Die Fährte des Nostradamus
gab es nicht mehr. Zuviel war geschehen und Elaine erinnerte sie täglich daran, sich ihrer Aufgabe zu stellen. In diesen Tagen lernte sie viel über Magie und liebte es, sich mit Naturgeistern zu unterhalten. Auch mit ihren Tieren konnte sie nun in einer gedanklichen Bildsprache kommunizieren, was besonders ihr Pferd Spock erfreute.
Sie lernte an der Aura eines jeden Lebewesens dessen Gemütszustand zu erkennen, und stellte mit Freuden fest, dass die Heilkraft ihrer Hände um ein vielfaches stärker geworden war.
Steve lebte unterdessen wieder mit Collum in der Fischerhütte, und dachte oft an Kirsten. Collum kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, als sein Sohn ihm von seinem Abenteuer berichtete. Überhaupt konnte er die mysteriöse Geschichte nur deshalb glauben, weil er Steves Genesung stets vor Augen hatte.
Eines Tages stand Kirsten unangemeldet vor der Hütte und überraschte die Männer. Collum und sein Sohn waren gerade dabei, die Hütte winterfest zu machen, um in der kalten Jahreszeit die kleine Wohnung in Mouse zu beziehen. Steve war ein neuer Mensch geworden. Er nahm wieder am Leben teil und schaffte es hin und wieder sogar seinen Vater in ein Kino oder eine Kneipe zu locken. Auch Collum war glücklich. Nichts hätte er sich sehnlicher gewünscht, als das sein Sohn wieder ein normales Leben führen können würde.
Die Reinkarnation des Merlin zu sein, bereitete Steve Schwierigkeiten.
„Glaubst du, das ich diese Erbe wirklich antreten muss?“, fragte er eines Tages, als er mit Kirsten durch die Küstenlandschaft wanderte. Kirsten schaute verträumt zum Meer hinaus, und dachte über seine Worte nach. Gerade heute war seine Ähnlichkeit mit dem Gemälde im Englischen Museum so frappierend groß. Steve trug einen langen Ledermantel, und seine Haare wirbelten im stürmischen Küstenwind umher. Wie ein Magier, der die Gewalten der Natur beschwor, stand er auf einen Felsen, und schaute auf die aufgewühlte Nordsee.
„Niemand, selbst ich nicht, kann dir diese Entscheidung abnehmen, Steve. Auch du hast dein Schicksal zu erfüllen, und wer weiß, vielleicht hast du es bereits getan, als du mir zur Seite standest. Wie auch immer du dich entscheidest, Merlin wird immer ein Teil von dir sein, sowie Elaine ein Teil von mir ist.“
Die Tage vergingen, und Steve erlebte die Unbeschwerteste Zeit seines Lebens. Eines Tages beschloss er, sich mit seinem Erbe erst dann wieder zu beschäftigen, wenn es die Situation erfordere. Anders als Kirsten, setzte er sich nicht mit dem magischen Teil seines Ich auseinander, und versuchte die fremden und doch so vertrauten Gedanken zu ignorieren. Er wusste intuitiv, dass seine Zeit noch nicht gekommen war, und ließ sich in dieser Hinsicht treiben. Collum ließ er, ebenso wie Kirsten ihre Eltern, über diesen Teil der Geschichte im Unklaren.
Dekan Earlington kam Kirstens Wunsch, sich für ein Jahr beurlauben zu lassen, nur zähneknirschend entgegen. Er wusste, was er an der aufgeweckten Professorin hatte, und versuchte vergebens, sie von ihrem Entschluss abzubringen.
Eines Tages, als sie in einem Café am Hafen von Mousehole saßen und die Aussicht genossen, überraschte Kirsten Steve mit einer Frage, die ihr schon lange auf der Seele brannte.
„Steve, sag mal... Dieser Eckzahn“, Kirsten griff unter ihre Jacke, und fischte den Anhänger heraus. „Kannst du mir sagen, wie du... wie Merlin in seinen Besitz gekommen ist?“
Steve schrieb gerade eine Postkarte an Festus und Betty. Er schaute auf und grinste. Diese Frage musste ja irgendwann kommen, dachte er und grinste.
„Gefunden!“
Kirsten schaute ungläubig.
„Gefunden? Einfach so zufällig gefunden? Das kauf ich dir nicht ab. Erzähl schon.“
„Naja, zufällig natürlich nicht. Du kennst ja den Wald von Paimpont und seine Geschichte. Zauberwald wird er schließlich auch genannt. Es gab damals“, Steve lachte, „damals, wie sich das anhört. Als wenn das erst ein paar Jahre her ist. Wie dem auch sei. Es gab damals in Paimpont ein Waldstück, das der schwarze Ort genannt wurde. Es war ein wahrlich dunkler Ort, und die Bezeichnung mehr als treffend. Dort blühte kein Strauch, kein Baum ragte in den Himmel, und die Tiere des Waldes mieden ihn, wie eine vergiftete Wasserstelle. Merlins Wanderungen führten ihn oft in die Nähe des schwarzen Ortes, doch auch er war vorsichtig genug, die unsichtbare Grenze nicht zu überschreiten. Die Menschen erzählten sich sonderbare Geschichten über ihn,
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