Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
anderen zur Treppe. »Kusch dich, John.«
SAUBER UND TROTZ EINER REICHLICHEN BRANDYDOSIS noch relativ nüchtern begab sich Grey nach unten in den größeren Salon, denn seine Nase verriet ihm, dass dort der Tee serviert wurde. Er hörte das leise Brummen von Jamie Frasers Stimme im Gespräch mit Minnie. Die beiden hatten es sich auf der blauen Kaminbank gemütlich gemacht und blickten bei seinem Eintreten mit etwas erschrockener Verschwörermiene auf.
Ihm blieb keine Zeit, sich darüber zu wundern, weil Hal in dem Moment zurückkehrte, für das Oberhaus gekleidet und von der Tageshitze errötet. Der Herzog ließ sich stöhnend auf einen Sessel fallen und zog sich die Schuhe mit den roten Absätzen aus, die er mit einem Seufzer der Erleichterung an Nasonby übergab. Der Butler trug sie davon, als bestünden sie aus feinem Porzellan, und Hal konnte sich mit dem Loch in einem seiner Strümpfe befassen.
»Das Gedränge der Kutschen und Wagen war so groß, dass ich ausgestiegen und zu Fuß gegangen bin«, sagte er, als hätte er seinen Bruder zuletzt beim Frühstück gesehen und nicht Wochen zuvor. Er blickte zu Grey auf. »Ich habe eine Blase an der Ferse, die so groß ist wie ein Taubenei, und sie sieht besser aus als du. Was zum Teufel ist passiert?«
Mit dieser Einleitung war es schließlich leichter, als Grey gedacht hatte, Hal ins Bild zu setzen. Dies tat er so knapp wie möglich und berief sich hin und wieder auf Fraser, der ihm mit Einzelheiten aushalf.
Hals Lippen zuckten ein wenig, als er Siverlys Angriff auf Jamie Fraser beschrieb, doch er wurde augenblicklich wieder ernst, als er von den beiden Besuchen hörte, die Grey Siverlys Anwesen abgestattet hatte.
»Großer Gott, John.« Der Tee war jetzt aufgetragen, und er griff geistesabwesend nach einem Stück Früchtekuchen, den er ungegessen in der Hand hielt, während er sich Zucker in den Tee rührte. »Du bist also als Mordverdächtiger aus Athlone entkommen und aus Irland geflüchtet. Dir ist doch klar, dass dich der Justiziar wahrscheinlich an deiner Beschreibung erkennen wird?«
»Ich hatte keine Zeit, mir Gedanken darüber zu machen«, gab Grey zurück, »und ich habe auch nicht vor, jetzt damit anzufangen. Wir haben über Wichtigeres nachzudenken.«
Hal beugte sich vor und legte den Früchtekuchen vorsichtig ab.
»Erzähle«, sagte er.
Grey leistete seiner Bitte Folge und brachte die halb verkohlten Seiten zum Vorschein, die sie aus Twelvetrees’ Freudenfeuer gerettet hatten. Als Letztes legte er ihm das aschefleckige, zerknitterte Blatt mit dem Gedicht hin, auf dessen Rückseite die Namensliste stand, und erklärte, was dies seiner Meinung nach zu bedeuten hatte.
Hal hob es auf, pfiff durch die Zähne und sagte etwas Unanständiges auf Deutsch.
»Gut ausgedrückt«, sagte Grey. Seine Kehle war wund von der Seekrankheit und vom vielen Reden. Er ergriff seine Teetasse und hielt dankbar die Nase darüber. »Ich sehe mindestens einen Mann mit einem Offizierspatent auf dieser Liste; wenn noch mehr von ihnen der Armee angehören, sollte es ziemlich einfach sein, sie zu finden.«
Hal legte die angesengten Seiten vorsichtig auf den Tisch.
»Nun. Ich denke, wir müssen vorsichtig, aber schnell vorgehen. Ich werde Harry auf diese Namen ansetzen; er kennt ja jeden und kann herausfinden, wer sie sind, falls sie der Armee angehören, und was für eine Vorgeschichte sie möglicherweise haben. Die meisten von ihnen scheinen Iren zu sein; ich denke, wir sollten einen sehr vorsichtigen Blick auf die Irischen Brigaden werfen – wir wollen sie ja nicht unnötig verärgern. Was Twelvetrees angeht …« Er bemerkte den Früchtekuchen, griff danach, biss hinein und kaute geistesabwesend darauf herum, während er nachdachte.
»Er weiß schon, dass er unter Verdacht steht«, erläuterte Grey, »egal, ob er nun weiß, warum oder nicht. Gehen wir direkt auf ihn zu oder beschatten wir ihn nur, um zu sehen, mit wem er spricht?«
Hals Gesicht wurde von einem Lächeln erhellt, und er betrachtete seinen jüngeren Bruder von oben bis unten.
»Willst du dich etwa schwarz schminken und ihm selbst folgen? Oder wolltest du Mr Fraser auf ihn ansetzen? Ihr seid beide nicht gerade unauffällig.«
»Nein, ich dachte, ich lasse dich das machen«, sagte Grey. Er griff nach der Brandykaraffe und goss sich einen Schluck in seine Teetasse. Er war so müde, dass seine Hand zitterte und er ein wenig auf die Untertasse verschüttete.
»Ich werde mit Mr Beasley sprechen«, sagte
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