gruppe wären sie eindeutig erkannt worden. Sie mochten ja keine Sternnation sein, gegen die in diesem Falle der Eridanus-Erlass Anwendung finden konnte, aber das würde niemanden davon abhalten, sie als Piraten einzustufen ... und nach allgemein anerkanntem interstellarem Recht stand auf Piraterie die Todesstrafe.
Aber wir sind schon viel zu weit gekommen, dachte er rau. Wir haben uns viel zu weit zu dem hochgearbeitet, was wir eigentlich sein sollten - was wir früher einmal waren. Und ohne die Unterstützung durch Manpower hätten wir niemals die Logistik-Basis erhalten, etwas anderes zu sein als Piraten. Mörder und Abschaum - Auftragskiller, von denen man für einen Credit gleich zehn Stück auf einmal bekommt, keine Verteidiger der Revolution‹. Wenn wir diese Mission hier abbrechen, werden wir das alles verlieren.
In einem kleinen Teil seines Hirns spürte er die bittere Ironie der Entscheidung, vor der er hier stand. Um die Seele der Revolution wiederherzustellen, um seine eigene Sternnation zu retten, musste er in einer Art und Weise handeln, die seine eigene Seele auf ewig beflecken würde. Und, so stellte er fest, trotz des offiziellen Atheismus, den die Revolution verlangte, hatte er eine Seele - oder zumindest etwas, das sich für eine Seele hielt. Eine Seele, die das hier Anstehende nicht tun wollte ... und doch sah er keine Möglichkeit, die nicht noch schlimmer gewesen wäre.
Und es ist genauso gut möglich, dass das in Wirklichkeit gar
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