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Die Fährte

Die Fährte

Titel: Die Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Waffe auf den Boden.«
    »Sonst was?«, fragte Harry und zog die Waffe unter seiner Jacke hervor.
    Trond lachte leise. »Ganz einfach: Sonst erschieße ich deine Kollegin.«
    »Wie du deine Frau erschossen hast?«
    »Sie hatte es verdient.«
    »Ach ja? Weil sie Lev lieber mochte als dich?«
    »Weil sie meine Frau war.«
    Harry hielt die Luft an. Beate stand zwischen Trond und ihm, hatte ihm aber den Rücken zugedreht, so dass er ihren Gesichtsausdruck nicht erkennen konnte. Es gab in dieser Situation mehrere mögliche Wege. Möglichkeit eins bestand darin, Trond klar zu machen, dass er etwas Dummes, Übereiltes getan hatte, und darauf zu hoffen, dass er das einsah. Auf der anderen Seite war zu bedenken, dass ein Mann, der ein geladenes AG3-Gewehr mit auf den Tennisplatz nahm, darüber nachgedacht hatte, wie und wozu er es benutzen wollte. Möglichkeit zwei war, das zu tun, was Trond wollte, die Waffe auf den Boden zu legen und darauf zu warten, abgeschlachtet zu werden. Und Möglichkeit drei war, Trond unter Druck zu setzen, etwas zu tun, das ihn seine Pläne ändern ließ. Oder zu explodieren und abzudrücken. Die erste Option war hoffnungslos, die andere führte zum schlechtesten denkbaren Resultat und die dritte – dass es mit Beate wie mit Ellen ging – hätte Harry nicht überlebt, auch wenn er selbst mit dem Leben davongekommen wäre.
    »Aber sie wollte vielleicht nicht mehr deine Frau sein«, sagte Harry. »War es das?«
    Tronds Finger krümmten sich um den Abzug und sein Blick begegnete Harrys über Beates Schulter hinweg. Harry begann automatisch innerlich zu zählen. Einundzwanzig, zweiundzwanzig …
    »Sie dachte, sie könnte mich einfach verlassen«, sagte Trond leise. »Mich – dabei habe ich ihr alles gegeben.« Er lachte. »Im Tausch gegen einen Kerl, der nie irgendetwas für irgendwen getan hat, der das Leben für eine Geburtstagsgesellschaft hielt, bei der alle Geschenke für ihn waren. Lev war kein Dieb. Er konnte einfach nur nicht lesen, was von wem für wen war.« Tronds Gelächter wurde vom Wind weggerissen wie Krümel von Buchstabenkeksen.
    »Wie von Stine für Trond«, sagte Harry.
    Trond blinzelte hart mit beiden Augen. »Sie sagte, dass sie ihn liebe. Liebe. Dieses Wort hat sie nicht einmal benutzt, als wir geheiratet haben. Gern haben, sagte sie, dass sie mich gern habe. Weil ich so lieb zu ihr war. Aber lieben tat sie den, der auf der Dachrinne saß, die Beine baumeln ließ und auf den Applaus wartete. Darum ging es ihm doch, um den Applaus.«
    Es lagen weniger als sechs Meter zwischen ihnen, und Harry konnte sehen, wie Tronds Knöchel der linken Hand weiß wurden, als er den Lauf des Gewehres umklammerte.
    »Aber nicht für dich, Trond, du brauchtest keinen Applaus, nicht wahr? Du hast deine Triumphe in aller Stille genossen. Alleine. Wie damals auf der Fußgängerbrücke.«
    Trond schob seine Unterlippe vor. »Gebt ihr wenigstens zu, dass ihr mir geglaubt habt?«
    »Ja, wir haben dir geglaubt, Trond. Wir haben dir jedes Wort geglaubt.«
    »Und was ist dann schief gelaufen?«
     
    »Beate hat die Konten von Trond und Stine Grette im letzten halben Jahr überprüft«, sagte Harry. Beate hielt einen Papierstapel hoch, um ihn den anderen zu zeigen. »Beide haben sie Geld an das Reisebüro Brastour überwiesen«, sagte sie. »Das Reisebüro bestätigte, dass Stine Grette im März ein Ticket nach São Paulo im Juni bestellt hat und dass Trond Grette eine Woche später nachkam.«
    »Das stimmt bisher mit der Aussage von Trond Grette überein«, sagte Harry. »Erstaunlich ist aber, dass Stine dem Filialleiter Klementsen gesagt hat, sie mache Ferien auf Teneriffa. Und dass Trond Grette sein Ticket am Tag ihrer Abreise bestellte und bezahlte. Eine ziemlich üble Planung, wenn man gemeinsam Ferien machen und den zehnjährigen Hochzeitstag feiern will, nicht wahr?«
    Es war so still im Besprechungszimmer, dass man hören konnte, wie sich der Motor des Kühlschranks auf der anderen Seite des Flures einschaltete.
    »Das erinnert fatal an eine Hausfrau, die alle über ihr eigentliches Reiseziel angelogen hat; und an einen ohnehin schon misstrauischen Ehemann, der die Kontoauszüge überprüft und feststellt, dass das Reisebüro Brastour nichts mit Teneriffa zu tun haben kann. Und der dann Brastour anruft, den Namen des Hotels erfährt, in dem seine Frau logiert, und loszieht, um sie nach Hause zu holen.«
    »Und dann«, fragte Ivarsson. »Hat er sie bei einem Schwarzen gefunden?«
    Harry schüttelte

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