Die Fäden des Schicksals
Geschäfte – Antiquitätenläden, Kunstgalerien, Designstudios, Boutiquen, Juweliergeschäfte, Restaurants und Buchläden –, bei denen ich Stammkundin bin, und dazu alle diejenigen, die ich aus dem Tennis-, Golf- und Reitclub kenne. Selbstverständlich hatten sie alle ihre Frauen, Lebensgefährten und sonstigen Angehörigen mitgebracht.
Die Partygäste waren so zahlreich, dass sie das gesamte Restaurant mit Beschlag belegten, was für auswärtige Besucher ziemlich frustrierend hätte sein können. Doch die Gefahr war nicht sehr groß. Den Touristen ist es noch zu kühl, und außerdem war es Donnerstag und damit noch nicht die Zeit für Wochenendausflügler. Die einzigen potenziellen Gäste des Grills waren also die Einheimischen, und die befanden sich, wie gesagt, allesamt auf meiner Party.
Selbstverständlich ist mir bewusst, dass sämtliche Gäste aus gutem Grund gekommen waren. Schließlich bin ich die reichste Frau in New Bern, vermutlich sogar in diesem Teil des Bundesstaates. Doch da bin ich mir nicht sicher. Franklin, mein Anwalt, kümmert sich um meine Geldanlagen und sonstigen finanziellen Angelegenheiten. Für die Details interessiere ich mich nicht besonders, doch Franklin sagt, ich hätte ausreichende Mittel, um es mir gut gehen zu lassen und in der Gemeinde als freigiebige Wohltäterin aufzutreten. Also tue ich beides. Meine Großzügigkeit könnte Sie auf den Gedanken bringen, dass viele meiner Geburtstagsgäste nur aus Pflichtgefühl gekommen sind – was ich ihnen auch nicht übel genommen hätte. Schließlich ist nichts daran auszusetzen, wenn man seine gesellschaftlichen Pflichten erfüllt – doch so war es nicht. Und das kann ich auch beweisen.
Irgendwann im Laufe des Abends musste ich zur Toilette und, da beide Kabinen besetzt waren, ein wenig warten. Dabei wurde ich unfreiwillig Zeuge einer interessanten Unterhaltung zweier Partygäste. Es ist schon komisch, dass Frauen lange, tiefschürfende Gespräche auf der Toilette führen, nicht wahr? Bei Männern kann ich mir das nicht vorstellen. Und ich selbst würde es auch gewiss nie tun, aber wenn man einen günstigen Standort wählt und sich ruhig verhält, kann man auf der Damentoilette eine Menge erfahren. Nun soll niemand denken, ich würde absichtlich lauschen, aber mal ehrlich, wen interessiert es nicht, was die Leute von einem denken? Es ist doch nicht meine Schuld, dass Frauen sich praktisch in aller Öffentlichkeit unterhalten müssen.
Eine der beiden war Grace Kahn. Ich kenne Grace schon seit vielen Jahren. Dreimal die Woche arbeitet sie ehrenamtlich in der Bücherei, und sie gehört auch dem Vorstand an. Bis sie sich vor einigen Monaten einer Knieoperation unterziehen musste, spielten wir vierundzwanzig Jahre lange jeden Mittwoch ein Tennisdoppel.
Die andere Stimme gehörte Margot Matthews, einer Frau, die ich erst an diesem Abend kennengelernt hatte. Ihr gehört ein kleines Kutscherhaus an der Marsh Lane, das sie bis vor nicht allzu langer Zeit nur am Wochenende bewohnte. Leute wie sie gibt es etliche in New Bern. Meist sind es New Yorker, die sich für die Wochenenden und die Sommerferien ein Haus auf dem Land zugelegt haben. Manchen Einheimischen sind sie ein Dorn im Auge, doch mir nicht. Die meisten von ihnen sind recht nette Leute, und außerdem fördern sie den Einzelhandel im Ort. Was gibt es daran auszusetzen? Ich fahre ja auch wegen der Annehmlichkeiten der Großstadt nach Manhattan. Warum sollten dann die Städter nicht das Recht haben, das Landleben zu genießen? Jeder braucht doch hin und wieder mal einen Tapetenwechsel.
Aber ich schweife ab. Ich sprach gerade von Margot Matthews.
Bis vor Kurzem arbeitete sie in Manhattan in der Marketingabteilung einer großen Firma, die Halbleiter oder etwas Ähnliches verkauft. Ich habe nicht so genau aufgepasst, als sie mir von ihrer Arbeit erzählte. Geschäftliche Dinge sind absolut langweilig. Doch als ich erfuhr, dass Miss Matthews als Kind Ballettunterricht genommen hatte, wurde das Gespräch wesentlich interessanter. Die Hobbys anderer Leute sind viel faszinierender als ihre Berufe, finden Sie nicht auch? Grace flüsterte mir ins Ohr, dass man die Ärmste freigestellt – also gefeuert – hatte und sie nun ständig in New Bern wohnen müsse, da sie aus finanziellen Gründen gezwungen sei, ihr Apartment in der Stadt zu vermieten, bis sie eine neue Stelle gefunden hat.
Sie war Grace aufgefallen, weil sie tagein, tagaus am gleichen Computer in der Bücherei saß und den
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