Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
bestens allein zurechtgekommen«, versicherte Fraser ihm ernst, und Grey musste zu seiner Verlegenheit feststellen, dass ihn dieses Lob extrem freute. Er hustete und wischte sich die Nase vorsichtig am Ärmel ab, was eine lange Blutspur hinterließ.
Twelvetrees stöhnte und hob mit benommener Miene den Kopf.
»Das darf ich … dann wohl … als Nein auffassen … ja?«, brachte Grey heraus. »Ihr sagt, Ihr habt Major Siverly nicht umgebracht?«
»Nein«, antwortete Twelvetrees mit ausdrucksloser Miene. Dann fand er den Verstand wieder, und sein Blick richtete sich mit einem Ausdruck extremer Abneigung auf Grey.
»Nein«, wiederholte er, diesmal schärfer. »Natürlich habe ich Gerald Siverly nicht umgebracht. Was für ein hanebüchener Unfug ist das?«
Grey dachte kurz daran, sich zu erkundigen, ob es mehr als eine Sorte hanebüchenen Unfugs gab und falls ja, wie die Kategorien lauteten, doch er überlegte es sich anders und ignorierte die Frage als rhetorisch. Bevor er seine nächste Frage formulieren konnte, fiel ihm auf, dass Fraser in aller Seelenruhe damit beschäftigt war, die Papiere auf dem Schreibtisch durchzugehen.
»Legt das hin!«, bellte Twelvetrees und erhob sich schwankend. »Hört sofort auf damit!«
Fraser blickte mit hochgezogener Augenbraue zu ihm auf.
»Wie wollt Ihr mich daran hindern?«
Twelvetrees schlug sich an die Taille, wie es Männer tun, die gewöhnlich ein Schwert tragen. Dann setzte er sich langsam wieder hin. Er hatte begriffen, dass es sinnlos war.
»Ihr habt kein Recht, diese Papiere zu untersuchen«, sagte er zu Grey, ruhig im Vergleich zu seinen anfänglichen Ausbrüchen. »Ihr seid ein Mörder und offenbar auch ein entkommener Gesetzloser – denn ich darf doch bezweifeln, dass man Euch offiziell entlassen hat?«
Grey begriff, dass diese Worte sarkastisch gemeint waren, und würdigte sie keiner Antwort. »Mit welchem Recht habt Ihr sie denn untersucht, wenn ich fragen darf?«
»Mit gutem Recht«, erwiderte Twelvetrees prompt. »Ich bin Gerald Siverlys Nachlassverwalter und habe den Auftrag, mich um die Begleichung seiner Schulden und die Verteilung seines Eigentums zu kümmern.«
Nimm das, du Schuft , fügte seine Miene hinzu. Grey war tatsächlich verblüfft über diese Enthüllung.
»Gerald Siverly war mein Freund«, fügte Twelvetrees hinzu, und seine Lippen pressten sich kurz aufeinander. »Mein ganz persönlicher Freund.«
Das hatte Grey schon von Harry Quarry gewusst, doch er war nicht auf den Gedanken gekommen, dass Twelvetrees Siverly so nahe stand, dass er zum Nachlassverwalter ernannt wurde. Hatte Siverly denn keine Verwandten außer seiner Frau?
Und wenn ihm Twelvetrees so nahestand – was wusste er über Siverlys Treiben?
Was auch immer es war, er hatte offenbar nicht vor, es Grey anzuvertrauen. John erhob sich, wobei er sich tapfer bemühte, in der verräucherten Luft nicht zu keuchen. Er schritt zum Erkerfenster hinüber und warf den Deckel der Deckentruhe zurück. Die eisenbeschlagene Truhe war fort.
»Was habt Ihr mit dem Geld gemacht?«, wollte er wissen und fuhr wieder zu Twelvetrees herum. Der Mann funkelte ihn hasserfüllt an.
»Bedaure«, fauchte er verächtlich. »Es ist an einem Ort, an dem Ihr es nie in Eure Diebesfinger bekommen werdet.«
Jamie war dabei, die halb verkohlten Blätter aufzusammeln, die er vor dem Feuer gerettet hatte. Er behandelte sie äußerst vorsichtig, doch bei diesen Worten sah er auf und blickte von Twelvetrees zu Grey.
»Soll ich das Haus durchsuchen?«
Greys Blick war auf Twelvetrees gerichtet, und er sah, wie sich die Nasenlöcher des Mannes weiteten und er angewidert den Mund verzog – doch in seinen rot geränderten Augen war keine Spur von Nervosität oder Angst zu sehen.
»Nein«, sagte Jamie und sprach aus, was Grey dachte. »Er hat recht; er hat es schon abtransportiert.«
»Ihr macht Euch wirklich gut als Gesetzloser«, sagte Grey trocken.
»Aye, nun ja. Ich habe Übung darin.« Der Schotte hielt eine kleine Ansammlung angesengter Papiere in der Hand. Vorsichtig zog er eines davon heraus und reichte es Grey.
»Ich denke, das ist das Einzige, was von Interesse ist, Mylord.«
Es war eine andere Handschrift, doch Grey erkannte sofort, was es war. Es war das Gedicht von der Wilden Jagd – und er fragte sich, wo zum Teufel der Rest war; warum nur diese eine, angesengte und mit Asche verschmierte Seite?
»Warum …«, begann er, doch dann sah er, wie Fraser mit dem Kinn ruckte, und drehte das Blatt
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