Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
plötzlich mit den Dingen, die er nur mit Mühe über Jamie Fraser nicht gedacht – oder empfunden – hatte, und er stellte fest, dass ihm die Röte ins Gesicht stieg und er sich beklommen fühlte.
Begehrte er Stephan nur wegen der körperlichen Ähnlichkeiten zwischen ihm und Fraser? Beide waren kräftige Männer, hochgewachsen und gebieterisch, die Sorte Mann, nach der sich die Leute umdrehten. Und sie anzusehen, bewegte ihn zutiefst.
Doch es war etwas völlig anderes. Stephan war sein Freund, sein guter Freund, und Jamie Fraser würde das niemals sein. Fraser jedoch war etwas, das Stephan niemals sein konnte.
»Bist du hungrig?« Ohne eine Antwort abzuwarten, erhob sich Stephan, um in einem Schrank zu kramen, und brachte einen Teller Gebäck und ein Töpfchen Orangenmarmelade zum Vorschein.
Grey lächelte, weil er sich an seine Vorahnung in Bezug auf von Namtzens Appetit erinnerte. Eher aus Höflichkeit denn aus Hunger nahm er sich ein Mandelplätzchen und sah voll Zuneigung zu, wie Stephan Plätzchen mit Orangenmarmelade vertilgte.
Doch unter diese Zuneigung mischte sich der Zweifel. Es herrschte ein Gefühl großer Nähe zwischen ihnen, hier in der Nacht, völlig allein – daran gab es keinen Zweifel. Doch was für eine Art von Nähe …?
Stephans Hand streifte die seine, als er nach einem Plätzchen griff, und von Namtzen drückte ihm lächelnd sacht die Finger, bevor er wieder losließ und nach dem Marmeladenlöffel griff. Die Berührung lief Grey über den Arm und den Rücken, und in ihrem Gefolge richteten sich seine Härchen auf.
Nein , dachte er und rang um Logik. Ich kann es nicht .
Es würde nicht richtig sein. Nicht richtig, Stephan zu benutzen, zu versuchen, seine körperlichen Bedürfnisse mit Stephan zu stillen und damit vielleicht ihre Freundschaft aufs Spiel zu setzen. Und doch war die Versuchung da, daran gab es keinen Zweifel. Nicht nur das unmittelbare Verlangen – das verdammt groß war –, sondern zudem der schmachvolle Gedanke, dass er auf diese Weise vielleicht die Macht, die Fraser über ihn besaß, auslöschen oder zumindest schmälern könnte. Es würde viel einfacher sein, Fraser gegenüberzutreten, ruhig mit ihm umzugehen, wenn das körperliche Begehren zumindest gedämpft, wenn schon nicht gänzlich verschwunden war.
Doch … Er blickte Stephan an, die Güte und Traurigkeit in seinem breiten Gesicht, und wusste, dass er es nicht konnte.
»Ich muss gehen«, sagte er plötzlich. Er stand auf und strich sich die Krümel von den Rüschen seines Hemdes. »Es ist schon spät.«
»Du musst?« Stephan klang überrascht, aber er erhob sich ebenfalls.
»Ich – ja. Stephan – ich bin so froh, dass wir uns heute Abend begegnet sind«, sagte er impulsiv und streckte die Hand aus.
Stephan ergriff sie, doch statt sie zu schütteln, zog er ihn an sich, und plötzlich hatte er den Geschmack der Orangen in seinem Mund.
» WAS DENKST DU ?«, fragte er schließlich, nicht sicher, ob er die Antwort hören wollte oder ob er Stephan einfach nur sprechen hören musste.
Zu seiner Erleichterung lächelte Stephan, die Augen immer noch geschlossen, und fuhr Grey mit seinen großen, warmen Fingern sanft über die gewölbte Schulter und den Unterarm, wo sie sich um sein Handgelenk schlangen.
»Ich frage mich, wie groß wohl das Risiko ist, dass ich vor dem Fest der heiligen Katharina sterbe.«
»Was? Warum denn? Und wann ist denn das Fest der heiligen Katharina?«
»In drei Wochen. Dann kommt Vater Gehring aus Salzburg zurück.«
»Ach ja?«
Stephan ließ sein Handgelenk los und öffnete die Augen.
»Wenn ich nach Hannover zurückkehre und Vater Fenstermacher das hier beichte, muss ich wahrscheinlich ein Jahr lang jeden Tag zur Messe gehen oder nach Trier pilgern. Vater Gehring ist um einiges … weniger anspruchsvoll.«
»Ich verstehe. Und wenn du stirbst, bevor du die Beichte ablegst …«
»Komme ich natürlich in die Hölle«, sagte Stephan nüchtern. »Aber das riskiere ich gern. Es ist ein langer Fußweg bis nach Trier.« Er hustete und räusperte sich.
»Das – was du gerade getan hast. Mit mir.« Er wich Greys Blicken aus, und eine tiefe Röte stieg ihm in die breiten Wangen.
»Ich habe vieles mit dir getan, Stephan.« Grey bemühte sich, das Lachen aus seiner Stimme zu drängen, doch ohne großen Erfolg. »Was genau? Das hier?« Er beugte sich vor und küsste von Namtzens Mund, genoss es, wie von Namtzen bei der Berührung seiner Lippen kurz zusammenzuckte.
Stephan küsste
Weitere Kostenlose Bücher