Die Fährte der Toten
Kreatur von ihrem Leiden zu erlösen? Ein Lächeln schleicht sich in seine Mundwinkel.
'So sieht man sich wieder.'
Er schüttelt den Kopf.
'Ich hätte auf sie hören sollen...sie hatte es schon damals gewusst...'
Petes Stimme klingt in Kyles Ohren wie Donnerhall. Diese Schmerzen, in seinem Kopf, in seinem ganzen Körper...
'Wie hast du mich gefunden?'
Pete spuckt Kyle vor die Füße, ohne den Blick von ihm abzuwenden.
'Ein Vöglein hat es mir gezwitschert.'
Kyle leckt sich über die Lippen.
'Ach ja...ich frag nur, weil, ich hatte eigentlich jemand anderes erwartet. Was dich angeht, um ehrlich zu sein, ich dachte, du wärst tot.'
'Wie du siehst, stimmt das nicht. Und spar dir deine Lügen. Du hast hier niemanden erwartet. Und schon gar nicht sie. Denn das hier...' Pete nickt in Richtung des notdürftig ausgehobenen Grabes '...hätte ihr gar nicht gefallen.'
Wobei das nicht ganz richtig ist, denkt Pete. Sie hätte diese Ratte einfach darin verscharrt. Gott, wie recht sie damals hatte. Sie hatte es gespürt. Ihr Instinkt hatte sie gewarnt. Auf Kyles verunstaltetem Gesicht erscheint die Karikatur eines Grinsens.
'Oh, da bin ich mir nicht so sicher. Ist doch ein netter Ort hier. Außerdem, so eine Familienzusammenführung hat doch auch was, oder? Falls es dich interessiert – hier irgendwo in der Nähe hat man die Überreste ihrer Familie verscharrt. Sie hätte es sicher zu schätzen gewusst, dass sie wieder mit ihnen vereint ist. Meinst du nicht auch?'
Pete schüttelt den Kopf.
'Dass du ein Schwein bist, überrascht mich nicht. Doch ich hätte es nicht für möglich gehalten, wie mies du wirklich - '
Ein erstickter Schrei lässt Pete zusammenzucken, und ruckartig geht sein Blick in Richtung des offenen Grabes. Sein erster Gedanke ist, dass es Lee ist. Hat er sie etwa lebendig begraben? Es ist nur ein kurzer Moment der Unachtsamkeit, nicht mehr als der Bruchteil einer Sekunde, doch er genügt Kyle. Mit einer blitzartigen Bewegung schwingt er den Spaten und schlägt Pete den Revolver aus der Hand. Pete sieht den Schlag noch kommen, doch er kann ihm nicht mehr ausweichen.
Kyle holt in einem weiten Bogen aus, um ihm den Schädel einzuschlagen, doch Pete duckt sich in den Angriff hinein. Er erwischt den Stiel, entreißt Kyle die Schaufel und verpasst ihm einen Tritt in den Magen, der ihn zu Boden schleudert. Pete hebt den Spaten wie ein mittelalterliches Schwert über den Kopf, als Kyle seine Automatik zieht und zweimal abdrückt.
Pete spürt, wie die Kugeln in seinem Körper einschlagen, aber er ignoriert den stechenden Schmerz und schwingt den Spaten mit einer Kraft, die aus blindem Hass gespeist wird. Das Spatenblatt dringt mit einem hässlichen Geräusch in Kyles deformierten Schädel ein und hebelt einen Teil seiner Schädelplatte einfach aus seinem Kopf heraus. Ein Stück pulsierender Gehirnmasse läuft amöbenmäßig quer über sein Gesicht, während er mit einem Ausdruck völliger Überraschung auf die Knie sinkt. Kyles Mund öffnet sich, als wollte er seiner Empörung Ausdruck verleihen, aber er bringt nur ein Krächzen heraus, als er langsam in die Knie bricht.
Pete lässt den Spaten fallen und taumelt schwer atmend zurück, während er die Hand auf die Wunde presst. Du musst durchhalten, schreit er sich innerlich an. Du musst! Wer auch immer in diesem Loch verscharrt wurde – niemand hat es verdient, so zu sterben! Nicht einmal diese Ratte, die du gerade umgelegt hast. Er macht ein paar Schritte in Richtung des Grabes, doch dann stolpert er und fällt vornüber. Mühsam versucht er, auf allen Vieren kriechend, das offene Grab zu erreichen, immer noch die Wunde mit seiner riesigen Hand bedeckend, als er ein Paar Stilettos vor sich sieht.
Fast muss er über diese Absurdität lachen - solch ein Schuhwerk, hier mitten in der Wüste. Mühsam sieht er zu der Frau auf. Um sie herum leuchtet ein blutroter Halo, als wäre sie ein dämonischer Engel, ein Wesen, das zwischen Himmel und Hölle wandert und nun gekommen ist, um zu entscheiden, auf welcher Straße er seinen letzten Weg gehen wird. Die Geistererscheinung betrachtet ihn von oben herab und spricht ihn dann mit ihrer bezaubernden Stimme an.
'Ich grüße dich, Hammerfist.'
'Wer bist du?'
Das Sprechen fällt ihm schwer, und er weiß nun, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt. Wer oder was auch immer dieses Wesen ist, es wird seine Aufgabe sein, die
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