Die Fährte
gewesen, wie sie dort am Sofa stand, als er ins Wohnzimmer kam, und mit einem nassen Lappen auf dem Sofa herumscheuerte, auf dem sie am Abend zuvor miteinander geschlafen hatten, ehe sie das Bewusstsein verloren und der richtige Spaß erst begonnen hatte.
»Tut mir Leid«, sagte sie, den Tränen nahe. »Ich hab es erst jetzt bemerkt. Das ist mir so peinlich, ich dachte, ich würde sie erst nächste Woche bekommen.«
»Das macht doch nichts«, hatte er geantwortet und ihre Wange getätschelt. »So lange du dein Bestes gibst, um den Fleck wegzubekommen.«
Dann war er hastig in die Küche verschwunden und hatte den Wasserhahn angedreht und die Kühlschranktür auf und zu geknallt, um sein Lachen zu übertönen. Während Beate Lønn weiter an dem Menstruationsfleck von Linda herumscheuerte. Oder stammte er von Karen?
Vigdis rief aus der Küche. »Nehmen Sie Milch zum Kaffee, Tom?« Ihre Stimme klang hart, ein spitzer Westlanddialekt. Außerdem hatte er erfahren, was er wissen musste.
»Mir ist gerade in den Sinn gekommen, dass ich noch einen Termin in der Stadt habe«, sagte er. Er drehte sich um und sah sie mit zwei Kaffeetassen und großen, verwunderten Augen in der Tür der Küche stehen. Als hätte ihr jemand eine Ohrfeige gegeben. Er spielte mit dem Gedanken.
»Außerdem sollten Sie ein bisschen allein sein«, sagte er und stand auf. »Ich weiß das, ich habe erst kürzlich eine nahe Freundin verloren.«
»Tut mir Leid«, sagte Vigdis wie gelähmt. »Ich habe nicht einmal gefragt, wer das war.«
»Sie hieß Ellen. Eine Kollegin. Ich hatte sie sehr gern.« Tom Waaler neigte den Kopf etwas zur Seite und sah Vigdis an, die ihn unsicher anlächelte.
»An was denken Sie?«, fragte sie.
»Dass ich vielleicht einmal vorbeikommen sollte, um zu sehen, wie es Ihnen geht.« Er lächelte extra warm, sein bestes David-Hasselhoff-Lächeln, und dachte, wie chaotisch die Welt doch wäre, wenn Menschen Gedanken lesen könnten.
Kapitel 33 – Dysosmie
Die nachmittägliche Rushhour hatte begonnen und auf dem Grønlandsleiret defilierten Autos und Lohnsklaven langsam am Polizeipräsidium vorbei. Eine Heckenbraunelle saß auf einem Zweig, sah das letzte Blatt vom Baum fallen, flog auf und flatterte am Fenster des Sitzungszimmers in der vierten Etage vorbei.
»Ich bin kein Festredner«, begann Bjarne Møller, und die Anwesenden, die Bjarne Møller schon einmal reden gehört hatten, nickten zustimmend.
Alle Beteiligten der Sonderkommission »Exekutor«, eine Flasche Opera-Sekt für 79 Kronen und vierzehn noch immer verpackte Plastikbecher warteten darauf, dass Møller fertig wurde.
»Als Erstes möchte ich Grüße von der Stadtverwaltung ausrichten, dem Bürgermeister und dem Polizeipräsidenten, und Ihnen allen für Ihre gute Arbeit danken. Wir waren ja – wie Sie wissen – ziemlich unter Druck, als sich herausstellte, dass wir es mit einem Serientäter zu tun hatten …«
»Ich wusste nicht, dass es andere gibt!«, rief Ivarsson und erntete Gelächter. Er stand ganz hinten an der Tür, von wo aus er die stehende Versammlung überblicken konnte.
»Tja, das kann man wohl sagen«, erwiderte Møller lächelnd. »Was ich sagen wollte, war … ja, Sie wissen … wir sind froh, dass die ganze Sache ausgestanden ist. Und ehe wir ein Glas Champagner trinken und wieder nach Hause gehen, möchte ich einen speziellen Dank an die Person richten, der die Hauptehre gebührt …«
Harry spürte die Blicke der anderen auf sich. Er hasste diese Art von Auszeichnung. Die Reden der Chefs, Vorgesetztengeschwafel, der Dank an die Clowns, Trivialtheater.
»Rune Ivarsson, der diese Ermittlungen geleitet hat. Glückwunsch, Rune.«
Applaus.
»Vielleicht möchtest du ein paar Worte sagen, Rune?«
»Nein, danke«, zischte Harry durch die Zähne.
»Ja, gerne«, sagte Ivarsson. Die Versammlung wandte sich ihm zu. Er räusperte sich. »Ich habe leider nicht das Privileg wie du, Bjarne, sagen zu können, dass ich kein Festredner bin. Denn ich bin einer.« Erneutes Gelächter. »Und als erfahrener Redner nach anderen gelösten Fällen weiß ich, dass all diese Dankeshymnen ganz schön ermüdend sind. Polizeiarbeit ist, wie wir alle wissen, Teamarbeit. Beate und Harry hatten dieses Mal die Ehre, den Ball ins Tor zu schießen, doch das Team leistete die Vorarbeit.« Ungläubig sah Harry die Versammlung erneut nicken.
»Deshalb, danke euch allen.« Ivarsson ließ seinen Blick über sie schweifen, augenscheinlich, um jedem
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