Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
sehen.
»Warum sitzt Ihr denn in der Hecke, Mr Fraser?«, erkundigte er sich, nachdem er hastig mehrere andere Fragen in Erwägung gezogen und als möglicherweise undiplomatisch verworfen hatte.
»Weil sich, wenn ich zur Essenszeit so in den Schankraum gehe, spätestens morgen früh die gesamte Gegend darüber die Mäuler zerreißen und darüber spekulieren wird, wer das gewesen ist. Und jeder in besagtem Schankraum weiß ganz genau, dass ich zu Euch gehöre. Was bedeutet, dass Major Siverly wissen wird, dass Ihr ihm auf den Fersen seid, bevor er seinen Kaffee zu Ende getrunken hat.« Er verlagerte sein Gewicht ein wenig und holte scharf Luft.
»Seid Ihr schwer verletzt?«
»Nein«, sagte Fraser gereizt. »Es sind nur Prellungen.«
»Äh … Euer Gesicht ist voller Blut«, sagte Tom hilfsbereit in einem Ton, der andeutete, dass Fraser dies vielleicht noch nicht bemerkt hatte, und dann fügte er in deutlich entsetzterem Tonfall hinzu: »Es ist Euch auf die Weste gelaufen!«
Fraser warf Tom einen finsteren Blick zu, der darauf schließen ließ, dass er gern etwas Böses über Westen gesagt hätte, doch was auch immer es war, er schluckte es und wandte sich wieder an Grey.
»Ich habe mich an einer Glasscherbe geschnitten. Es hat schon vor einer Weile aufgehört zu bluten. Alles, was ich brauche, ist ein feuchtes Tuch.«
Aus der langsamen, beschwerlichen Art, wie sich Fraser aus der Hecke wand, schloss Grey, dass ein feuchtes Tuch wohl nicht ganz ausreichen würde, aber er hütete sich, das laut zu sagen.
»Was ist denn geschehen?«, fragte er stattdessen. »War es ein Unfall?«
»Nein.« Fraser begab sich schwerfällig auf Hände und Knie, hob ein Knie an, stützte den Fuß auf – und hielt dann inne, eindeutig, um die mechanischen Überlegungen zu prüfen, die nötig waren, um sich in die Senkrechte zu erheben. Kommentarlos bückte sich Grey, packte ihn unter dem linken Arm und hievte ihn zum Stehen hoch, ein Vorgang, der von einem erstickten Stöhnen begleitet wurde.
»Ich habe Siverly das Gedicht gezeigt«, sagte Fraser und zog sich seinen Rock zurecht. »Er hat so getan, als würde er mich nicht erkennen, doch er hat mich erkannt. Er hat es gelesen, hat mich gefragt, wer ich bin, und dann versucht, es als Fälschung abzutun, eine nachgemachte Antiquität. Dann habe ich mich umgedreht, um zu gehen, und er hat versucht, mich umzubringen.« Trotz seiner offensichtlichen Schmerzen lächelte er Grey schief an. »Ich nehme an, das könnte man als eindeutig bezeichnen, aye?«
»Das könnte man, aye.« Grey erwiderte das Lächeln. »Danke, Mr Fraser.«
»Gern geschehen«, sagte Fraser höflich.
In diesem Moment traf Tom mit einer Schüssel Wasser, einem Tuch und einer nervös aussehenden jungen Frau ein.
»Oh, Sir«, rief sie aus, als sie Fraser sah. »Mr Tom sagt, Euer Pferd hat Euch abgeworfen, dieses Mistvieh, und Ihr seid mit dem Kopf in einem Graben gelandet! Habt Ihr Euch verletzt?«
Fraser sah zutiefst entrüstet aus über die Vorstellung, dass ihn die betagte Stute abgeworfen haben könnte – auf diese Entschuldigung für sein Aussehen wäre er eindeutig nie gekommen –, doch glücklicherweise verzichtete er darauf, seine Meinung auszusprechen, und ließ sich mit schmerzverzerrter Miene das Gesicht säubern. Äußerst missmutig und unter zahlreichen sympathischen – und vereinzelt auch verächtlichen – Kommentaren aus dem Schankraum ließ er sich von Grey und Tom die Treppe hinaufhelfen, da sich herausgestellt hatte, dass er das linke Knie nicht mehr als vielleicht fünf Zentimeter anheben konnte. Sie ließen ihn auf das Bett sinken, wo er einen Schmerzensschrei ausstieß und sich auf die Seite drehte.
»Was ist?«, fragte Tom ängstlich. »Habt Ihr Euch das Rückgrat verletzt, Hauptmann? Ihr könnt gelähmt werden, wenn es Euer Rückgrat ist. Könnt Ihr mit den Zehen wackeln?«
»Es ist nicht mein Rückgrat«, sagte Fraser mit zusammengebissenen Zähnen. »Es ist mein Hintern.«
Es hätte seltsam ausgesehen, wenn er aus dem Zimmer gegangen wäre, also blieb Grey, doch aus Rücksicht auf Frasers Feingefühl hielt er sich im Hintergrund und ließ Tom Fraser beim Ausziehen seiner Hose helfen. Er selbst wandte unauffällig den Blick ab.
Toms Schreckensschrei ließ ihn jedoch wieder hinsehen, und er ließ seinen eigenen Ausruf folgen.
»Grundgütiger! Was zum Teufel hat er mit Euch gemacht?« Fraser lag halb auf dem Bett und hatte sein Hemd hochgezogen, damit man den Schaden begutachten
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