Die Fährte
unten verschwunden?«
»Ha?«
Harry seufzte. »Lass uns fahren.«
Kapitel 31 – Maglite
»Du willst also sagen, dass es irgend so ein Verrückter auf uns abgesehen hat, weil du nicht die Person finden kannst, die seine Verwandte umgebracht hat?« Rakels Stimme krächzte unangenehm durch den Telefonhörer.
Harry schloss die Augen. Halvorsen war zu Eimer gegangen, er hatte das Büro für sich. »Kurz gesagt, ja. Wir haben ein Abkommen. Er hat seinen Teil eingehalten.«
»Und das heißt, dass wir Freiwild sind? Dass ich mit meinem Sohn, der in ein paar Tagen erfahren wird, ob er weiter mit seiner Mutter zusammen sein darf oder nicht, aus dem Hotel fliehen muss? Dass … dass …« Ihre Stimme stieg an und wurde zu einem wütenden Stakkato. Er ließ sie ausreden, ohne sie zu unterbrechen. »Warum, Harry?«
»Der älteste Grund der Menschheit«, sagte er. »Blutrache, Vendetta.«
»Was hat das mit uns zu tun?«
»Wie ich gesagt habe, nichts. Du und Oleg, ihr seid nicht das Ziel, nur das Mittel. Dieser Mann erachtet es als seine Pflicht, den Mord zu rächen.«
»Pflicht?« Ihr Ruf stach ihm ins Trommelfell. »Rache ist so ein Scheißrevierverhalten von euch Männern, das hat nichts mit Pflicht zu tun, sondern mit Neandertalerniveau!«
Er wartete, bis er glaubte, dass sie fertig war. »Es tut mir Leid. Aber ich kann im Augenblick nichts tun.«
Sie antwortete nicht.
»Rakel?«
»Ja.«
»Wo seid ihr?«
»Wenn es stimmt, was du sagst, dass sie uns so leicht finden können, möchte ich dir das eigentlich nicht am Telefon sagen.«
»O.K. Ist es ein sicherer Ort?«
»Ich glaube schon.«
»Hm.«
Im Hintergrund war immer wieder eine russische Stimme zu hören, wie bei einem Kurzwellensender.
»Warum kannst du mir nicht einfach sagen, dass wir in Sicherheit sind, Harry? Sag, dass es eine Einbildung ist, dass sie bluffen …« Ihre Stimme wurde ein wenig zittrig. »Irgendetwas?«
Harry nahm sich Zeit, bis er langsam und deutlich sagte: »Weil es wichtig ist, dass du Angst hast, Rakel. Angst genug, um die richtigen Dinge zu tun.«
»Und das wäre?«
Harry atmete tief. »Ich räume hier auf, Rakel. Das verspreche ich dir. Ich räume hier auf.«
Gleich nachdem Rakel aufgelegt hatte, rief Harry Vigdis Albu an. Schon beim ersten Klingeln nahm sie ab.
»Hier ist Hole. Sitzen Sie am Telefon und warten auf etwas, Frau Albu?«
»Was glauben Sie?« An der Art, wie sie redete, erkannte Harry, dass sie seit seinem Fortgang noch ein paar Drinks genommen haben musste.
»Keine Ahnung. Aber ich möchte, dass Sie Ihren Mann als vermisst melden.«
»Warum das denn? Ich vermisse ihn nicht.« Sie lachte ein kurzes, trauriges Lachen.
»Nun, ich brauche einen Grund, um hier die Suchmaschinerie in Gang zu setzen. Sie können ihn selbst als vermisst melden, wenn nicht, lasse ich nach ihm fahnden. Wegen Mordes.«
Eine lange Stille folgte. »Ich verstehe nicht, Herr Hauptmann.«
»Da gibt es nicht so viel zu verstehen, Frau Albu. Soll ich bekannt geben, dass Sie ihn als vermisst gemeldet haben?«
»Moment mal!«, rief sie. Harry hörte am anderen Ende ein Glas zersplittern. »Wovon reden Sie eigentlich? Nach Arne wird doch schon gesucht?«
»Von mir, ja. Aber bis jetzt habe ich noch niemand anderen informiert.«
»Ach? Und was ist mit den drei Beamten, die hier auftauchten, nachdem Sie weg waren?«
Ein kalter Finger schien Harry über das Rückgrat zu laufen. »Welche drei Beamten?«
»Sprechen Sie sich bei der Polizei denn überhaupt nicht ab? Die wollten ja gar nicht mehr gehen, ich hab fast Angst bekommen.«
Harry war von seinem Bürostuhl aufgestanden. »Sind die in einem blauen BMW gekommen, Frau Albu?«
»Wissen Sie noch, was ich über diese Frauensachen gesagt habe, Harry?«
»Was haben Sie ihnen gesagt?«
»Was soll ich schon gesagt haben? Nichts, was ich nicht auch Ihnen gesagt habe, glaube ich. Ich habe ihnen ein paar Bilder gezeigt und … Ja, eigentlich unhöflich waren sie nicht, aber …«
»Was haben sie gesagt, ehe sie dann schließlich gegangen sind?«
»Gegangen?«
»Sie wären nicht gegangen, wenn sie nicht bekommen hätten, wonach sie gesucht haben. Das können Sie mir glauben, Frau Albu.«
»Harry, so langsam fängt mir das an zu stinken …«
»Denken Sie nach, das ist wichtig …«
»Mein Gott. Ich habe nichts Besonderes gesagt, das sage ich doch. Ich … ja, ich habe ihnen eine Nachricht vorgespielt, die Arne vor zwei Tagen auf dem Anrufbeantworter hinterlassen
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