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Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Titel: Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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eines Gorillas unterscheiden könnte.«
    »Wo hast du denn jemals einen Gorilla gesehen, Quinn?« Jamie beugte sich vor, um sich frisches Bier einzuschenken.
    »In Paris natürlich. In König Louis’ Zoo. Der König von Frankreich ist seinen Untertanen gegenüber sehr großzügig«, erklärte Quinn an Tom gerichtet, der jetzt mit frischem Torf zurückkam. »An manchen Tagen steht seine Sammlung ungeheuerlicher Tiere der Allgemeinheit offen – wirklich ein erstaunlicher Anblick. Habt Ihr schon einmal einen Vogel Strauß gesehen, Junge?«
    Grey holte Luft und entspannte sich ein wenig, als sich das Gespräch jetzt ungefährlichen Themen zuwandte. Er fragte sich flüchtig, was es wohl mit dem berüchtigten Duell im Bois de Bologne auf sich hatte und wer der Engländer war, mit dem Fraser gekämpft hatte. Es musste vor dem Aufstand gewesen sein; Fraser hatte einmal davon gesprochen, dass er damals in Paris war, während sie sich in Ardsmuir über französische Romane unterhielten.
    Ganz plötzlich – und mit einer Sehnsucht, deren Macht ihn erstaunte – dachte er an diese raren Abende der Freundschaft, denn trotz ihrer argwöhnischen Beziehung als Gefangener und Aufseher hatten sie bei diesen Gesprächen ihren Humor und ihre Erfahrung miteinander geteilt, eine Gedankenverwandtschaft, die wirklich selten vorkam. Wenn er sich doch nur besser beherrscht hätte, seine Gefühle nicht offenbart hätte … Nun, eine ganze Reihe bedauerlicher Dinge wäre niemals geschehen, und er hatte sich seitdem oft für seine Fehleinschätzung verflucht. Und doch …
    Er beobachtete Fraser mit gesenkten Wimpern. Die Glut des brennenden Torfs schimmerte rot auf dem langen, geraden Nasenrücken des Schotten und auf seinen breiten Wangenknochen, und das lose mit einem Lederriemen zusammengebundene Haar hing ihm über den Rücken wie flüssige Bronze. Und doch … dachte er.
    Er hatte den unbeschwerten Umgang geopfert, den sie miteinander gepflegt hatten, und das war ein großer Verlust. Fraser wiederum hatte mit solchem Abscheu auf die Enthüllung der Natur Greys reagiert, dass furchtbare Worte zwischen ihnen gefallen waren – und Grey mochte immer noch nicht über den Moment nachdenken, in dem er begriffen hatte, warum das so war –, doch letztendlich hatte er nicht alles verloren. Fraser wusste, was er war. Und allein das war schon bemerkenswert.
    Es herrschte zwar keine Unbefangenheit mehr zwischen ihnen – dafür aber Aufrichtigkeit. Und das war etwas, das ihm nur mit sehr wenigen Männern vergönnt war – und vergönnt sein würde.
    Quinn erzählte jetzt eine Geschichte, doch Grey hörte kaum darauf.
    Tom hatte schon die ganze Zeit gesummt, während er das Abendessen zubereitete, und jetzt steigerte er sich zu einem Pfeifkonzert. Ganz in Gedanken, hatte Grey keine Notiz davon genommen, was er pfiff, doch plötzlich fiel ihm eine Textstelle auf, deren Worte in seinem Kopf widerhallten: Drunten bei den Toten, lasst ihn ruh’n!
    Er zuckte zusammen und warf automatisch einen raschen Blick auf Fraser. »Drunten bei den Toten« war ein bekanntes Lied, das ursprünglich aus Königin Annes Zeiten stammte, dessen Text aber wie so oft bei solchen Liedern den heutigen Gegebenheiten angepasst worden war. Die Zecher des Wirtshauses, in dem sie am Nachmittag eingekehrt waren, hatten eine unverhohlen antikatholische Version dieses Liedes gesungen, und Fraser hatte sich zwar seine Empörung äußerlich kaum anmerken lassen, doch Grey war so gut mit seinem Mienenspiel – oder dem Fehlen eines solchen – vertraut, dass ihm klar war, dass sich hinter der Aufmerksamkeit, die er seinem Bier angedeihen ließ, das Brennen seines Blickes verbarg.
    Er würde doch wohl nicht glauben, dass Toms geistesabwesendes Pfeifen eine Anspielung war auf …
    »O nein, das stört ihn nicht«, sagte Quinn beiläufig. »Er hört keine Musik, der Mann, nur Worte. Also, und als es dann Zeit wurde zu …«
    Grey lächelte und täuschte höfliche Aufmerksamkeit gegenüber Quinns restlicher Geschichte vor, hörte aber kein Wort davon. Er war nicht nur über den Scharfsinn des Iren verblüfft – der sowohl seinen argwöhnischen Blick in Frasers Richtung bemerkt als auch den Grund dafür erraten hatte –, sondern zusätzlich über die beiläufige Feststellung, dass Quinn wusste, dass Fraser keine Töne hören konnte.
    Grey wusste das ebenfalls, obwohl er im Moment nicht daran gedacht hatte. In der Zeit, als er in Ardsmuir regelmäßig gemeinsam mit Fraser gegessen hatte,

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