Die Fährte des Nostradamus
hinter Kirsten und lehnte gegen eine verhüllte Statue.
„Herrin Elaine“, wiederholte Kirsten leise, und bekam ein flaues Gefühl. Plötzlich hatte sie es nicht mehr eilig, an die Centurien zu kommen. Intuitiv wusste sie, dass ihr Leben an einem Wendepunkt stand, und es nie mehr so sein würde wie es früher gewesen war.
„Dame, Dame“, rief die Frau verhalten aus dem Dunkel des Lagers und winkte Kirsten zu. Sie hatte offenbar gefunden, wonach sie gesucht hatte.
Mit gemischten Gefühlen schlängelte sich Kirsten durch die schmalen Gänge.
Ein abgedecktes Bild, sagte sie mehr zu sich selbst, als sie neben der Frau stand. Kirsten war klar, welches Bild sich unter dem Bettlaken befand, dass zum Schutz über das Bild lag. Die Frau machte sich an dem Laken zu schaffen, und zog es mit einem Ruck herunter. Staub wirbelte auf und kitzelte Kirsten ín der Nase. Erkennen konnte sie nichts, denn es war zu dunkel in den Gängen und eine kleine Deckenlampe spendete nur ein spärliches Licht.
„Ed, würdest Du bitte kommen? Ich denke, wir haben das Bild gefunden. Wir müssen es unter das Fenster stellen, damit wir etwas erkennen können.“
Sheldon suchte sich einen Weg durch die eingelagerten Möbel und schob sachte die Alte zur Seite, damit er an das Bild kam.
„Puh! Sieht leichter aus, als es ist“, meinte er gepresst, als er seitlich tippelnd das Bild zum Fenster trug. Dann stellte er es vorsichtig ab, und nahm Abstand um besser sehen zu können.
„Ich werd verrückt“, mehr konnte er nicht sagen als er das Gemälde betrachtete.
Kirsten stand hinter ihm und konnte nichts erkennen, da Sheldon ihr die Sicht verdeckte.
Sie konnte ihre Neugierde nicht mehr zügeln und zwängte sich an Sheldon vorbei.
„Nein…“. Mehr war auch sie nicht im Stande zu sagen. Das was sie sah, konnte nicht sein.
Schau nur genau hin. Mit wie vielen Steinen muss der Weg gepflastert sein, damit du ihn als solchen erkennst?
Für einen Augenblick dachte sie tatsächlich, ein Bild von sich selbst zu betrachten. Ein verzweifelter Versuch ihres Verstandes, das Gesehene rationell zu verarbeiten. Die Realität sah anders aus. Kirsten betrachtete das Bild einer Frau, die ihr wie eine Doppelgängerin glich. Die langen roten Haare, flossen wie rote Glut auf ein helles Leinenkleid, das von einem schwarzen Gürtel gehalten wurde. Das feine Gesicht zeigte Stärke im gleichen Maße, wie unendliche Güte. Fast mochte man meinen, ein kaum sichtbares, verschwörerisches Lächeln umspiele ihre sinnlichen Lippen. Ebenso wie Kirsten trug ihr Gegenüber schlichte Kettchen aus dunklem Holz um den Hals. Und dann war da jener blaue Halbmond, der majestätisch auf ihrer Stirn ruhte.
Das Andenken des Teufels, dachte Kirsten. Kirsten berührte nachdenklich ihre Stirn. Deutlich konnte sie die Konturen des Mondes unter ihren Fingerspitzen spüren.
Elaine saß mit ausgebreiteten Armen in einem reich verzierten Boot am Ufer eines verträumten Flusses. Das leuchtende Grün ihrer Augen verschmolz mit dem Grün des Wassers und strahlte geheimnisvoll. Oben im Bild hatte der unbekannte Künstler eine wunderschöne Banderole gemalt, auf der ein Schriftzug zu sehen war. Kirsten ging vor dem Bild in die Knie, um besser lesen zu können. Die Schrift war verschnörkelt geschrieben und schwer zu lesen. Hinzu kam, dass sie die Sprache nicht kannte. Französisch war es aber sicher nicht, wie sie vermutete.
Dann sprudelten die Worte plötzlich über ihre Lippen:
„ Elaine, notex Damar su Avale. Elaine, erste Herrin von Avalon.“ Sie konnte diese fremden Worte lesen. Ein lange in ihr schlummerndes Wissen gab ihr plötzlich die Fähigkeit, eine Sprache zu sprechen, die seit langem als vergessen galt.
„Ich bin zurück“, flüsterte sie ihrem Bildnis entgegen und stand langsam auf.
„Und dieses Mal wird es gelingen…“
Langsam drehte sie sich um und schaute Sheldon tief in die Augen. Dann nahm sie wortlos seine Hände in die ihre, und lächelte so herzlich, dass Sheldon befürchtete, sich auf der Stelle in Kirsten zu verlieben. Ein seltsam zufriedenes Gefühl breitete sich in ihm aus, und erfüllte den Botschafter mit der Gewissheit, in genau diesem Moment nirgendwo anders sein zu sollen als hier. Ein Lächeln umspielte nun auch seinen Mund. Kirsten ließ seine Hände los und ging auf Steve zu, der verwirrt die Szene beobachtet hatte. Kirsten nahm nun auch seine Hände. Ein Bund, der weit über Liebe und Vertrauen hinausging, wurde in diesem Augenblick zwischen
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