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Die Fahrt nach Feuerland

Die Fahrt nach Feuerland

Titel: Die Fahrt nach Feuerland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kleben müssen, dachte Helena, damit sie wieder zu sich kommt. »Zieh dich an, mach endlich den Kaffee, und dann such dir einen Hormonspezialisten!« sagte sie grob. »Du stellst zu dämliche Fragen!«
    »Nur noch eine! Bitte!« Lucrezia tauchte den Zeigefinger in das Marmeladenglas und leckte ihn ab. »Liebst du Peer?«
    Helena ließ den Löffel sinken. Nachdenklich sah sie, an Lucrezia vorbei, durchs Fenster. Das grüne Geäst eines Baumes, der im Vorgarten stand, schwankte im Morgenwind. Sonnenglanz lag auf den Blättern, wie gelackt sahen sie aus.
    »Ja«, sagte sie mit fester Stimme. »Ich liebe ihn. Aber das geht nur mich etwas an!«
    »Und der Trottel merkt es nicht!«
    »Vielleicht ist es gut so, für uns alle. Verdammt, wasch dich und koch Kaffee! Ich hole die Brötchen.«
    Mit der ›Fahrt nach Feuerland‹, wie Randler völlig unzutreffend das Forschungsunternehmen getauft hatte, wollte es nicht so recht vorangehen. Das war weder schuld der Sponsoren, noch lag es an Versäumnissen des Initiators; im Gegenteil, Losskow bereitete alles bis ins kleinste vor. Lucrezia richtete auf dem Boot ein kleines meeresbiologisches Labor ein; sie bestellte Planktonnetze, Tiefseeflaschen aus druckfestem Metall, die sich in verschiedenen Tiefen automatisch öffneten und Wasserproben aufnahmen. Trosky hatte seine Instrumente aus Prag bekommen und montierte auf dem Kajütendeck eine Windmeßmaschine, eine hochempfindliche Klimakammer mit Autoschreiber und noch ein weiteres geheimnisvolles Gerät. »Peer, um das zu erklären, braucht man Zeit«, sagte er, »und dann verstehst du's immer noch nicht! Es ist ein Kleincomputer, gespeichert mit exakten Klimadaten nach Ort, Tag, Stunde, Minute. Jede Verschiebung des Klimas wird hier registriert und zum Vergleich gebracht. Daraus kann man entnehmen, ob und wie sich das Klima unserer Erde verändert. Und das tut es! Wir leben in einer Phase der Umstellung.« Auch Helena Sydgriff hatte Wort gehalten. Ihre Ausrüstung bestand aus einem einzigen Koffer, der vollgepackt war mit Medikamenten, Spritzen, Infusionen, Verbandsrollen, Pflastern, Zellstoffpaketen und Plastikflaschen. Helena führte ihn vor, diesen Berg von Pinzetten, Zangen, Klemmen, Haken: blitzendes, verchromtes Metall, für den Laien total verwirrend. Ein kleinerer Koffer in dem großen enthielt ein komplettes chirurgisches Besteck.
    »Was ist das?« fragte Trosky. Er zeigte auf eine lange Klinge.
    »Ein Amputationsmesser! Damit kann ich alles abschneiden, was uns etwa lästig werden sollte.«
    »O Gott!« Trosky machte einen Satz nach rückwärts und hielt die Hände wie einen Schild vor sich. »Ich steige aus! Die Lady macht Eunuchen aus uns! Und wie ist es, wenn einen das Gehirn stört?«
    »Auch dafür ist vorgesorgt.« Helena klappte den Koffer zu. »Ich habe eine Kugelfräse, eine Giglisäge und eine Trepanationszange bei mir. Das Hirn kann man dann mit Löffeln herausholen.«
    »Das beruhigt ungemein!« Trosky sah Losskow vorwurfsvoll an. »Und mit so einem Monster von Frau läßt du uns in die weite Welt segeln?«
    Um das Unternehmen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, brachte Randler jede Woche einmal einen Bericht über die Vorbereitungen. Das Boot war fertig und nach Losskows Plänen ausgerüstet, es mußte jetzt nur noch die Verpflegung an Bord genommen werden. Es war ein schönes Schiff, mit ausgezeichneter Takelage: Das Großsegel maß 14,5 Quadratmeter, die Fock 9,9, Genua I 27,5, Genua II 19,3, die Sturmfock 3 Meter im Quadrat. Glanzstück war der Spinnaker. Er brachte volle 59 Quadratmeter in den Wind; unter vollen Segeln mußte das Boot bei normalem Wellengang wie ein Pfeil dahinjagen. Auch rauhe See warf keine Probleme auf; die Schnellreffeinrichtung und der klappbare Mast ließen keine Überraschung durch einen jähen Wetterumschlag zu. Man war für alles gewappnet.
    Losskow und seine drei ließen sich auf der Werft vor dem Boot fotografieren. Es war der Tag der Abnahme, der 14. Dezember, zehn Tage vor Weihnachten. Ein sonniger Wintertag, kalt und klar. Zwei Herren vom Vorstand der Waschmittelfabrik überreichten Losskow symbolisch den Mastspitzwimpel und eine weiße Kapitänsmütze. Es ließ sich nicht vermeiden, daß auf dem Mützenband, in Gold gestickt, deutlich zu lesen stand: Seelord. Die Veröffentlichung dieses Fotos fiel zufällig mit dem Beginn der Werbung für das neue Vollwaschmittel zusammen, das Seelord hieß.
    Das war aber auch der einzige Kompromiß, den Losskow eingegangen war. Nach

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