Die Fährte des Nostradamus
ich mich morgens wasche. Mit geschlossenen Augen vielleicht?“ meinte Kirsten, legte die Reisetasche mit ihrer Ausrüstung auf die Rückbank des Vans und stieg ein. Die Schatulle hatte sie sich unter den Arm geklemmt.
„Severine hat frischen Kaffee in Festus Thermosflasche gefüllt, wenn Du einen brauchst…“
„Danke. Den brauch ich wirklich. Wie haben die Herren denn übrigens die Nacht verlebt? Hat Steve wieder geschnarcht?“
„Ed hat gar nicht geschlafen und ich bin fast ins Koma gefallen, so müde war ich“, sagte Steve, der neben Sheldon Platz genommen hatte und die Tür ins Schloss fallen ließ. „Ich habe den Vorschlag gemacht, wieder zurück zu Festus zu fahren. Was sagst Du dazu? Von dort aus können wir die weiteren Schritte planen. Vorausgesetzt, du konntest den Centurien hilfreiche Informationen entlocken.“
„Das habe ich in der Tat. Ich wollte beim Frühstück mit Euch darüber reden, denn die wichtigste Information ist eine recht brisante Sache und ich möchte Eure Meinung dazu hören“, meinte sie wieder ernster.
Sheldon nickt kommentarlos und ließ den Motor an. Zuvor hatte er die Gegend beobachtet, jedoch nichts Auffälliges bemerkt.
„Warum wolltest Du denn den Navi programmieren, wenn wir doch wieder zu Festus fahren, Ed?“, wollte Kirsten wissen.
Sheldon zuckte mit den Schultern und bekam rote Ohren.
„ Nur so! Aus Prinzip eben. Es wurmt mich halt, dass sich diese Geräte dagegen sträuben, mit mir zusammen zu arbeiten. Ich werde nie begreifen, dass es Menschen gibt, die den ganzen Tag vor einem Computer sitzen.“
Kirsten dachte bei diesen Worten an Reading und ihr kleines Büro. Sie war einer dieser Menschen, die morgens vor einen Rechner sitzen konnten und erst wieder aufschauten, wenn draußen die Dämmerung einsetzte. Ihr Büro, die Vorlesungen… alles Dinge, die sie jahrelang ausgeübt hatte, und plötzlich nicht mehr zu ihrem neuen Leben gehörten.
Ihr neues Leben. Wie wird dieses Leben aussehen. Sollte sie von nun an wie ein weißer Ritter um die Welt reisen, ständig auf der Suche nach dem Bösen? Würde sie wie ein Pfadfinder bei der Schnitzeljagd, von einem Hinweis zum anderen hetzen?
Sie wusste auf all diese Fragen keine Antwort. Niemand konnte ihr diese Fragen beantworten und so kam sie zum Schluss, sie sich nicht mehr zu stellen. Das Leben würde weiter gehen. Nur eben nicht so geregelt wie es bisher der Fall gewesen war.
Die Fahrt verlief gewohnt schweigsam, und Sheldon brachte es nach halber Strecke tatsächlich fertig, Steve für den Rest der Reise das Steuer zu überlassen. Inzwischen war er so müde, dass er nicht mehr für eine sichere Fahrt garantieren konnte. Zuerst hatte er beabsichtigt, Kirsten fahren zu lassen. Aus Rücksicht auf Steves Rückenverletzung hatte er ihn nicht gefragt. Umso überraschter waren Kirsten und Ed, als Steve von sich aus anbot zu fahren.
„Wenn ich Euch sage, dass ich seit Stunden weder Kopf- noch Rückenschmerzen habe, würde Euch das doch sicher nicht mehr wundern, oder? Mir geht es einfach fabelhaft. Die heutige Nacht war nach Jahren die erste, in der ich ohne etwas Nerviges zu spüren eingeschlafen war, und ohne wirre Träume durchgeschlafen habe. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, was das für mich bedeutet.“ Immer wieder musste Steve den Kopf schütteln, während er sich auf die Straße konzentrierte. Er war ein neuer Mensch geworden. Nicht nur die Schmerzen peinigten seinen Körper mehr, auch die grausamen Erinnerungen an den Irak verloren die Kontrolle über seinen Verstand.
Sie erreichten Vitre bei einbrechender Dunkelheit. Zuvor hatte Steve bei den Spooners angerufen, um ihr Kommen anzukündigen. Betty war am Apparat und freute sich hörbar über den erneuten Besuch. Als der Van in den holperigen Feldweg einbog, hörten Kirsten und Steve, wie der Botschafter der vereinigten Staaten sich murrend auf der Rückbank regte. Kirsten und Ed hatten die Plätze getauscht, damit er wenigsten ein wenig Schlaf bekam. Entsprechend gerädert reckte er sich im Fond und machte einen leicht verstörten Eindruck.
Im Lichtkegel tauchte plötzlich ein schwarzer Schatten auf und Steve musste stark bremsen, um Alexa nicht anzufahren. Freudig bellend stand sie vor dem Wagen und wedelte mit dem Schwanz. Dann machte sie kehrt und eskortierte den Van bis vor das Haus, wo Betty und Festus bereits auf der Terrasse standen und winkten.
Die Begrüßung war die alter Freunde, doch gerade als sie ins Haus gehen wollten, schlug
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