Die Fährte der Toten
der besten Hotels der Stadt in die Hand gedrückt und ihr ungläubiges Gesicht höflich übersehen '...in Zimmer 602 vorstellig werden.'
'Das ist ein Witz, oder? Du willst mich verarschen.'
Statt einer Antwort hatte Luz ihr fünf Scheine auf die Theke gezählt, sie freundlich angelächelt und sich mit einem 'Ich hoffe, wir sehen uns später' verabschiedet.
Tanya hatte erst Luz hinterher gestarrt und dann schnell das Geld eingesammelt, bevor Gerald was davon mitkriegen und irgendwas von einer Provision faseln konnte, die ihm angeblich zustünde. Sie hatte sich noch einen Drink bestellt und eine gefühlte Ewigkeit hin- und her überlegt, bevor die Gier über die Vernunft gesiegt hatte. Wäre sie nicht so verflucht abgebrannt und obendrein völlig durch den Wind gewesen – sie hätte die Kohle genommen und wäre mit dem nächsten Bus aus der Stadt abgehauen.
Stattdessen hatte sie sich ein Taxi genommen und war zum Hotel gefahren. Man hatte sie zwar mit einem skeptischen Blick bedacht, sie aber anstandslos durchgewunken, als sie den Namen des Typen nannte, der sie engagiert hatte. 602 war eine von diesen modernen Suiten. Ein wundervoller Panoramablick über die Stadt, die einem Meer aus Licht, Stahl und Asphalt glich. Die Einrichtung kühl und minimalistisch in Schwarz-Weiß eingerichtet. Eine Nasszelle, die komplett mit Glas eingekleidet war. Diese Designer spinnen halt alle, hatte sich gedacht. Wer lässt sich schon gern beim Pinkeln zugucken?
Luz, der sie hineingelassen hatte, hatte sich dezent im Hintergrund gehalten und die Tür hinter ihr verschlossen, während sie nur herumgestanden und all den Luxus bestaunt hatte. Ein leichtes Räuspern hatte Tanya wieder ins Hier und Jetzt zurück katapultiert, woraufhin ihr Blick auch den in einen maßgeschneiderten Anzug gekleideten Mann erfasst hatte, der es sich in einer Ecke in einem Sessel bequem gemacht hatte. Das musste wohl der Klient sein, von dem Luz die ganze Zeit gefaselt hatte.
Eigentlich alles ganz normal. Nur hatte Tanya sich in seiner Anwesenheit sofort unwohl gefühlt und ihre Nervosität zu überspielen versucht, indem sie die sich ausbreitende Stille unterbrach.
'Nun, da bin ich...haben Sie spezielle Wünsche? Musikuntermalung? Soll ich was Besonderes anziehen?'
Der Mann hatte sie nur mit einem völlig leeren Blick taxiert, wie ein Stück Fleisch in der Auslage eines Supermarktes.
'Nur damit keine Missverständnisse aufkommen – ich bin zum Tanzen hier. Für nichts sonst. Wenn das nicht deutlich geworden sein sollte, können Sie die fünfhundert zurück haben...'
'Keine Sorge. Wir können direkt anfangen, glaube ich.'
Luz Stimme. Hinter ihr. Nah. Zu nah für ihren Geschmack.
Inzwischen hatte sich der Klient erhoben, sich in aller Ruhe sein Jackett ausgezogen, es mit einer lässigen Bewegung auf das Bett geworfen – und sich dann ebenso entspannt schwarze Lederhandschuhe über die Finger gezogen. Für eine Sekunde war Tanya völlig irritiert, aber dann hatte sie blitzschnell die Situation erfasst und noch versucht, mit einem Sprung zur Tür zu kommen. Blöderweise hatte Luz was dagegen gehabt und ihr das so rüde wie überzeugend mitgeteilt, indem er ihr seine Faust in den Magen geknallt hatte.
Und jetzt sitzt sie auf dem Arsch und kann sich die Erkenntnis gutschreiben, dass sie ein echtes Problem hat. Tanya überlegt hektisch, wie sie an den beiden Scheißkerlen vorbei zur Tür kommen kann, als der Schrank sie auf eine knappe Geste seines Herren hin rüde hochzerrt und ihr die Arme brutal auf den Rücken dreht. Tanya unterdrückt mühsam ein Schmerzenslaut und versucht sich zu wehren, aber egal wie sie sich windet und nach hinten austritt, sie bekommt keinen Millimeter Spielraum.
Währenddessen baut sich der Klient vor ihr auf und schüttelt leicht tadelnd seinen Kopf. Versonnen betrachtet er erst seine in mattes schwarzes Leder eingehüllte Faust und dann ihr Gesicht, bevor er seine Arme noch einmal ausschüttelt um sie zu lockern. Warum zur Hölle hat sie nicht wenigstens Gerald gesagt, wo sie hingeht? Na ja, nächstes Mal, nicht wahr? Nur dass es kein nächstes Mal mehr geben wird, denkt sie.
Innerlich bereitet sich Tanya auf den Schlag vor – und sieht dann völlig fassungslos zu, wie hinter dem Kerl eine Gestalt aus den Schatten tritt und seinen nach hinten reißt. Das Aufblitzen einer Klinge, und im nächsten Moment spritzt Tanya eine warme Flüssigkeit ins Gesicht.
Der
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