Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Fährte

Die Fährte

Titel: Die Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
Schwarz?«
    »Es heißt, dass Sie immer noch der Kopf der meisten großen Überfälle in Norwegen sind, dass Sie hier Ihre Basis haben und dass Ihr Anteil auf ein Konto im Ausland geht. Haben Sie dafür gesorgt, in die Abteilung A im Botsen zu kommen, weil die meisten anderen hier nur kurze Strafen absitzen, so dass sie anschließend die Pläne ausführen können, die Sie hier schmieden? Haben Sie hier drinnen auch Handys? Oder PCs?«
    Raskol seufzte. »Sie haben so vielversprechend angefangen, Hauptkommissar, aber jetzt beginnen Sie bereits, mich zu langweilen. Spielen wir jetzt oder nicht?«
    »Spielen ist langweilig«, sagte Harry. »Wenn es keinen Einsatz gibt.«
    »Meinetwegen gerne. Um was spielen wir?«
    »Um den hier.« Harry hielt einen Schlüsselring mit einem einzelnen Schlüssel und einem Messingschild hoch.
    »Und was ist das?«, fragte Raskol.
    »Das weiß niemand. Manchmal muss man einfach das Risiko eingehen und hoffen, dass der Einsatz auch etwas wert ist.«
    »Warum sollte ich das?«
    Harry beugte sich vor. »Weil Sie mir vertrauen.«
    Raskol lachte laut. »Nennen Sie mir einen Grund, warum ich Ihnen trauen sollte, Spiuni.«
    »Beate«, sagte Harry, ohne den Blick von Raskol zu nehmen. »Lässt du uns bitte allein?«
    Er hörte ein Klopfen an der Tür und das Klirren von Schlüsseln hinter sich. Die Tür wurde geöffnet, und ein glattes Klicken war zu hören, als sie wieder ins Schloss fiel.
    »Schauen Sie sich ihn genauer an.« Harry legte den Schlüssel auf den Tisch.
    Raskol fragte, ohne Harrys Blick auszuweichen: »A.A.?«
    Harry nahm den weißen König vom Brett. Er war handgeschnitzt und auffallend schön. »Das sind die Initialen eines Mannes, der ein etwas delikates Problem hatte. Er war reich, hatte Frau und Kinder. Villa und Ferienhaus. Hund und Geliebte. Alles schien so perfekt.« Harry drehte die Figur um. »Doch mit der Zeit veränderte sich der reiche Mann. Gewisse Geschehnisse brachten ihn eines Tages zu der Erkenntnis, dass die Familie das Wichtigste in seinem Leben war. Deshalb verkaufte er seine Firma, servierte seine Geliebte ab und versprach sich selbst und der Familie, dass sie von jetzt ab nur noch füreinander leben würden. Das Problem war, dass die Geliebte plötzlich anfing, ihr Verhältnis bekannt zu machen. Ja, sie erpresste ihn möglicherweise auch. Weniger aus Gier, sondern eher aus Armut. Und weil sie im Begriff war, ein Kunstwerk zu vollenden, von dem sie selbst meinte, dass es das Meisterwerk ihres Lebens werden würde, und das nicht ohne Geld der Öffentlichkeit bekannt zu machen war. Sie erpresste ihn mehr und mehr, und eines Abends entschloss er sich, sie aufzusuchen. Nicht einfach irgendeines Abends, sondern gerade an dem Abend, an dem sie, wie sie selbst erzählt hatte, Besuch von einem alten Freund bekommen sollte. Warum hatte sie das erzählt? Womöglich, um ihn eifersüchtig zu machen? Oder um zu zeigen, dass es durchaus andere Männer gab, die sie wollten? Er wurde nicht eifersüchtig. Es kam ihm gelegen. Das war die glänzende Gelegenheit.« Harry sah zu Raskol hinüber. Er betrachtete Harry mit verschränkten Armen. »Er wartete draußen. Wartete und wartete, während er zu den Lichtern ihrer Wohnung emporblickte. Kurz vor Mitternacht verschwand der Besuch. Irgendein Mann, der – wenn es darauf ankommen sollte – kein Alibi haben würde. Denn man musste annehmen, irgendjemand würde bestätigen können, dass er den ganzen Abend bei Anna verbracht hatte. Wenigstens ihre neugierige Nachbarin Astrid Monsen würde gehört haben, wie dieser Mann an diesem Abend geklingelt hatte. Doch unser Mann klingelte nicht. Unser Mann hatte einen Schlüssel. Schlich sich die Treppe hoch und ging in die Wohnung.«
    Harry nahm den schwarzen König und verglich ihn mit dem weißen. Wenn man nicht genau hinschaute, konnte man sie für identisch halten.
    »Die Waffe ist nicht registriert. Vielleicht war es Annas, vielleicht seine eigene. Was genau in der Wohnung geschah, weiß ich nicht. Und das wird die Welt vermutlich nie erfahren, denn sie ist tot. Und aus Sicht der Polizei ist die Sache erledigt, Selbstmord.«
    »Ich? Aus Sicht der Polizei?« Raskol fuhr sich mit der Hand durch seinen Ziegenbart. »Warum nicht ›wir‹ und ›unsere Sicht‹? Wollen Sie mir weismachen, dass Sie hier einen Solopart spielen, Herr Hauptkommissar?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie wissen gut, wie ich das meine. Ich verstehe das Manöver, Ihre Kollegin vor die Tür zu schicken, um mir den

Weitere Kostenlose Bücher