Die Fährte des Nostradamus
standen zwei ordentlich gemachte Betten, die ein kleines Nachtschränkchen voneinander trennte. In der Mitte des Raumes stand ein derber Holztisch sowie zwei Stühle, die, klobig wie sie waren, sicher aus eigener Herstellung stammten. Auf einem der Stühle saß der Mann, den Kirsten schon vom Hubschrauber aus gesehen hatte. Steves Vater.
Seine schwieligen, sonnenverbrannten Hände hielten einen Kaffeebecher in fester Umklammerung. Die meisten Finger trugen zerfranste Pflaster und die Handrücken waren von Kratzern übersäht.
Irgendetwas Interessantes schien in seinem Becher zu schwimmen, denn sein Blick blieb stur auf seinen Inhalt gerichtet.
„Milch und Zucker haben wir hier nicht“, brummte er, ohne aufzuschauen.
„Mein Name ist Kirsten Moreno“, stellte sich Kirsten freundlich vor und hielt Steves Vater die Hand hin.
„Collum“, kam es brummend zurück. Kirsten war überrascht, als der alte Bär tatsächlich ihre Hand nahm.
„Mr. Harris. Mir ist völlig klar, dass wir hier nicht willkommen sind“, begann Kirsten ihr Eintreten zu erklären.
„… aber wir sind auch gleich wieder weg. Ich bräuchte nur ein etwas abgedunkeltes Plätzchen mit Stromanschluss. Draußen ist es zu hell für meine Geräte, verstehen Sie?“
Collum Harris schaute auf und musterte die Besucherin, die mit einem entwaffnenden Lächeln immer noch seine Hand hielt.
„Dann werde ich mal das Kabel rein holen“, brummte der Riese wortkarg und stand schwerfällig auf.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, dachte Kirsten amüsiert, während sie ihre Geräte auf den Tisch ausbreitete.
Collum kam mit der Verlängerung herein und hielt sie Kirsten hin.
„Haben Sie vielen Dank, Mr. Harris. In ein paar Minuten haben Sie ihr Reich wieder ganz für sich allein“, versprach Kirsten und machte sich an die Arbeit.
Fünfzehn Minuten später stand Kirsten wieder in der Tür. Sie fand Collum und Steve Harris einträchtig mit dem Botschafter auf der Bank sitzen, wo sie schweigend die Sonne genossen. Mit einem gekünstelten Räuspern machte Kirsten auf sich aufmerksam.
„Haben die Herren noch etwas Platz für eine alte Professorin?“, scherzte sie und drängelte sich zwischen Vater und Sohn. Die Männer murmelten Unverständliches, machten Platz und schauten Kirsten erwartungsvoll an.
„Tja, Männer. Ich fürchte, ich muss Sie ein wenig enttäuschen. Den Text zu entschlüsseln, war kein Problem. Der Inhalt aber ist sehr kurz und hat eventuell keine große Aussagekraft. Aber was rede ich, machen Sie sich selbst ein Bild davon. Ich habe für jeden einen Ausdruck gemacht.“
Kirsten hatte vorsorglich einen tragbaren Drucker dabei und reichte jedem der Männer einen Ausdruck des Textes.
Collum überflog die Seite gelangweilt und legte sie dann achtlos auf den Tisch. „Ich kann kein französisch.“
Sheldon sah sich den Text schon etwas interessierter an und grübelte still vor sich hin.
Nach einer Weile schüttelte er jedoch den Kopf und legte den Text ebenfalls auf den Tisch. „Ich auch nicht.“
Steve konnte seine Augen nicht von dem Papier lassen. Immer wieder nickte er, als wollte er den Worten zustimmen. Kirsten sah Steve zum ersten Mal grinsen, seit sie hier eingetroffen waren und spürte, das sie der verschlossene Mann zu interessierten begann.
„Was ist, ergibt das etwa einen Sinn für Dich?“, fragte Sheldon. „Was steht denn da.“
Collum stand schnaufend auf und ging ein paar Schritte.
„Ich werde mal den Strom wieder abdrehen. Und du solltest Deinen Gästen langsam mal was erzählen, anstatt wie ein Kiffer in die Sonne zu grinsen“, meinte er und stapfte zum Schuppen.
„Also, Indianer. Wenn Du was zu sagen hast, spuck es endlich aus.“
Steve lehnte sich lächelnd zurück, schloss die Augen und ließ die Hand mit dem Ausdruck scheinbar erleichtert auf seinen Schoss sinken.
„Dort wo Merlins Reise endete, beginnt der Weg des Auserwählten, steht hier.“
Sheldon konnte sich nicht erinnern, wann er Steve zum letzten Mal lächeln sah.
„Das macht sehr wohl einen Sinn, Ed. Du musst wissen, dass ich nach meinem… Unfall, die Zeit nicht nur mit Fischen verbracht habe. Die Suche nach dem Schlüssel der Centurien, wie Nostradamus seine Prophezeiungen nannte, habe ich nie ganz aufgegeben.
Ich hatte bei Stargate so einiges erfahren, was wirklich erstaunlich war. So gibt es tatsächlich glaubwürdige Zeitzeugen von Nostradamus, die von Prophezeiungen erzählen, die geschichtlich gesichert eintrafen.“
Steve
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