Die Fährte des Nostradamus
weiter fahren?“, fragte Sheldon aus dem Wagen heraus.
„Klar. Weiter geht’s“
Zum Hotel waren es keine fünf Minuten und der Botschafter fuhr etwas schneller, damit Kirsten sich endlich ins Bett legen konnte. Unterwegs wurden sie trotz Sheldons zügigen Fahrens von einem Raser überholt, der einen sehr riskanten Fahrstil an den Tag legte. Sheldon schüttelte verärgert den Kopf über den Fahrer, der auf einer so unübersichtlichen Landstraße sein und das Leben anderer aufs Spiel setzte.
„Der hat sicher größere Sorgen als wir.“
„Was soll’s, Ed. Jugendliche Raser, schätze ich. Die haben es immer besonders Eilig in die Kiste zu springen“, sagte Steve, in einem Anflug von Sarkasmus.
Endlich erreichten sie das Gasthaus und Kirsten war froh, die Zimmertür hinter sich ins Schloss fallen zu hören. Ihr Bedarf an Gesellschaft war für heute gedeckt.
Bevor sie sich todmüde ins Bett fallen ließ nahm sie jedoch eine Dusche um sich den Staub des muffigen Gewölbes aus den Haaren zu waschen. Das heiße Wasser tat gut und spülte einen dumpfen Druck von ihrer Seele. Nachdenklich betrachtete sie sich im Spiegel. Das Mal auf ihrer Stirn hatte sich nun vollends zu einem blauen Halbmond ausgebildet, der von einem dünnen Rot umrandet war. Vorsichtig berührte sie das Zeichen mit dem Finger und spürte die Kontur der Sichel.
Elaine meldete sich nicht, doch hatte sie das Gefühl, ständig unter Beobachtung zu stehen. Schlaftrunken schlüpfte sie unter die Bettdecke und fiel sogleich in einen unruhigen Schlaf.
Kirsten war auf der Flucht und rannte im Traum durch einen Irrgarten aus Bücherregalen einem unsichtbaren Feind davon. Wohin sie sich auch wandte, der Unsichtbare war stets in der Nähe und griff mit seinen kalten Gedanken nach ihren Verstand. Dann erreichte sie das Zentrum des Irrgartens, von dem aus vier Wege wieder hinausführten. Aber welchen Weg sie auch einschlagen wollte, der Unsichtbare verstellte ihr den Weg. Eine Stimme, die direkt aus der Hölle zu kommen schien, drang von allen Seiten auf sie ein und schmerzte in den Ohren. Völlig verängstigt brach sie im Zentrum des Irrgartens zusammen und ergab sich ihrem Schicksal. Dann merkte sie das sie sich in Sicherheit befand, solange sie das Zentrum nicht verließ. Zwar konnte sie keinen der Wege nehmen, aber genau so wenig konnte der Feind zu ihr kommen. Unsicher stand sie auf und versuchte sich zu beruhigen. Sie tat einen Schritt nach links und die fremden Gedanken waren sofort wieder da. Sie versuchte einen Schritt in jede Richtung… das Resultat war immer gleich. Nur im Zentrum konnte die Stimme ihr Bewusstsein nicht erreichen.
Wieder griff Verzweiflung nach ihrem Herzen und machte die Ausweglosigkeit ihrer Situation bewusst. Entkräftet sank sie erneut zu Boden. Dann spürte sie plötzlich, dass der Boden unter ihr warm wurde. Vor ihren Augen verwandelte sich feiner Kies in einen weichen Moosteppich, der immer wärmer wurde. Verwundert sprang sie auf und beobachtete, wie sich im Moos ein Zeichen bildete das entfernt an jene Kornkreise erinnerte, die in letzter Zeit in der ganzen Welt beobachtet wurden. Als wenn ein unsichtbarer Künstler mit einem riesigen Pinsel eine neue Landschaft erschaffen wollte, wuchs das Zeichen spiralförmig nach allen Seiten und wurde größer und größer. Dann erreichte die Spirale die Wege und Regale des Irrgartens. Kaum berührten sie Ausläufer der Spirale die ersten Regale, wurden sie in ein silbriges Licht getaucht und verschwanden. Plötzlich erscholl ein Schrei, der wie von unendlichen Schmerzen geboren aus allen Richtungen ins Zentrum drang. Intuitiv wusste Kirsten, dass ihr unsichtbarer Feind an Substanz verlor und im Sterben lag. Dann fegte ein starker Wind über sie hinfort, und es herrschte Ruhe.
Er ist geschwächt
, drängte sich Elaines Stimme in den Traum,
aber nicht besiegt. Nutze diesen Umstand, denn er wird wieder zu Kräften kommen und dann besteht keine Möglichkeit mehr, ihn zu besiegen.
Kirsten sah sich plötzlich von oben und erkannte, dass sie sich innerhalb einer riesigen Spirale befand deren geometrische Schönheit ihr den Atem raubte. Millionen und Abermillionen von kleinen und großen Kreisen hatten sich zu einer gigantischen Spirale vereint, die die ganze Welt umspannte und sich harmonisch in sich selbst drehte.
Ein warmes Kribbeln machte sich bemerkbar und breitete sich schnell in Kirstens Körper aus. Als sie an sich herunter schaute stellte sie fest, das sich dort, wo es
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