Die Fährte des Nostradamus
dachte darüber nach, meinte dann aber: „Ja und nein, Ed. Woher wollten die wissen, das La Doux die Centurien nicht hatte. Doch nur, wenn sie mit ihm geredet haben. In diesem Fall wird La Doux denen so einiges erzählt haben. Unter anderem auch, dass wir die Centurien nicht besitzen. Nein, die denken sicher nicht, dass wir die haben. Auf den Fersen werden die uns aber trotzdem sein, weil wir sie zur Beute führen werden. Womit sie richtig liegen, falls wir tatsächlich fündig werden. Was meinst Du.“
„Steve hat Recht“, meldete sich Kirsten zu Wort. „Wenn ich ein Killer wäre, würde ich es so machen. Aber wie gesagt, wir wissen nicht, ob La Doux tatsächlich ermordet wurde.“
Die Abbaye de Langonnet befand sich außerhalb Langonnet auf einen flachen Hügel, und tauchte plötzlich hinter einer Kurve direkt vor ihnen auf.
Sheldon parkte den Wagen auf dem winzigen Parkplatz und wunderte sich über das ebenso kleine Bauwerk.
„Eine Abbaye habe ich mir größer vorgestellt“, meinte Sheldon und stellte den Motor ab.
Auf einem schmalen Kiesweg schlenderten sie den Hügel hinauf und erkannten schon vom Weiten, dass an dem alten Gebäude Renovierungsarbeiten vorgenommen wurden. Arbeiter waren nicht zu sehen, obwohl die Doppeltür der Abbaye weit geöffnet stand, und einige Maschinen und Werkzeuge herumlagen. Das gesamte Gebäude war von Baugerüsten umzäunt und der feuchte Geruch von Zement und Gips hing in der Luft. Schweigend betraten sie die Abbaye. Auch hier standen Baugerüste an den Wänden. Grelle Strahler erleuchteten die Halle, hüllten sie in kaltes Licht und nahmen ihr die spirituelle Würde. Das gesamte Inventar der Abbaye fehlte und wurde für die Dauer der Renovierung an einem anderen Ort gelagert. Keine Bänke, keine Kanzel und… keine Bilder oder Gemälde.
„Das war wohl nichts“, meinte Sheldon spöttisch. „Nichts für ungut Kirsten, aber wenn mal nichts passiert, kann ich mich darüber auch freuen. Meist sind es ja nicht gerade schöne Dinge, die wir erleben.“
Kirsten boxte Sheldon scherzhaft in die Seite. Sie konnte ihn gut verstehen, war aber enttäuscht, hier nichts Interessantes zu finden.
„Schade, aber hier gibt es wirklich nichts für uns zu sehen, Männer.“ Kirsten schaute Steve und Sheldon resignierend an und wollte sich gerade zum gehen umdrehen, als vom Eingang her Schritte zu hören waren.
Neugierig schauten sie sich um. Im Eingang zeichnete sich der scharfe Umriss einer Frau ab, die sicher schon älter war. Ihre Körperhaltung sprach jedenfalls dafür. Die alte Dame stand nur da, und schaute zu ihnen herüber.
„Die hat sicher Angst vor Fremden“, meinte Steve und winkte ihr freundlich zu.
„Wenn ich zwei so finstere Typen in einer Kirche sehen würde, hätte ich auch keine Lust mehr auf Beten“, meinte Kirsten. „Kommt, hier gibt es für uns ja doch nichts zu sehen. Vielleicht finden wir draußen jemanden, der uns etwas zu diesem Bild sagen kann.“
Die Frau machte unsicher einen Schritt in die staubige Halle, blieb dann aber wieder stehen, als sie die Gruppe auf sich zu kommen sah. Ängstlich tippelte sie, gestützt von einem Gehstock zur Seite, und blieb dort stehen.
Als Kirsten mit der Frau auf einer Höhe war, bestätigte sich ihre Vermutung, dass es sich um eine ältere Dame handelte. Neugierig und ängstlich zugleich schauten zwei dunkle Augen aus einem Gesicht, das von unzähligen Falten durchzogen wurde. Das Haar war straff zu einem Dutt zusammen gesteckt. Gebeugt vom hohen Alter reichte ihr Kopf gerade an Kirstens Schulter. Gekleidet war die alte Dame von Kopf bis Fuß in schwarz, was offenbar typisch für die Alten dieser Gegend war. Eine von Gicht gezeichnete Hand stützte sich auf den viel zu dünnen Gehstock. Die alte Dame stützte sich so schwer ab, dass ihre Handknöchel weiß hervortraten und der Stock zitterte.
Kirsten lächelte der Frau freundlich zu und versuchte ihr ein wenig die Angst zu nehmen. Steve und Sheldon schlichen vorsichtig an den Frauen vorbei und warteten draußen.
Die alte Dame nahm die Männer überhaupt nicht war. Unentwegt starrte sie Kirsten an, die nun den Männern folgen wollte.
„Grande Dame Elaine.“ Es war nur ein flüstern, das über die faltigen Lippen der alten Frau kam, aber Kirsten nahm ihre Worte überdeutlich wahr. Abrupt blieb sie stehen. Ein kalter Schauer rieselte über ihren Rücken.
„Bitte? Was haben Sie gesagt“, fragte sie stockend. Automatisch, flüsterte auch sie.
Die alte Frau
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