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Die Fährte der Toten

Die Fährte der Toten

Titel: Die Fährte der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael White
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Wand und späht durch die noch leicht geöffnete Tür in den Kellerraum. Nichts zu sehen. Sie ist allein.
     
    So langsam drehen wir durch, was? Sie macht ein paar Schritte zur Treppe hin, die nach oben führt und deren Stufen sie anzugrinsen scheinen. Da! Wieder! Da ist jemand. Ihr Blick erhascht eine kleine Gestalt am oberen Treppenabsatz. Ein Kind? Sind ein paar Rotzlöffel eingestiegen und machen Zirkus? Unmöglich! Doch ihre Augen trügen sie nicht. Da ist ein Kind, ein kleines Mädchen. Und es kommt ihr irgendwie bekannt vor. Das Kind scheint den Finger an den Mund zu legen, und Lee beginnt sich zu erinnern. Sie geht vorsichtig ein paar Stufen hinauf auf das Kind zu und will es mit leiser Stimme ansprechen, als es urplötzlich verschwindet, fast so, als hätte sich einem Spuk gleich in Luft aufgelöst.
     
    Du musst raus hier, schießt es ihr durch den Kopf. Sofort. Warum weiß sie nicht, aber es spielt auch keine Rolle. Lee schleicht die Treppe hinauf und drückt langsam die Klinke nach unten. Ihre Hand spannt sich um den Griff des Messers, als sie langsam die Tür öffnet, die lautlos nach innen schwingt. Im Flur ist es ebenso duster wie unten im Keller. Warum zur Hölle ist hier eigentlich das Licht aus? Sie lässt es doch immer an.
     
    Mit zum Zerreißen gespannten Nerven macht sie einen Schritt in den Flur – und bemerkt erst im allerletzten Moment die Gestalt, die sich im Schatten neben der Tür postiert hatte und jetzt anscheinend für einen Moment ebenso perplex ist wie sie. Nur um dann mit einer Schnelligkeit zu reagieren, die selbst Lee überrascht. Bevor sie reagieren kann, hebt die Gestalt ihren rechten Arm hoch. Ein Mündungsblitz erhellt den Flur für den Bruchteil einer Sekunde, und das Geschoss zischt einen gefühlten Millimeter an Lees Gesicht vorbei.
     
    Der in ihrem Inneren brodelnde Zorn explodiert regelrecht und entlädt sich in einem animalischen Fauchen. Lee schleudert das Messer in Richtung ihres Feindes, und die Gestalt duckt sich zur Seite. Sie nutzt ihre Chance, stürzt sich mit einem Satz auf den Eindringling und rammt ihn mit aller Gewalt gegen die Wand.
     
    Ein Schmerzenslaut ist die Antwort, und Lee kann spüren, wie sie ihrem Gegner die Luft aus den Lungen presst. Bevor der Angreifer die Waffe wieder in ihre Richtung wenden kann, umschließt Lees Linke sein Handgelenk, während sich ihre Rechte in seine Kehle und seinen Nacken krallt. Ihre Lippen verziehen sich zu einem Grinsen, während sich ihre Finger langsam in Klauen verwandeln, die mühelos durch das weiche Fleisch gleiten und Sehnen und Knochen zerschneiden.
     
    Die Stimme in ihrem Innern kreischt Lee an ihr Opfer zu töten, zu zerfetzen, es in tausend Stücke zu zerreißen, während die Gestalt schmerzerfüllt aufschreit und versucht, Lee von sich weg zu drängen und gleichzeitig ihre Hand von seinem Gelenk und seinem Hals zu lösen. Lee rammt ihm mit voller Wucht das Knie zwischen die Beine und spürt, wie er sich zusammen krümmt. Sein Handgelenk immer noch zerfleischend, dreht sie ihrem Opfer brutal den Arm herum und knallt sein Gesicht mit aller Gewalt gegen die Wand. Seine Nase bricht mit einem hässlichen Knirschen. Sie holt mit der Rechten aus und rammt ihre Klaue durch seinen Nacken. Mit einem Zucken sackt die Gestalt zu Boden. Ein Gefühl von Befriedigung macht sich in Lee breit und die Anspannung lässt ein wenig nach.
     
    Der Geruch von Blut steigt ihr in die Nase, und sie spürt sofort, wie sich der Hunger zu regen beginnt. Wie in Trance betrachtet Lee ihre blutverschmierte Hand, an der einzelne Fleischfetzen hängen. Was hat sie getan? Wie konnte sie sich so gehen lassen? In ihrer eigenen Zuflucht?
     
    Lees klauenbewehrte Hand zittert ein wenig, und ihre Zunge gleitet nervös um ihre Fänge herum. Sie schließt die Augen, während Zorn und Gier erneut in ihr hochlodern und sie zu verführen versuchen, sich am Blut ihres Opfers zu weiden. Nein, schreit sie sich innerlich an. Ich bin die Herrin meiner selbst! Niemand bestimmt über mein Schicksal! Niemand erteilt mir Befehle! Nicht einmal du!
     
    Sie wendet sich ihrem Opfer zu, das mit gebrochenen Augen in die Dunkelheit starrt. Ein Mann, Anfang dreißig, schwarzer Anzug. Schnell durchsucht sie die Leiche. Keine Papiere, keine Hinweise, die ihr verraten könnte, wer er war. Ein Profi, denkt sie. Sie knirscht mit den Zähnen. Dafür wird jemand büßen. Doch alles zu seiner Zeit. Jetzt muss sie definitiv von hier verschwinden. Hier ist sie nicht mehr

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