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Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Titel: Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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und Grey hatte den starken Verdacht, dass die Augenklappe nur aus doppelt übereinandergelegter, schwarz gefärbter Gaze bestand, ihn jedoch eigentlich nicht am Sehen und damit Zielen hinderte.
    Da auch ihm harte Maßnahmen nicht fremd waren, schlug er als Antwort auf diese Vorgehensweise vor, um Pintgläser zu spielen, statt um Geld. Dieses Arrangement, das einstimmig angenommen wurde, hatte unweigerlich zur Folge, dass jeder, der wiederholt gewann, unabhängig von seiner Kunstfertigkeit schließlich zu verlieren begann. Das Bier war gut, und es gelang Grey weitgehend, nicht darüber nachzudenken, was sich wohl in Glastuig abspielen mochte. Doch als der Tag zur Neige ging und der Wirt die Kerzen anzuzünden begann, konnte er seine Gedanken nicht länger zügeln. Er entschuldigte sich bei seinen Mitspielern mit der Begründung, nicht mehr genug sehen zu können, um zu zielen, und ging ins Freie, um frische Luft zu schnappen.
    Draußen hatte es endlich aufgehört zu regnen, doch die Pflanzen trugen eine solche Wasserlast, dass seine Strümpfe allein davon triefend nass wurden, wenn er das Gras am Wegrand bloß streifte.
    Quinn war unterwegs, hatte aber nicht gesagt, wohin er ging – und Grey hätte sich dem Iren ohnehin nicht anvertraut. Auch Tom war verschwunden; Mr Beckett hatte eine hübsche Tochter, die im Schankraum bediente, doch sie war fort, und ihre Mutter war an ihre Stelle gerückt. Nicht, dass es Grey störte, aber er hätte gern jemanden gehabt, mit dem er seine Sorge um Jamie Frasers fortdauernde Abwesenheit teilen konnte.
    Natürlich konnte man dafür exzellente Gründe anführen. Möglich, dass Siverly von dem Gedicht – oder von Fraser – so fasziniert war, dass er ihn eingeladen hatte, zum Abendessen zu bleiben, um das Gespräch fortzusetzen. Das war wohl die beste anzunehmende Möglichkeit, dachte Grey.
    Weniger gut, aber immer noch akzeptabel, war die Möglichkeit – angesichts des Zustands der Straßen konnte man getrost Wahrscheinlichkeit sagen –, dass Frasers Pferd ein Eisen verloren oder sich auf dem Rückweg vertreten hatte und dass es im Schritt geführt, zum Schmied gebracht oder schlimmstenfalls erschossen werden musste. Sie hatten die gemieteten Pferde zurückgeschickt; Fraser ritt einen Klepper, den sie sich von Mr Beckett geliehen hatten.
    Grey ging seine Liste zunehmend trostloser Möglichkeiten weiter durch, dachte an Straßenräuber, die durch das Pferd angelockt wurden (wohl kaum, das Tier sah aus wie eine Kuh, und zwar eine betagte Kuh), dann die prunkvolle Weste bemerkt und Fraser schließlich erschossen hatten, weil er nicht mit Geld dienen konnte. (Er hätte darauf bestehen sollen, dass Fraser Geld bekam; es war nicht recht, ihn mittellos zu halten.) Ein ungewöhnlich großes Schlammloch hatte ihn gezwungen, die Straße zu verlassen, woraufhin er in ein Schwingmoor gefallen war, das ihn prompt mitsamt des Pferdes verschlungen hatte. Ein plötzlicher Schlaganfall – Fraser hatte einmal erwähnt, dass sein Vater an einem Schlaganfall gestorben war. Waren solche Dinge erblich?
    »Oder vielleicht ist eine Gans vom Himmel gefallen und hat ihn am Kopf getroffen«, brummte er und trat nach einem Stein auf dem Weg. Er schoss in die Luft, traf einen Zaunpfahl, prallte zurück und prallte ihm schmerzhaft vor das Schienbein.
    »Mylord?«
    Die Hände leise fluchend um sein Schienbein geklammert, blickte er auf und sah Tom in der Dämmerung stehen. Seine erste Vermutung war, dass sein Schmerzensruf seinen Kammerdiener angelockt hatte, und er richtete sich auf, verwarf diese Annahme – doch dann sah er, wie aufgeregt Tom wirkte.
    »Was …«
    »Kommt mit mir, Mylord«, sagte Tom leise, und nachdem er sich umgesehen hatte, führte er Grey durch ein Dickicht aus Unkräutern und Brombeeren, das Greys Strümpfen endgültig den Rest gab.
    Auf der Rückseite des Wirtshauses führte ihn Tom um einen notdürftig zusammengezimmerten Hühnerstall herum und wies auf eine wuchernde Hecke.
    »Er ist hier«, flüsterte er und hielt einen Armvoll Zweige beiseite.
    Grey hockte sich nieder, und sein Blick fiel auf einen extrem gereizt aussehenden James Fraser, der sein Haarband verloren hatte, so dass sich das Haar aus seinem Zopf löste, und dessen Gesicht zum Großteil mit getrocknetem Blut bedeckt war. Er saß zur Seite gekrümmt da und hielt eine Schulter steif und höher als die andere. Das Licht unter der Hecke war schwach, doch es reichte noch, um das Funkeln in den blauen Katzenaugen zu

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