Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
…«, stotterte der arme Butler, während er wild zwischen Grey und Edward Twelvetrees hin- und herblickte, der Lord John mit einer Miene irgendwo zwischen Erstaunen und Entrüstung anstarrte.
»Oh, verschwinde, du Trottel«, sagte Siverly gereizt und erhob sich, um den Butler aus dem Zimmer zu winken. »Oberst Grey! Welch angenehme Überraschung. Ihr müsst mir den … äh … unorthodoxen Empfang verzeihen.« Er lächelte, wenn auch mit beträchtlicher Zurückhaltung in den Augen. »Gestattet mir, Euch Hauptmann …«
»Wir kennen uns.« Twelvetrees’ Worte waren so spitz wie Drahtstücke. Er erhob sich langsam und wendete den Blick nicht von Grey ab, während er die Akte vor sich schloss. Nicht bevor Grey sehen konnten, dass sie Auflistung von Summen enthielt, die recht groß zu sein schienen.
Apropos Summen – auf dem Tisch stand eine mit Eisen beschlagene Truhe, deren Deckel geöffnet war und die mehr als zur Hälfte mit kleinen verschnürten Waschlederbeuteln gefüllt war. Der Sitz der Erkerfensterbank war hochgeklappt, und eine Vertiefung in den dort verstauten Decken ließ erkennen, woher die Truhe kam. Siverlys Blick huschte dort hin, und seine Hand zuckte, doch er beherrschte sich, da er offensichtlich keine weitere Aufmerksamkeit auf die Truhe lenken wollte, indem er sie schloss.
»Was macht Ihr denn hier?«, fragte Twelvetrees kalt.
Grey holte tief Luft. Ihm blieb nur der direkte Weg.
»Ich wollte Major Siverly einen Besuch abstatten«, sagte er geduldig. »Und Ihr?«
Twelvetrees spitzte ein wenig die Lippen. »Zufällig in der Gegend, wie?«
»Nein, ich bin eigens gekommen, um mit dem Major über eine Angelegenheit von einiger Bedeutung zu sprechen. Doch ich möchte natürlich nicht stören«, sagte Grey und verneigte sich kurz vor Siverly. »Vielleicht komme ich besser bei einer passenderen Gelegenheit wieder?«
Siverly blickte zwischen Grey und Twelvetrees hin und her, während er offenbar versuchte zu begreifen, was hier vor sich ging.
»Nein, bleibt nur«, sagte er. »Ich muss gestehen – eine Angelegenheit von Bedeutung, sagt Ihr?« Sein Gesicht war zwar nicht sonderlich lebhaft, doch er war auch kein guter Kartenspieler, und Argwohn und Berechnung huschten über seine groben Züge hinweg.
»Eine private Angelegenheit«, sagte Grey und lächelte Twelvetrees freundlich zu, während ihn dieser finster ansah.
»Wie ich schon sagte, wenn es besser passt …«
»Ich bin sicher, dass uns Hauptmann Twelvetrees kurz entschuldigen wird«, unterbrach ihn Siverly. »Edward?«
Oh, sie duzen sich? , dachte Grey. Sieh an, sieh an!
»Gewiss doch.« Twelvetrees hielt langsam auf die Tür zu, während seine Augen Grey fixierten wie ein Paar Pistolenläufe.
»Nein, nein«, sagte Siverly und winkte ihn zu seinem Stuhl zurück. »Bleib nur hier, Edward; Bulstrode wird dir Tee bringen. Oberst Grey und ich machen einen kleinen Spaziergang zum Sommerhaus.«
Nach wie vor charmant lächelnd verneigte sich Grey vor Twelvetrees und folgte Siverly aus der Bibliothek, während er spürte, wie ihm Twelvetrees’ Blicke Löcher zwischen die Schulterblätter brannten.
Hastig überdachte er seine Strategie, während er Siverlys breitem Rücken über den frisch gewalzten Rasen folgte. Zwar würde er sein Verhör nicht in Twelvetrees’ Gegenwart durchführen müssen, doch er musste davon ausgehen, dass alles, was er sagte, zu »Edward« weitergetragen würde.
»Was für ein herrliches Anwesen«, sagte er, als sie um das Haus bogen. Es war die Wahrheit; vorn und hinten erstreckten sich große Rasenflächen, der rückseitige Rasen war von Rosenbeeten und anderen blühenden Büschen eingerahmt, und links befand sich ein ummauerter Garten, der wahrscheinlich der Küchengarten war; Grey sah etwas, das wie Obstbäume an Spalieren aussah, über die verputzte Mauer lugen. Jenseits der Blumenbeete stand ein reizendes weißes Sommerhäuschen am Rand eines Wäldchens aus Ziergehölzen, und dahinter befanden sich die Stallungen.
»Danke«, sagte Siverly mit einem stolzen Unterton. »Ich habe die letzten Jahre damit verbracht, es zu renovieren.« Doch er war kein Mensch, der sich von Komplimenten ablenken ließ. »Ihr wolltet sagen …?« Er wandte sich Grey zu und zog seine stahlgraue Augenbraue hoch.
»Ja.« Mitgegangen, mitgefangen. Grey spürte einen Hauch des tollkühnen Überschwangs, den er stets empfand, wenn es in den Kampf ging. »Erinnert Ihr Euch zufällig noch an einen Adjutanten namens Charles Carruthers?
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