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Die Fahrt nach Feuerland

Die Fahrt nach Feuerland

Titel: Die Fahrt nach Feuerland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ausstreckte, um ihm an Bord zu helfen. Sie hat Angst um mich, dachte er. Sie ist wirklich nicht die kühle Intellektuelle, als die sie sich gibt. Danke, Helena, unsere Welt ist um einiges schöner geworden.
    Trosky ging unter Deck in die kleine Kajüte und kam sofort wieder heraus. »Ohne Einrichtung ist das ja alles noch trostloser! Mir kommen die Wände verdammt dünn vor. Früher spuckten die Seeleute ihren Priem aus, und hier gäbe das sofort ein Loch in der Wand.«
    »Polyester ist leicht, aber eisenfest.« Losskow lachte. Er band sich die Schwimmweste um und ließ sie von Druckpatronen aufblasen. »Außerdem ist der Rumpf in der Laminat-Bauweise gebaut. Diese Schichtung knackt so leicht keiner durch.«
    »Die Wände klingen hohl.«
    »Das sind die Luftkammern und die Aufschäumung. Die richten uns immer wieder auf! Das proben wir jetzt durch. Schiß in der Hose?«
    »Wäre ich dann hier?« Trosky grinste. »Wir werden um Feuerland und Kap Horn rauschen, daß uns der liebe Gott in seinem Lehnstuhl applaudieren wird!« Er band sich nun auch die Schwimmweste um und zog an den Luftpatronen. Dann markierte er ein Strammstehen und legte die Hand an die Stirn. »Zum Auslaufen bereit, Sir. Soll ich Signal ›Anker-Klüse frei‹ geben?«
    Sie warfen lachend die Leine los und warteten, bis das Nylonseil, das sie mit dem Motorboot verband, sich straffte. Dann setzten sie sich in die Plicht, Losskow nahm den Ruderbalken, und die Schale tanzte auf den Wellen davon.
    Schon das Wegschleppen wäre für einen Laien Anlaß gewesen, sich mit Grausen abzuwenden. Die Schale war wie ein Stück Papier, mit dem das Meer spielte. Als sie ins freie Wasser kamen, hakten sich Losskow und Trosky an den gespannten Laufleinen ein, da sie jetzt ihre Hände nicht mehr zum Festhalten, sondern zur Arbeit benutzten. Vom Motorboot wurde das Schlepptau gelöst, Trosky hakte es aus. Dann setzte Losskow das Großsegel voll in den Wind und ließ das Boot davonschießen, als sei es katapultiert worden. Sie kamen mit dem Motorboot gleich, das in den hohen Wellen stampfte und voll mit dem Bug eintauchte, sahen auf der Flybridge neben dem Werftingenieur auch Dieter Randler stehen, bleich, mit verkniffenem Gesicht, aber noch tapfer genug, um seinen Fotoapparat mit einem gelben Plastiksack vor Nässe zu schützen. Jetzt hörten sie, wie ihnen der Konstrukteur van Fleterword mit einem Megaphon etwas zuschrie. Er klebte an der Reling, von den Wellen ab und zu überschüttet, ein Mensch, der im Meer wie zu Hause war.
    »Nicht voll in den Wind!« brüllte Fleterword. »Der Mast ist nur provisorisch gesteckt! Holen Sie ein! Mit Segeln können sie nicht rollen!«
    »Das weiß ich von allein!« knurrte Losskow. Er ließ die Schale an dem Motorboot vorbeiziehen und winkte fröhlich. Hinter der Scheibe des Kajütsalons erkannte er die Gesichter von Lucrezia und Helena. Seht euch das an, dachte er. Ja, das erwartet euch! Dabei ist das hier noch ein Spielchen gegen das, was uns ein richtiger Sturm bescheren wird. Da werdet auch ihr an Haken hängen, und die Wogen werden sich haushoch vor euch auftürmen und auf euch herunterstürzen. Ein Gebirge aus Wasser. Da kann einem das Herz stehenbleiben, ich kenne das! Und nach dem Gebirge kommt das Tal, und man fällt hinein und weiß: Dieser gurgelnde, brüllende Schlund spuckt dich niemals wieder aus. Niemals! Das ist das Ende! Über dir wird sich das Meer schließen. Du bist verschluckt worden. Es gibt dich nicht mehr. Und dann tauchst du wieder auf, reitest auf schäumenden Wellenkämmen und begreifst nicht mehr, daß es noch einen Himmel gibt, einen Horizont, jagende Wolken, tobende Wasser und daß du das alles siehst und hörst und weiterlebst … bis zum nächsten Gebirge aus Wasser, bis zum nächsten brüllenden Tal …
    »Segel ein!« schrie Losskow. Sie waren jetzt einige Meilen von der Küste entfernt, das Meer rollte gewaltig an und schlug mit Wellenfäusten auf die Polyesterschale. Das Schott zur Kajüte war sturmdicht gemacht worden, da kam nichts mehr rein, aber die automatische Lenzpumpe konnte das Cockpit nicht mehr freimachen. Es schlug mehr hinein, als sie herausdrücken konnte. Trosky und Losskow standen bereits bis über die Knöchel im Wasser. Ein Brecher, der voll ins Boot geschlagen war, hatte sie zu triefenden, gelbleuchtenden Spukgestalten gemacht.
    Das Motorboot holte auf. Herr van Fleterword hing noch immer an der Reling, das Megaphon vor dem Mund, und brüllte hinüber: »Das ist ja Blödsinn! Was

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