Die Fährte des Nostradamus
während die anderen weiter die Augen offen hielten.
La Doux selbst wollte sich keine Pause erlauben. Er war von dem Gedanken besessen, die Deutsche als erster zu entdecken.
Ohne es zu ahnen, stand er in Sheldons unmittelbarer Nähe, und beobachtete zunächst beiläufig die drei Frauen, die mit ihren Kerzen über den Zaun stiegen.
Ihre Aufführung zog ihn sofort in ihren Bann. Fast körperlich spürte er den Zauber, der sich plötzlich über den Platz spannte. Die Trommeln der jungen Männer zogen ihn immer mehr in eine Wahrnehmung, die er bis dahin nicht kannte. Plötzlich hatte er das Gefühl, allein auf dem Platz zu stehen. Allein mit den Frauen und den Trommlern. Alle anderen Menschen, selbst der Wald rings um ihn herum, lösten sich in diffusen Nebel auf. Dröhnender Trommelschlag drang dumpf in sein Gehör und verursachten ihm leichte Übelkeit. Seine Augen wurden magisch von der Frau im roten Kleid angezogen. Von ihr ging eine besondere Aura aus und ein letzter, wacher Teil seines Verstandes sagte ihm, dass diese Frau die gesuchte Kirsten Moreno war. Aber nun war alles anders. Er spürte nicht das berauschende Gefühl des Jägers, der endlich seine Beute vor Augen hatte. Er dachte nicht an die Verwirklichung seiner Pläne, die nun in greifbarer Nähe gerückt war. Diese Pläne gab es nicht mehr.
Jacques La Doux Seele schrie auf und wandte sich im Schmerz einer Trauer, die ihn zu verbrennen drohte. Er weinte, ohne auch nur eine Träne vergießen zu können, denn sein Körper existierte nicht mehr physisch. Eine Empfindung, als trenne sich Körper von Seele überwältigte ihn und drohte ihn in den endgültigen Wahnsinn zu treiben.
Dann stand diese Frau vor ihm. Diese wunderschöne weise Frau und berührte sanft seinen Geist. Mit der Stimme seiner Mutter, die gleichzeitig die seiner Schwester war, sprach sie Worte, in denen eine wunderschöne Melodie mitschwang. Es war, als würden die Stimmen seiner Lieben sein wahres Ich rufen, um es, wie nach einer langen Irrfahrt, wieder in seinen Körper zu geleiten. Dorthin, wo sich etwas Fremdes eingenistet hatte, das nicht dort existieren durfte.
Jäh verdichtete sich sein Körper wieder. Fasziniert sah er, wie ein heller Schein vom Himmel zu ihm herab sank und direkt vor seinen Augen stehen blieb. Sanft berührte die Erscheinung seine Stirn, schmiegte sich um seinen Geist der sich schon lange nach einer liebevollen Umarmung sehnte. Gleichzeitig brüllte ein markerschütternder Schrei durch sein Bewusstsein. Das Licht erreichte nun jene Stelle, in der sich der Wahnsinn ausgebreitet hatte.
Jacques La Doux brach wimmernd zusammen, als der Schatten aus seinen Verstand floh.
Auch Sicherheitschef Nicolai Gar hatte die Szene am Grab aufmerksam beobachtet, während er an einem Getränkestand Limo trank. Nachdem die Menge sich langsam auflöste, versuchte er routinemäßig Kontakt mit La Doux aufzunehmen. Als dieser sich nach mehreren Versuchen jedoch weder meldete, noch irgendwo zu sehen war, machte er sich beunruhigt auf die Suche. Nach kurzer Zeit fand er La Doux in einen erbärmlichen Zustand neben einen Baum liegen und rief seine Leute zusammen.
La Doux ließ sich nur widerwillig helfen. Er erkannte seine Sicherheitsleute nicht und wehrte gegen jede Hilfestellung.
„Die Frau… diese Frau… Mutter“, lallte er benommen, und starrte Gar hilflos an.
Nur langsam fand La Doux zur Realität zurück, blieb aber weiterhin nicht ansprechbar. Gar blieb nichts anderes übrig, als den Benommenen zur Seite zu nehmen und einem seiner Leute den Befehl zu geben, eine Erfrischung für ihren Chef zu besorgen.
Es dauerte eine Weile, bis La Doux endlich soweit war ohne Hilfe aufzustehen und auf den wackeligen Beinen zu bleiben. Mit trübem Blick schaute er sich um und versuchte ein paar Schritte zu gehen. Es blieb bei einem kläglichen Versuch, denn seine Beine wollten ihm nicht gehorchen. „Wo ist die Frau, Nicolai. Die Frau…“
Gar verstand nicht, was sein Chef von ihm wollte und fing an, sich ernsthaft Gedanken um den Geisteszustand seines Chefs zu machen.
„Na die Frau, Nicolai. Aus der meine Mutter und meine Schwester gesprochen haben. Die Frau… Eben hatte sie diese Vorführung gemacht, mit den anderen Frauen. Mit den Trommlern…“
Jetzt erst dämmerte Gar langsam, was sein Chef ihm sagen wollte. Mit knappen Anweisungen machte er seinen Leuten klar, das La Doux die – vermeintliche, Folkloregruppe auf der Stelle zu sprechen wünsche.
Augenblicklich
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