Die Fährte des Nostradamus
ihr und den Männern gesponnen, der durch nichts zerstört werden konnte.
Die alte Frau war inzwischen wieder zur Treppe gegangen, und wartete dort neben dem Mann, der ergriffen seine Hände knetete.
Wenig später stiegen alle wieder die Treppe hinab und traten ins Freie. Von der Abbaye her waren Maschinengeräusche zu hören. Die Arbeiter hatten inzwischen ihre Arbeit wieder aufgenommen, und schwirrten geschäftig umher.
„Sie sind Engländer, richtig?“ Der fremde Mann überraschte mit einem akzentfreien Englisch.
„Mein Name ist Pater Hanson“, stellte sich der Pater schüchtern vor. Sein eingefallenes, rötliches Gesicht gab ihm das aussehen eines Totengräbers aus dem wilden Westen, doch seinen lebendigen Augen strahlten in einem warmen braun, das an die treuen Augen eines Hundes erinnerte.
„Wundern Sie sich bitte nicht über einen amerikanischen Geistlichen in Frankreich. Ich bin gebürtiger Franzose. Mutter waschechte Bretonin, Vater amerikanischer GI der hier nach dem Krieg sein Glück gefunden hatte. Ich bin sozusagen zweisprachig aufgewachsen.“
Hanson sprach mit Stolz über seine Eltern, blickte sonst aber etwas verstört drein. Er kannte das Bild der Elaine von Kindesalter an und gehörte, außerdienstlich sozusagen, einer kleinen Gruppe an, die sich für den Erhalt alter Legenden einsetzte. Die Sage von Elaine die sich dem Teufel entgegen gestellt hatte, war eng mit der Geschichte Langonnets verwurzelt, und lag der Gruppe besonders am Herzen. Als die Renovierungsarbeiten an seiner Abbaye begannen, brachte er das Gemälde höchstpersönlich zu einem Restaurator nach Rennes. Die Farbe war im Laufe der Zeit stark verblasst, und Pater Hanson war überglücklich, als er vor einigen Tagen sein Schmuckstück in neuem Glanz zurückbekam.
„Können Sie mir bitte erklären, warum Sie der Abbaye einen Besuch abstatten? Sind Sie Anhänger der Elaine?“
Erwartungsvoll, und ihr schien, hoffnungsvoll, schaute er Kirsten an.
„Sie müssen wissen, dass diese Legende quasi eine Passion für mich ist und ich soviel wie möglich darüber in Erfahrung bringen möchte…“
Kirsten stand noch im Bann des eben erlebten, und ein Blick zu den Männern sagte ihr, das auch sie jetzt nicht für lange Erklärungen aufgelegt waren.
„Wie soll ich sagen…“ Kirsten wusste nicht auf die Frage des neugierigen Geistlichen zu antworten
„Wir sind nur ein paar neugierige Touristen und wollten die Abbaye besuchen“, fiel Sheldon Kirsten ins Wort. „Ihre Bekannte hat wohl unsere Enttäuschung erkannt, als wir die leer geräumte Abbaye vorfanden. Sie war so nett, uns hierher zu führen. Wohl wegen der Ähnlichkeit unserer Freundin mit der Dame auf dem Bild.“
Dem Gesichtsausdruck des Paters nach hatte er eine andere Erklärung erwartet, gab sich jedoch schweigend zufrieden.
„Haben Sie vielen Dank Pater. Wir haben noch ein paar Stationen auf unserem Wunschzettel, die wir unbedingt sehen wollen. Ist ja auch eine wunderschöne Landschaft hier…“
Sheldon wollte so schnell wie möglich wieder ins Gasthaus zurück.
„Vielleicht sehen wir uns wieder, wenn Ihre Abbaye renoviert ist. Wir würden gern das Bild an seinem angestandenen Platz bewundern.“
Pater Hanson schüttelte allen zum Abschied herzlich die Hände. Als er Kirstens Hand nahm, bekam sein Gesicht plötzlich einen merkwürdigen Glanz und strahlte innere Zufriedenheit aus. Fröhlich wünschte er allen eine schöne Zeit in der Bretagne, dann verriegelte er die Tür von außen und machte sich pfeifend auf den Weg zur Baustelle Gottes.
Steve wandte sich zum gehen. Ein leichter Druck in seinem Rücken ließ ihn auf der Stelle verharren. Langsam drehte er sich um und war erleichtert, die alte Frau zu erblicken, die ihren Gehstock forsch in Steves Rücken gebohrt hatte. Für einen kurzen Augenblick dachte er wirklich, den Lauf einer Waffe im Rücken zu spüren.
„Seien Sie heute Abend gegen zweiundzwanzig Uhr wieder hier. Die Herrin wir schon lange erwartet“, sprach sie in einem bretonischen Dialekt, den Steve nicht sofort verstand. Dann drehte sie sich zu Kirsten um, bekreuzigte sich murmelnd und folgte dem Pater der sich vor der Abbaye auf die Bank gesetzt hatte, und auf die Alte zu warten schien. Als Kirsten im Gehen zu den Beiden herüber schaute, unterhielten sie sich angeregt.
Es war etwa siebzehn Uhr, und für das Abendessen viel zu früh. Kurz entschlossen setzten sie sich in ein Cafe, das am Ortseingang unter schattigen Bäumen
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