Die Fährte
wieder auf deine kalte Platte in der Nordsee kannst. Sag mir lieber, was dir Mohammed am Telefon über diese zwei Bullen gesagt hat.«
Roger seufzte und versuchte widerwillig, sein Kurzzeitgedächtnis zu aktivieren. »Er hat etwas von einer kleinen Tussi gesagt, die so blass ist, dass man fast durch sie hindurchsehen kann, und von einem großen Deutschen mit Portweinnase.«
»Deutschen?«
»Mohammed geht davon aus. Kann auch ein Russe sein oder ein Inka oder …«
»Na Klasse. War er sich sicher, dass es Bullen sind?«
»Wie meinst du das?« Fred wäre beinahe in Roger gerannt, der plötzlich stehen geblieben war.
»Das gefällt mir gar nicht, um es mal so auszudrücken«, sagte Roger. »Soweit ich weiß, hat Lev bloß in Norwegen Banken ausgeräumt. Und norwegische Bullen kommen doch ohnehin nicht nach Brasilien, um einfache Bankräuber auszuräuchern. Bestimmt Russen. Scheiße. Dann wissen wir, wer die geschickt hat. Und dann haben sie es nicht bloß auf Lev abgesehen.«
Fred stöhnte. »Fang jetzt bitte nicht wieder mit deiner Zigeunerscheiße an, ja?«
»Du magst ja vielleicht denken, dass ich paranoid bin, aber das ist der Teufel persönlich. Es kostet ihn nicht eine Kalorie, Leute auszulöschen, die ihn um eine Krone betrogen haben.
Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er es überhaupt bemerken würde, ich hatte mir doch bloß ein paar Tausender als Handgeld aus der Tasche genommen, oder? Aber das ist irgend so ein Scheißprinzip. Wenn man der Chef im Milieu ist, muss man Respekt haben, und hat man den nicht …«
»Roger! Ich leihe mir lieber ein Video aus, wenn ich mir so 'ne Mafiascheiße anhören will.«
Roger antwortete nicht.
»Hallo? Roger?«
»Halt dein Maul«, flüsterte Roger. »Dreh dich nicht um und geh weiter.«
»Häh?«
»Wenn du nicht so scheißvoll wärst, hätt'st du vielleicht gerade gemerkt, dass wir gerade an einer hässlichen Durchsichtigen und einer noch hässlicheren Portweinnase vorbeigekommen sind.«
»Ist das wahr?« Fred drehte sich um. »Roger …«
»Ja?«
»Ich glaube, du hast Recht. Die haben kehrtgemacht …«
Roger ging weiter, ohne sich umzudrehen. »Scheißescheißescheiße!«
»Was machen wir jetzt?«
Fred drehte sich um, als er keine Antwort bekam, und bemerkte, dass Roger verschwunden war. Verwundert blickte er in den Sand und sah die tiefen Fußspuren, die plötzlich nach links abbogen. Er blickte wieder auf und erkannte Rogers fliegende Fußsohlen. Dann begann auch Fred, auf die dichte, grüne Vegetation zuzurennen.
Harry gab beinahe augenblicklich auf.
»Das nützt doch nichts«, rief er Beate nach, die zögernd stoppte.
Sie waren nur wenige Meter vom Strand entfernt, schienen aber dennoch in einer völlig anderen Welt zu sein. Eine dampfende, stehende Wärme hing zwischen den Stämmen, unter deren dichtem Laubdach es beinahe stockfinster war. Falls die zwei fluchtenden Männer Geräusche von sich gaben, wurden sie von dem Gekreische der Vögel und dem Rauschen des Meeres hinter ihnen übertönt.
»Der hintere sah nicht gerade aus wie ein Sprinter«, sagte Beate.
»Die kennen diese Trampelpfade aber besser als wir«, sagte Harry. »Und wir haben keine Waffen, die aber vielleicht schon.«
»Wenn Lev nicht bereits gewarnt worden ist, wird er es jetzt. Also, was machen wir jetzt?«
Harry fuhr sich mit der Hand über den durchnässten Verband. Den Moskitos waren bereits ein paar Stiche gelungen. »Wir wechseln zu Plan B.«
»Oh, und wie lautet der?«
Harry sah zu Beate hinüber und fragte sich, wie es sein konnte, dass auf ihrer Stirn nicht ein einziger Schweißtropfen zu sehen war, während er tropfte wie eine lecke Dachrinne.
»Wir gehen fischen«, sagte er.
Der Sonnenuntergang war ein kurzes, aber überwältigendes Schauspiel in allen Abtönungen von Rot. Und noch ein paar andere Farben, behauptete Mohammed und deutete auf die Sonne, die gerade wie ein Klumpen Butter in einer glühend heißen Pfanne dahinschmolz.
Doch der Deutsche vor dem Tresen interessierte sich nicht für den Sonnenuntergang, er hatte gerade gesagt, dass er demjenigen Tausend Dollar zahlen würde, der ihm helfen könnte, Lev Grette oder Roger Person zu finden. Ob Mohammed so freundlich sein wolle, dieses Angebot weiterzuvermitteln? Interessenten sollten sich an den Gast im Zimmer 69 im Hotel Vittoria wenden, sagte der Deutsche, ehe er mit der blonden Frau die ahwa verließ.
Die Schwalben liefen Amok, als sich die Insekten zu ihrem kurzen Abendtänzchen
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