Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
C6«, und Grey spürte, wie ihm leichter ums Herz wurde.
Es war die Erwiderung auf die Torremolinoseröffnung, die er an jenem fernen, katastrophalen Abend in Ardsmuir gespielt hatte, als er Jamie Fraser das erste Mal berührt hatte.
»Sehr gut, sehr gut, sehr gut«, trällerte William leise vor sich hin. »Sehr gut, sehr gut, sehr gut!«
41
Moonlicht Flicht
Es war noch zu früh für den Tee, doch die Sonne hing schon dicht über den nackten Rotbuchen; die Dunkelheit kam mit jedem Tag früher. Jamie war auf dem Rückweg von der etwas entfernt liegenden Scheune, in der die Pferde standen, die zur Feldarbeit eingesetzt wurden. Sie wurden von drei jungen Männern aus dem Dorf versorgt, die sie fütterten, putzten und ihre Ställe ausmisteten; Jamie schaute täglich vorbei, wenn sie vom Feld hereinkamen, um sie auf Verletzungen, Lahmheiten, auf Husten oder auf andere Erkrankungen zu untersuchen, denn die Pferde der Farm waren auf ihre eigene Weise fast genauso wertvoll wie die Zucht- und Reitpferde.
Joe Gore, einer der Farmarbeiter, stand draußen vor der Scheune und hielt nervös nach ihm Ausschau. Sobald er Jamie sah, lief er unbeholfen auf ihn zu und wedelte mit den Armen.
»Fanny ist weg!«, entfuhr es ihm aufgeregt.
»Wie?«, fragte Jamie verblüfft. Fanny war ein belgisches Kaltblut, eine Falbstute, die fast einen Meter achtzig maß. Nicht so leicht zu verlieren, selbst im Dämmerlicht.
»Woher soll ich das wissen?« Joe hatte Angst und fühlte sich angegriffen. »Ike ist gegen einen Stein gefahren, und dabei hat sich ein Rad verbogen. Also hat er sie ausgespannt und sie dagelassen und ist mit dem Rad zur Schmiede. Ich will sie dann holen, und sie ist einfach nicht mehr da.«
»Und die Mauern und Hecken habt Ihr abgesucht, aye?« Jamie war bereits in Richtung des Kornfelds unterwegs, dicht gefolgt von Joe. Das Feld war nicht eingezäunt, sondern an drei Seiten von Steinmauern begrenzt und an der Nordseite von einem Windbrecher aus Büschen. Die Vorstellung, dass Fanny über die Mäuerchen sprang, grenzte ans Absurde, aber es war möglich, dass sie die Hecke durchbrochen hatte; sie war nun einmal ein kräftiges Pferd.
»Bin ich etwa ein blutiger Anfänger? Natürlich habe ich das.«
»Nun, dann versuchen wir es auf der Straße.« Jamie wies mit dem Kinn auf die Straße, die an der Ostseite des Anwesens entlanglief. Sie bildete die Grenze von Helwater und verlief in einiger Höhe, so dass man von dort eine gute Aussicht auf die weiter entfernten Felder hatte.
Doch kaum hatten sie die Straße erreicht, als Joe einen Ausruf der Erleichterung ausstieß und die Hand ausstreckte. »Da ist sie ja! Wer zum Teufel sitzt denn da auf ihr?«
Jamie blinzelte kurz in die Glut der untergehenden Sonne und erschrak – denn die kleine Gestalt, die auf Fannys Rücken saß und dem gemütlichen Kaltblut frustriert in die gewaltigen Flanken trat, war Betty Mitchell.
Als sie sie erspähten, war Fanny noch friedlich vor sich hin getrabt, doch jetzt fuhr sie mit dem Kopf auf, blähte die Nüstern und fiel in donnernden Galopp. Betty schrie auf und fiel herunter.
Jamie überließ Joe das Pferd, und der Mann packte der Stute kräftig in die Mähne und wurde halb zur Scheune geschleift, weil Fanny schnurstracks auf ihre Futterkrippe zuhielt. Jamie hockte sich neben Betty auf den Boden, sah aber mit Erleichterung, dass sie bereits aufzustehen versuchte. Dabei stieß sie die undamenhaftesten Flüche aus, die ihm zu Ohren gekommen waren, seit Claire nicht mehr da war.
»Was …«, begann er und griff ihr unter die Arme, doch sie wartete nicht ab, bis er fertig war.
»Isobel!«, keuchte sie. »Der verfluchte Anwalt hat sie! Ihr … Du musst ihnen nach!«
»Wohin denn?« Er stellte sie fest auf den Boden, doch sie schwankte alarmierend, und er packte ihre Arme, um sie zu stützen. »Du meinst Mr Wilberforce?«
»Wen denn sonst?«, fuhr sie ihn an. »Er wollte sie gerade mit dem Gig mitnehmen, als ich sie vom Fenster aus gesehen habe. Ich bin nach unten gerannt und habe sie gefragt, was sie sich wohl denkt? Auf keinen Fall würde sie allein mit ihm wegfahren – Lady D würde mir den Kopf abreißen!«
Sie hielt inne, um keuchend Luft zu holen und sich zu sammeln.
»Sie hat versucht, mich zum Bleiben zu überreden, aber er hat gelacht und gesagt, ich hätte ja recht; es ginge nicht an, dass eine unverheiratete junge Frau ohne Anstandsdame mit einem Mann unterwegs ist. Sie hat zwar eine Grimasse geschnitten, aber dann hat sie
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