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Die Fahrt nach Feuerland

Die Fahrt nach Feuerland

Titel: Die Fahrt nach Feuerland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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jetzt mal pissen!«
    Er rutschte auf den Knien zum Eingang, zog den Reißverschluß auf, schob sich auf den Gummiwulst und pinkelte. Lucrezia klapperte mit den Lidern, aber als Trosky wieder zurückkroch, rutschte sie ins Freie und klammerte sich an eins der Halteseile.
    »Bei euch wird's schwieriger!« sagte Trosky gemütlich zu Helena. »Das ist schon Artistik! Wir Männer sind eben die Krone der Schöpfung. Da ist alles praktisch durchdacht. Dafür bekommt ihr gratis vom Meer den Hintern gewaschen.«
    »Du wärst erträglicher, wenn du weniger reden würdest«, sagte Helena. »Wir wissen mittlerweile alle, daß du ein Schwein bist.«
    Sie schob sich hinaus und hockte sich neben Lucrezia, die mit starren Augen in die Nacht und über das grauschwarze Meer starrte. Die Motoryacht lag schon fast hundert Meter entfernt; die Gummiinsel trieb davon.
    »Sehr nervös, die Lady!« sagte Trosky, nicht im geringsten beleidigt. »Auch nackt noch mit einem stählernen Panzer!«
    Der zweite Tag ging vorüber, die Stimmung war immer noch verhältnismäßig gut. Man hörte Radio, verfolgte zwei Fußballspiele, klopfte Karten; im Notsack waren außer einem Kartenspiel auch noch zwei Brettspiele, Halma und Mensch-ärgere-dich-nicht. Trosky erzählte von seinen Reisen ans Rote Meer und zu den Malediven, wo es – das schwor er – üblich sei, daß die Mädchen den Männern Blütenketten nicht nur um den Hals hängten.
    Dann schlief man wieder und wärmte sich gegenseitig.
    Am dritten Tag bauten sich die Aggressionen auf. Unmerklich, aber stetig und gefährlich. Helena notierte es in ihrem Berichtsbuch: ›Troskys Augen bekommen einen fatalen Glanz. Luzi ist wie eine heiße Katze. Peter wird knurrig, fällt in einen Befehlston und will immer allein recht haben. Und ich? Ich ertappe mich dabei, daß ich mir wünsche, Peter möge in der Nacht seine Hand auf meine Brust legen. Manchmal möchte ich mich eng an ihn schmiegen. Aber das ist ja alles Dummheit! Immerhin ist es interessant, wie sich schon nach zwei Tagen ein Mensch decouvriert.‹
    Der vierte Tag wurde schon zur Qual. Am schlimmsten war die Langeweile. Den ganzen Tag dudelte das Radio; Trosky gab ihm einmal einen Tritt. Außerdem zeigte sich der Mangel an Süßwasser; es reichte zum Trinken, aber nicht zum Waschen. Schon am dritten Tag wurde die Haut von kleinen, feinen Salzkristallen überzogen, die einen ständigen Juckreiz erzeugten. Zwar schwamm man jeden Tag um die Rettungsinsel herum, spülte die Kristalle ab, frottierte sich, aber ein paar Stunden später waren sie wieder auf der Haut: in der Sonne getrocknete Gischt, feinste Partikelchen, Wasserstaub.
    Sie hockten jetzt alle, nur mit Unterhose oder Slip bekleidet, bei offenem Eingang auf dem Gummiboden und ödeten sich an. Der Erzählstoff war verbraucht. Man wußte, was Helena als Medizinerin erlebt hatte, man kannte Lucrezias italienische Heimat, Losskows Leben war ohne bemerkenswerte Höhepunkte, und Trosky brüstete sich mit seinen erotischen Abenteuern.
    Am fünften Tag rebellierte Trosky gegen das Essen. »Der Fraß kotzt mich an!« schrie er.
    »Wir treiben nach Süden!« sagte Losskow stur. »Bis zur Küste sind es noch rund 200 Meilen!«
    An diesem Tag – sie hatten geschwommen und lagen wieder nackt in der Insel – deckte Lucrezia ein Tuch über ihren Unterleib. Ihre Augen flimmerten. »Paß bloß auf!« sagte sie. »Ich habe ein Messer! Der Kerl« – sie zeigte auf Trosky – »starrt mich an, als wollte er mich anspringen!«
    »Sie hätte es gern!« schrie Trosky. »Werft sie ins Wasser, das fängt an zu kochen, so heiß ist sie!«
    Verschlimmert wurde die Lage noch durch Dieter Randler. Da er wußte, mit was sie sich drüben auf der Rettungsinsel bescheiden mußten, wollte er sie erst recht hungrig machen. Mittags und abends, wenn die Motoryacht dem Gummiboot nahe kam, saß er an der Reling und zeigte, was er auf dem Teller hatte: dicke Knackwürste. Oder Schinken mit Ei. Gebratene Leber. Ein Riesenkotelett. Als er am fünften Tag die Gabel hob und ein dickes, rundes, triefendes Eisbein vorzeigte, drehte Trosky durch. »Den Kerl bring' ich um!« brüllte er. »Dem reiß' ich die Därme aus!«
    Er hechtete ins Wasser und wollte hinüberschwimmen. Aber die Yacht machte sofort Fahrt und lief davon. Trosky kehrte zur Rettungsinsel zurück und versank in dumpfes Brüten.
    »Das ist alles Scheiße, das ganze Experiment!« knurrte er Losskow an. »Ein Meer, so glatt wie ein Tisch! Das macht mich verrückt! Im

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