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Die Fährte

Die Fährte

Titel: Die Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Zweifel ergeben, dass er als Polizist die Wahrheit verschwiegen hatte, um den Verdacht nicht auf sich selbst zu lenken. Ein Eigentor. Zwei Worte. Vier Silben. Und all seine Probleme wären gelöst. Dann war Albu derjenige, der die letzte Konsequenz tragen musste.
    Harry antwortete mit einer Silbe.
    Raskol nickte und sah Harry mit traurigen Augen an. »Das habe ich befürchtet. Dann lassen Sie mir keine andere Wahl, Spiuni. Erinnern Sie sich noch, was ich auf die Frage geantwortet habe, warum ich Ihnen vertraue?«
    Harry nickte.
    »Jeder hat etwas, wofür er lebt, nicht wahr, Spiuni? Etwas, das man ihm nehmen kann. Nun, sagt Ihnen die Zahl 316 etwas?«
    Harry antwortete nicht.
    »Dann lassen Sie mich Ihnen erklären, dass 316 eine Zimmernummer im Hotel International in Moskau ist. Das Zimmermädchen, auf deren Etage das Zimmer liegt, heißt Olga. Sie geht bald in Rente und wünscht sich einen ausgedehnten Urlaub am Schwarzen Meer. Es gibt zwei Treppen und einen Aufzug zur Etage. Und den Personalaufzug. Das Zimmer hat zwei separate Betten.«
    Harry schluckte.
    Raskol lehnte seine Stirn gegen die gefalteten Hände. »Der Kleine schläft dicht am Fenster.«
    Harry stand auf, ging zur Tür und schlug hart dagegen. Er hörte das Echo draußen durch den Gang hallen. Er schlug immer wieder dagegen, bis er den Schlüssel im Schloss hörte.
     

 
     
     

    Kapitel 30 – Vibrationsmodus
     
    »Sorry, aber ich bin so schnell wie möglich gekommen«, sagte Øystein und fuhr vom Straßenrand vor Eimers Frucht- und Tabakladen los.
    »Willkommen zu Hause«, sagte Harry und fragte sich, ob der von rechts kommende Bus auch nur die geringste Ahnung hatte, dass Øystein nicht im Traum daran dachte, anzuhalten.
    »Nach Slemdal wolltest du, oder?« Øystein überhörte das wütende Hupen des Busfahrers.
    »Bjørneträkk. Du weißt schon, dass du hier die Vorfahrt beachten musst?«
    »Man kann nicht immer auf alles achten.«
    Harry sah seinen Freund an. In zwei schmalen Schlitzen konnte er zwei blutunterlaufene Augen erkennen.
    »Müde?«
    »Jetlag.«
    »Der Zeitunterschied zu Ägypten beträgt eine Stunde, Ø ystein.«
    »Mindestens.«
    Da weder die Stoßdämpfer noch die Federn im Sitz funktionierten, spürte Harry jeden einzelnen Pflasterstein, als sie zu Albus Villa hinaufkurvten, doch das scherte ihn im Augenblick nicht. Er lieh sich Øysteins Handy, wählte die Nummer des Hotel International und ließ sich mit Raum Nummer 316 verbinden. Oleg nahm den Hörer ab. Harry konnte die Freude in Olegs Stimme erkennen, als er Harry fragte, wo er war.
    »In einem Auto. Wo ist Mama?«
    »Draußen.«
    »Ich dachte, die nächste Verhandlung sei erst morgen.«
    »Sie haben ein Treffen mit allen Anwälten im Kuznetski Most«, sagte er mit einem altklugen Tonfall. »Sie ist in einer Stunde wieder da.«
    »Hör mal, Oleg, kannst du Mama nicht etwas ausrichten? Sag ihr, dass ihr das Hotel wechseln müsst, sofort.«
    »Warum denn?«
    »Weil … weil ich das gesagt habe. Sag es ihr einfach, ja? Ich ruf später noch mal an.«
    »O.K.«
    »Guter Junge, ich muss jetzt los.«
    »Du …«
    »Was?«
    »Nichts.«
    »O.K., und vergiss nicht, es Mama zu sagen.«
    Øystein bremste und fuhr auf den Bürgersteig.
    »Warte hier«, sagte Harry und sprang aus dem Auto. »Wenn ich in zwanzig Minuten nicht zurück bin, rufst du die Nummer der Einsatzzentrale an, ich hab sie dir eben gegeben, und dann sagst du, dass …«
    »Hauptkommissar Harry Hole vom Dezernat für Gewaltverbrechen dringend um eine bewaffnete Streife gebeten hat. Das habe ich verstanden.«
    »Gut. Und wenn du Schüsse hörst, rufst du sofort an.«
    »Richtig. In welchem Film war das noch mal?«
    Harry blickte zum Haus auf. Es war kein Hundegebell zu hören. Ein dunkelblauer BMW fuhr langsam vorbei und parkte etwas weiter unterhalb am Straßenrand, ansonsten war es vollkommen still.
    »In den meisten«, sagte Harry leise.
    Øystein grinste. »Cool.« Dann zeigte sich eine besorgte Falte zwischen seinen Augen. »Ist doch cool, oder? Und nicht bloß bekloppt gefährlich?«
     
    Vigdis Albu öffnete die Tür. Sie trug eine frisch gebügelte, weiße Bluse und einen kurzen Rock, doch ihr verschleierter Blick sah aus, als käme sie geradewegs aus dem Bett.
    »Ich habe versucht, Ihren Mann in der Arbeit zu erreichen«, sagte Harry. »Dort sagte man mir, er sei heute zu Hause.«
    »Schon möglich«, antwortete sie. »Aber er wohnt nicht mehr hier.« Sie begann plötzlich zu lachen. »Sehen Sie nicht so

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