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Die Fährte

Die Fährte

Titel: Die Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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damaligen Dezernat für Raub- und Gewaltverbrechen tätig war. Sie scheint wirklich in die Fußstapfen ihres Vaters zu steigen und hat bereits entscheidende Hinweise in mehreren Fällen leisten können. Ich weiß nicht, ob ich das schon erwähnt habe, aber es ist uns in unserem Dezernat im letzten Jahr gelungen, die Aufklärungsrate auf beinahe fünfzig Prozent zu bringen, was im internationalen Zusammenhang als wirklich …«
    »Sie haben das bereits erwähnt, Ivarsson.«
    »Danke.«
    Dieses Mal blickte Ivarsson Harry direkt an, als er lächelte. Ein starres Kriechtierlächeln, das auch die hinteren Backenzähne entblößte. Und dieses Lächeln behielt er bei, während er die anderen vorstellte. Harry kannte zwei von ihnen. Magnus Rien, ein junger Kerl vom Tomrefjord, der ein halbes Jahr in der Abteilung war und einen soliden Eindruck machte. Der andere war Didrik Gudmundson, der erfahrenste Ermittler am Tisch und stellvertretender Abteilungsleiter der Abteilung. Ein ruhiger, methodisch arbeitender Polizist, mit dem Harry noch nie Probleme gehabt hatte. Auch die beiden letzten waren vom Raubdezernat, sie hatten beide den Nachnamen Li, aber Harry erkannte auf den ersten Blick, dass sie ganz sicher keine eineiigen Zwillinge waren. Toril Li war eine große, blonde Frau mit schmalem Mund und verschlossenen Gesichtszügen, während Ola Li ein rothaariger, kleiner Kerl mit Koboldgesicht und lachenden Augen war. Harry hatte sie so oft in den Fluren gesehen, dass die meisten es wohl für angebracht gehalten hätten zu grüßen, was Harry aber nie eingefallen war.
    »Ich selbst sollte den meisten von euch bekannt sein«, schloss Ivarsson die Runde ab.
    »Aber nur damit das gesagt ist, ich bin Leiter des Raubdezernats und leite diese Ermittlungen. Und bezüglich Ihrer Eingangsfrage, Hole, so ist es nicht das erste Mal, dass wir in einem Raub ermitteln, bei dem es zu Toten gekommen ist.«
    Harry versuchte, nicht zu reagieren. Er versuchte es wirklich. Aber das Krokodilgrinsen machte es ihm unmöglich.
    »Dabei auch mit einer Aufklärungsrate von etwas unter fünfzig Prozent?«
    Nur einer am Tisch lachte, der aber laut. Weber.
    »Entschuldigen Sie, das habe ich vielleicht über Hole zu sagen vergessen«, sagte Ivarsson, ohne zu lächeln. »Er soll Humor haben. Der reinste Komiker, habe ich gehört.«
    Eine Sekunde peinlicher Stille folgte. Dann lachte Ivarsson laut und schallend, und ein erleichtertes Raunen ging um den Tisch.
    »O.K., beginnen wir mit den Fakten, was haben wir bis jetzt?« Ivarsson blätterte das Flip-Chart um. Unter der Überschrift SPURENSICHERUNG war das Blatt leer. Er nahm die Kappe vom Tisch und machte sich bereit. »Bitte, Weber.«
    Karl Weber erhob sich. Er war ein kleinwüchsiger Mann mit grauer Löwenmähne und Bart. Seine Stimme war ein Unheil verkündendes tiefes Brummen, aber deutlich zu verstehen. »Ich werde mich kurz fassen.«
    »Aber bitte«, sagte Ivarsson und legte die Spitze des Stiftes an das Blatt, »nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen, Karl.«
    »Ich fasse mich kurz, weil ich nicht viel habe«, brummte Weber. »Wir haben nichts.«
    »Ah ja«, sagte Ivarsson und ließ den Stift sinken, »und was genau meinen Sie mit nichts?«
    »Wir haben den Abdruck eines nagelneuen Nike-Schuhs, Größe 45. Das meiste an diesem Raub ist derart professionell, dass wir wohl davon ausgehen können, dass das nicht die Größe ist, die er normalerweise braucht. Das Projektil ist von der Ballistik untersucht worden. Es ist die 7,62-mm-Standardmunition des AG3, die häufigste Munition im Königreich Norwegen, die es in jeder Militärbaracke gibt, in jedem Waffenlager und bei allen zu Hause, die Befehlshaber sind oder in der Heimwehr. Mit anderen Worten: unmöglich aufzuspüren. Abgesehen davon könnte man den Eindruck haben, dass er niemals in oder vor dieser Bank gewesen ist. Dort haben wir nämlich auch alles auf Spuren untersucht.«
    Weber setzte sich.
    »Danke, Weber, das war … äh, deutlich.« Ivarsson blätterte um zum nächsten Blatt, auf dem ZEUGEN stand.
    »Hole?«
    Harry sank noch ein wenig mehr auf seinem Stuhl zusammen. »Alle, die während des Überfalls in der Bank waren, wurden unmittelbar danach verhört, doch niemand kann uns mehr sagen, als wir auf dem Video sehen. Das heißt, sie erinnern sich an ein paar Sachen, von denen wir sicher wissen, dass sie nicht stimmen. Ein Zeuge sah den Räuber über die Industrigata verschwinden, sonst hat sich niemand gemeldet.«
    »Was uns zum

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