Die Fährte der Toten
gegenüber Nutten. Jeder wusste davon, keiner mischte sich da ein. Bis vor kurzem. Da tat das jemand. Und zwar sehr gründlich.'
'Was ist mit ihm passiert?'
'Er wurde mit seinem Leibwächter in einem Nobelhotel nach guter alter kubanischer Sitte geschlachtet.'
Kyle kneift die Augen zusammen.
'Sie meinen, der Gleiche, der Manzana und seinen Bodyguard umgelegt hat, war auch hier zugange?'
Hendricks nickt.
'Könnte sein. Sieht fast so aus, als wenn wir hier einen Killer haben, der sich vorgenommen hat aufzuräumen, in wessen Auftrag auch immer. Nur wüsste ich niemanden, der hier einen Krieg anzetteln will. Was Raum für Spekulationen lässt.'
'Und welche wären das?'
'Das hier jemand rumschleicht, der eine ziemlich üble Laune hat. Und eine Liste mit Leuten, an denen er sie auslassen will. Und der so lange weitermachen wird, bis er alle Namen auf der Liste durch hat.'
'Ein Psychopath?'
'Nicht zwingend. Es sei denn, Sie würden Hass als Krankheit akzeptieren.'
'Wie kommen Sie darauf?'
'Ganz einfach – wer auch immer das hier getan hat, war zornig. Sehr zornig. Aber gleichzeitig auch kalt bis ans Herz. Ein gestörter Täter hätte sich in einen Rausch gesteigert und nicht aufhören können. Hier – hat jemand gezielt nach der Halsschlagader gesucht. Wie gesagt, ich verstehe nicht, warum hier so wenig Blut ist...'
Hendricks stockt ein wenig, bevor er weiterspricht und hebt abwehrend die Hände.
'Wahrscheinlich gibt es eine ganz unspektakuläre Erklärung. Ändert aber nichts daran, dass ich inständig hoffe, demjenigen nie zu begegnen, der das getan hat.'
'Das hoffe ich auch. Sehr sogar', sagt Kyle, während er vorsichtig eine Stelle unter seinem Auge berührt.
Doch schon in dem Moment, in dem ihm die Worte über die Lippen kommen, weiß er, dass seine Bitte nicht erhören werden wird.
***
'Ich weiß, dass es spät ist. Aber ich brauche die Informationen jetzt. Also - erzählen Sie es noch mal.'
Kyle trommelt mit den Fingern auf der Tischplatte herum. Erst hat man ihn ewig in der Warteschleife hängen lassen, und jetzt muss er diesem Schreibtischhengst alles einzeln aus der Nase ziehen. Der Idiot quengelt derweil weiter ungerührt in den Hörer.
'Das steht doch alles in den Akten und - '
'Das weiß ich. Ich will es aber nicht aus den Akten. Ich will es von Ihnen hören. Sie waren da. Also – erzählen Sie es mir. Wie sahen die Leichen aus, als Sie sie gefunden haben?'
Meyers seufzt leise. Gleich fängt das Spiel an. Er sollte schon längst mit den Jungs in der Bar sitzen. Warum muss dieser Idiot ausgerechnet jetzt noch anrufen und ihn mit dieser Sache nerven? Gebt endlich Ruhe, Himmel Herrgott nochmal. Es hat ein Riesen-Arschloch erwischt – also warum dieser Aufstand. Auch wenn es Dinge gibt, die man selbst seinem ärgsten Feind nicht wünscht.
'Ok...also...dem einen hatte man die Kehle herausgerissen und eine Krawatte verpasst, dem anderen ein Messer ins Herz gerammt und ihm danach das gleiche Programm angedeihen lassen...hören Sie, ich habe jetzt keine Zeit für diese Sache, kommen Sie einfach morgen rein und sehen Sie sich den Bericht an - '
'Ok, werde ich machen. Beantworten Sie mir einfach noch eine Frage, dann sind Sie mich los. Also, gab es irgendetwas Auffälliges? Irgendetwas, was Sie auf Anhieb irritiert hat?'
Meyers überlegt kurz.
'Ja, eine Sache. Gemessen an der Sauerei, die da angerichtet wurde, hätte alles in Blut schwimmen müssen. Hat es aber nicht. Fragen Sie mich aber bloß nicht nach dem Grund. Die Spurensicherung kann es sich auch nicht erklären.'
Meyers verfällt in Schweigen. Fürchterliche Bilder bahnen sich ihren Weg in seine Erinnerungen zurück. Wer macht so etwas? Das war wahrscheinlich nicht einmal ein Mensch, der das angerichtet hat. Nein, das muss ein Monster gewesen sein.
'Wenigstens hatte das Mädchen, das sich dieser Scheißkerl gekauft hatte, Glück und war schon weg als es losging - '
'Oder jemand hat sie mitgenommen...'
'Was meinen Sie?'
'Nichts. Vergessen Sie, was ich gerade gesagt habe. Sie haben mir sehr geholfen.'
Bevor Meyers zu einer Antwort ansetzen kann, hat Kyle schon aufgelegt.
Irritiert schaut Meyers auf den Hörer, der ihn nun fröhlich antutet. Arrogantes Arschloch. Egal, er muss jetzt los. Der Feierabend und das Spiel warten auf ihn.
***
Kyle sitzt auf seinem Bett und massiert sich die Stirn,
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