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Die Fährte

Die Fährte

Titel: Die Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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ihr den Mann identifiziert?«
    »Arne Albu. 42 Jahre. Verheiratet, drei Kinder. Scheint Geld zu haben. Er hat gleich hier in der Nähe eine Hütte.«
    »Hat jemand etwas gehört oder gesehen?«
    »Sie machen gerade die Runde in der Nachbarschaft. Aber du siehst ja selbst, wie verlassen das hier ist.«
    »Vielleicht jemand da drüben im Hotel?« Waaler deutete auf einen großen, gelben Holzbau am Ende des Strandes.
    »Das bezweifle ich«, sagte Weber. »Da wohnt in dieser Jahreszeit niemand.«
    »Wer hat den Kerl gefunden?«
    »Anonymer Anruf aus einer Telefonzelle in Moss. An die Polizei in Moss.«
    »Der Mörder?«
    »Das glaube ich nicht. Er hat gesagt, er habe zwei Beine aus dem Meer ragen sehen, als er abends mit seinem Hund noch eine Runde machte.«
    »Haben die das Gespräch aufgenommen?«
    Weber schüttelte den Kopf. »Er hat nicht die Notrufnummer benutzt.«
    »Und was sagt euch das da?« Waaler nickte in Richtung Leiche.
    »Die Ärzte müssen noch ihre Berichte machen, aber für mich sieht das aus wie lebendig begraben. Kein Zeichen äußerer Gewaltanwendung, aber Blut an Nase und Mund und geplatzte Adern in den Augen, was auf eine Blutansammlung im Kopf hindeutet. Außerdem haben wir bis tief im Rachen Sand gefunden. Er scheint noch geatmet zu haben, als man ihn begraben hat.«
    »Verstehe. Sonst noch etwas?«
    »Der Hund war vor seiner Hütte angebunden, die liegt gleich dort oben. Ein dicker, hässlicher Rottweiler. In überraschend guter Form. Die Außentür war unverschlossen. Auch in der Hütte kein Zeichen eines Kampfes.«
    »Die sind also mit anderen Worten einfach hineinspaziert, haben ihn mit vorgehaltener Waffe aus der Hütte gescheucht, den Hund angebunden, ein Loch für ihn gegraben und ihn dann höflich gebeten, hineinzusteigen.«
    »Wenn es denn mehrere waren.«
    »Ein großer Rottweiler und ein anderthalb Meter tiefes Loch. Ich denke, davon können wir ausgehen, Weber.«
    Weber antwortete nicht. Er hatte nichts dagegen, mit Waaler zu arbeiten, der Kerl war ein selten guter Ermittler und seine Resultate sprachen für sich. Aber das bedeutete nicht, dass Weber ihn mochte. Nicht mögen war vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Es war etwas anderes, etwas, das einen an diese Suchbilder mit versteckten Fehlern erinnerte, wo man auch ganz genau merkt, dass irgendetwas stört, ohne dass man wirklich den Finger darauf legen kann. Etwas stört, ja, das war das richtige Wort.
    Waaler ging neben der Leiche in die Hocke. Er wusste, dass Weber ihn nicht mochte. Aber das war in Ordnung. Weber war ein alter Kriminaltechniker, der keine großen Ambitionen mehr hatte und der keinen Einfluss auf Waalers Karriere oder Leben haben konnte. Er war, kurz gesagt, jemand, bei dem es nicht darauf ankam, ob er ihn mochte oder nicht.
    »Wer hat ihn identifiziert?«
    »Ein paar Einheimische sind gekommen, um zu sehen, was hier los ist«, sagte Weber. »Der Besitzer des Lebensmittelladens hat ihn wiedererkannt. Wir haben Albus Frau in Oslo erreicht und hergeholt. Sie hat uns bestätigt, dass das Arne Albu ist.«
    »Und wo ist sie jetzt?«
    »In der Hütte.«
    »Hat jemand mit ihr gesprochen?«
    Weber zuckte mit den Schultern.
    »Ich bin immer gern der Erste«, sagte Waaler, beugte sich vor und machte eine Nahaufnahme vom Gesicht der Leiche.
    »Der Polizeidistrikt Moss ist für den Fall zuständig. Wir sind nur um Unterstützung gebeten worden.«
    »Aber wir haben die Erfahrung«, sagte Waaler. »Hat das jemand diesen Landeiern höflich erklärt?«
    »Einige von uns haben durchaus schon mit Ermittlungen in Mordfällen zu tun gehabt«, sagte eine Stimme hinter ihm. Waaler blickte zu einem lächelnden Mann in einer schwarzen Polizeilederjacke auf. Die Schulterklappen hatten einen Stern und einen Goldrand.
    »No hard feelings«, sagte der Hauptkommissar lachend. »Ich bin Paul Sørensen. Und Sie müssen Hauptkommissar Waaler sein.«
    Waaler nickte kurz und übersah geflissentlich Sørensens ausgestreckte Hand. Er mochte keinen Körperkontakt mit Männern, die er nicht kannte. Im Übrigen auch nicht mit denen, die er kannte. Was Frauen anging, war das eine andere Sache. Auf jeden Fall, solange er selbst den Ton angab. Und das tat er.
    »Einen Fall wie diesen habt ihr noch nicht gehabt, Sørensen«, sagte Waaler, zog ein Augenlid des Toten hoch und entblößte einen blutroten Augapfel. »Hier geht es nicht um eine Messerstecherei in einer Kneipe oder um einen Wadenschuss eines Besoffenen. Deshalb habt ihr uns doch auch

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