Die Fackel der Freiheit
Irénée?«
Santander Konidis hoffte, seine Stimme klinge deutlich forscher und zuversichtlicher, als er sich fühlte.
»Eigentlich, Bürger Commodore, sind wir recht gut weggekommen«, erwiderte Bürger Captain Irénée Egert, die Kommandantin von PNES Chao Kung Ming. »Wir haben ein paar Nahbereichsabwehr-Cluster verloren, dazu zwo Werfer der Backbord-Breitseite. Abgesehen davon und von der primären Gravgruppenantenne, sind alle Schäden doch eher kosmetischer Natur.«
Es gelang Konidis, kein Schnauben auszustoßen, doch leicht fiel ihm das nicht. Egert hatte nicht Unrecht, wenn sie sagte, die Schäden an der Chao Kung Ming seien nicht allzu bedeutend ausgefallen. Bedauerlicherweise jedoch war dieser Schwere Kreuzer nur ein Schiff einer ganzen Streitmacht, die unfassbar übel zugerichtet worden war.
Schlimmer noch: Man hat uns identifiziert, dachte Konidis grimmig. Schon bevor irgendjemand das Feuer eröffnet hatte, wussten die, dass wir zur Systemsicherheit gehören. Und jetzt müssen tausende Rettungskapseln den Planeten ansteuern. Rettungskapseln von uns. Wenn die auf dem Planeten landen und die Leute an Bord dieser Kapseln in Gefangenschaft geraten, dann werden sie früher oder später auch reden, ob sie das nun wollen oder nicht. Und wenn das passiert, dann besteht für niemanden mehr irgendein Zweifel, wer wir sind. Was das betrifft, bin ich mir sogar sicher, dass diese Mistkerle Theisman und Pritchart, diese verräterischen Miststücke, hocherfreut wären, uns anhand unserer eigenen Personalakten aus der Heimat eindeutig zu identifizieren. Und wenn die Sollys erst einmal die Emissionssignaturen unserer Schiffe weiterleiten ...
Er behielt eine gänzlich ausdruckslose Miene bei, doch seine Gedanken waren sehr düster. Er sinnierte über die Entscheidung, die nun ihm zugefallen war - und über die alles andere als angenehmen Möglichkeiten, die ihm noch offenstanden.
Wir können uns zurückziehen, ohne den Planeten anzugreifen. Wir können uns mit unseren Verlusten abfinden und die Flucht antreten - dann kann niemand jemals beweisen, wir hätten die Absicht gehabt, gegen den Eridanus-Erlass zu verstoßen, als wir hier eingetroffen sind. Außerdem hat Torch Mesa ganz öffentlich und rechtsverbindlich den Krieg erklärt. Damit wären wir rechtmäßige Söldner in mesanischen Diensten - wenn wir diese Position einnehmen wollten ... und wenn wir nicht gegen den Eridanus-Erlass verstoßen. Zumindest theoretisch sollten also unsere Überlebenden als Kriegsgefangene angesehen werden, wenn sie den Planeten wirklich erreichen. Und damit wären sie durch die Übereinkunft von Deneb geschützt.
Theoretisch.
Er kippte seinen Kommandosessel ein wenig nach hinten und dachte angestrengt nach.
Das Problem war: Er konnte sich selbst nicht recht von der Vorstellung überzeugen, ein Planet voller Exsklaven, zu deren Regierung eine recht beachtliche Anzahl von Mitgliedern des Audubon Ballrooms gehörten - die jetzt natürlich alle offiziell im Ruhestand waren -, würde einfach vergeben und vergessen. Wenn Konteradmiral Rozsak wusste, warum die EVF nach Torch gekommen war, dann war es unwahrscheinlich, dass die Torcher das nicht ebenfalls wussten. Und das wiederum brachte Santander Konidis auf den Gedanken, sie könnten sich nicht allzu sehr darum sorgen, wie der Rest der Galaxis auf die Art und Weise reagieren würde, in der sie die Leute ›empfingen‹, die eigentlich gerade ihre gesamte Heimatwelt einfach hatten vernichten und damit einen Völkermord begehen wollen.
Wenn wir weitermachen und den Planeten tatsächlich zerstören, dann können wir anschließend immer noch lange genug hierbleiben, um unsere Rettungskapseln einzusammeln. Was jetzt noch von Rozsaks Flotte übrig ist, wird sich nicht noch einmal mit uns anlegen wollen - nicht jetzt, nachdem sie ihre Munitionsschiffe verloren haben. Und ich habe immer noch elf Kreuzer und sechzehn Zerstörer. Es ist mir völlig egal, ob die gesamte gottverfluchte ›Royal Torch Navy‹ im Orbit steht und auf uns wartet. Dem hier werden die niemals etwas entgegensetzen können, solange sie nicht durch Rozsaks magische Raketen unterstützt werden. Aber wenn wir den Planeten tatsächlich angreifen, dann werden die Schiffe, die Rozsak noch geblieben sind, uns auf keinen Fall nahe genug an sie herankommen lassen, um auch sie noch zu erledigen. Und das bedeutet, er wird ungehindert mit den Daten davonkommen ... und dann erfährt die gesamte Galaxis, wer diesen Angriff hier
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