Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
verärgert. »Aber ich habe es trotzdem vor.«
»Warum denn? Nicht nur, dass der Mann Engländer ist und dich gefangen hält – er ist auch noch ein verdammter Mörder!«
»Nein, das ist er nicht«, sagte Jamie entschlossen. »Er mag ja vieles sein, was uns nicht gefällt, aber das nicht.«
»Aber sie haben ihn über die Leiche gebeugt gefunden, mit Blut an den Stiefeln!«
»Ich habe es gesehen, aye?«
Quinn tobte innerlich. »Warum zum Teufel meinst du denn dann, dass er den Mann nicht erledigt hat? Du hast doch gehört, was er über ihn erzählt hat, und all dieses Gerede über Gerechtigkeit. Gerechter als eine Kugel in den Kopf geht es doch nicht!«
Es war sinnlos, Quinn zu sagen, dass Siverlys Tod – ganz gleich, durch welche Ursache – in John Greys Augen nichts mit Gerechtigkeit zu tun hatte, es sei denn, ein Kriegsgericht wäre ihm vorausgegangen.
»Er war es nicht«, wiederholte Jamie hartnäckig.
Genauso unmöglich war es, Quinn etwas anderes zu erzählen, dessen er sich absolut gewiss war. Dass nämlich der einzige Umstand, unter dem Grey Siverly möglicherweise umgebracht haben könnte, Notwehr gewesen wäre – und wäre das der Fall gewesen, hätte er es gesagt. Zumindest zu Jamie, mit Tom Byrds Hilfe.
Doch er würde nicht weiter darüber diskutieren, und das nicht nur, weil es zwecklos war. Außerdem blieb zu bedenken, dass, wenn Grey Siverly nicht umgebracht hatte, jemand anders es gewesen war. Und es gab nur relativ wenige Personen, von denen bekannt war, dass sie in der Nähe gewesen waren, und eine davon war Quinn. Er konnte sich zwar nicht vorstellen, warum Quinn so etwas getan haben sollte, doch er hielt es für klüger, das Ganze gar nicht erst anzusprechen, da er schließlich vorhatte, vorerst in Quinns Begleitung weiterzureisen.
»Ich gehe nach Athlone, und du kommst mit.«
»Was? Wieso?«, rief Quinn entrüstet auf. »Was fällt dir ein, mich da hineinzuziehen?«
»Was ist dir denn eingefallen, mich in deine hirnrissige Intrige hineinzuziehen? Du kommst mit mir, und ich nehme dich zu Abt Michael mit – dann kannst du selbst mit ihm über den Cupán diskutieren.«
»Hirnrissig?!« Quinn wurde bleich vor Entrüstung; seine Locken standen ihm zu Berge und schienen fast knistern zu wollen.
»Aye, hirnrissig. Und du begleitest mich nach Athlone, weil du ein Boot steuern kannst und ich nicht.«
»Ein Boot?«, sagte Quinn, vorübergehend von seiner Beleidigung abgelenkt. »Welches Boot denn?«
»Woher soll ich denn wissen, welches Boot?«, sagte Jamie gereizt. »Wir finden schon eins, wenn wir dort ankommen.«
»Aber …«
»Wenn du glaubst, dass ich mit Seiner Lordschaft aus einem englischen Gefängnis ausbreche und versuche, durch eine Gegend zu fliehen, die nicht mehr ist als ein gigantischer Sumpf, in dem man hin und wieder über ein Schwein stolpert … glaubst du falsch«, sagte er zu Quinn.
»Aber …«
»Burg Athlone liegt am Shannon, und der Justiziar hat gesagt, der Shannon ist schiffbar. Also werden wir ihn beschiffen, zum Kuckuck. Gehen wir!«
ER HATTE TOM BYRD AUF DEM RÜCKWEG von Glastuig seine Anweisungen gegeben, und der Leibdiener war ihnen gefolgt und hatte nicht alles eingepackt, da Jamie keine weitere Aufmerksamkeit erregen wollte, sondern stattdessen nur das Nötigste für eine spontane Reise aufgetrieben.
Tom Byrd erwartete sie ungeduldig ein Stück vom Wirtshaus entfernt auf der Straße, und er hatte Pferde dabei. Tom sah beide Männer scharf an und blickte von einem Gesicht zum anderen, sagte aber nichts. Er hatte einen Kohlkopf und ein paar Kartoffeln aufgetrieben, die er ihnen bescheiden zeigte.
»Das gibt ein gutes Abendessen«, sagte Quinn und klopfte Tom beifällig auf die Schulter. Er blickte zum Himmel. »Es regnet gleich wieder«, sagte er resigniert. »Am besten suchen wir uns einen Rastplatz und kochen, solange wir noch können.«
Torffeuer brannten zwar heiß, spendeten aber nur wenig Licht. Das Feuer zu ihren Füßen war kaum mehr als eine düstere Glut, die aus dem Inneren der Erde zu kommen schien, doch es hatte ihnen das Essen gegart und die Füße gewärmt. Einen Teil ihres Essens zumindest – in Ermangelung eines Topfes aßen sie den Kohl roh, obwohl ihnen Quinn die schlimmsten Blähungen prophezeite, die sie je erlebt hatten.
»Es ist ja nicht so, als ob uns jemand hören würde, oder?«, sagte Jamie, während er zögerlich an einem der dicken, wachsglatten Blätter knabberte. Es quietschte zwischen seinen Zähnen wie eine
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