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Die Fahrt nach Feuerland

Die Fahrt nach Feuerland

Titel: Die Fahrt nach Feuerland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nun, daß ich Sie und Ihr Boot brauche? Von Maio komme ich schnell weg. Und dann werde ich eines Tages ganz still und zufrieden irgendwo auf dieser schönen weiten Welt leben und keinen Anlaß geben, irgend jemandem aufzufallen. Nur das will ich noch: In Ruhe leben dürfen.« Er trug den Sack weg, warf ihn wieder in den Stauraum und ließ die Klappe hochschnellen. »So, und jetzt geht's los! Alle Mann an Deck! Silva und ich nehmen die Stechpaddel. Helena, Sie navigieren. Lucrezia, Sie halten sich bereit, sofort ein Segel zu setzen, wenn wir in den kleinsten Wind kommen. Und dann: volle Segel über die See!«
    »Aye aye, Sir!« Lucrezia ging an ihm vorbei und blieb an der Treppe stehen. »Aber Sie sind ein Geizkragen, Maurice! Sie hätten Helena und mir eine Inkamünze geben können, das gäbe einen schönen Anhänger. So eine Art Talisman, der uns künftig vor solchen Typen wie Sie bewahrt.«
    Eine halbe Stunde später lagen sie auf dem Ozean vor dem Wind und hatten das Genua I und den Spinnaker gesetzt. Das Meer war noch bewegt, aber nicht mehr feindlich. Die Helu jagte auf den Wellen dahin, fort von der Felsenküste Praias nach Nordwesten. Es schien so, als würde Maurice Depallier vor Tagesanbruch sein Ziel erreichen und das verrückte Abenteuer damit zu Ende gehen.
    Mit der Dämmerung liefen sie genau auf Maio zu, sahen im Morgendunst die großen Salinen und segelten dann an der Küste entlang, bis Depallier eine einsame Bucht sah, die von niedrigen eingeschnittenen Felsen gebildet wurde.
    »Hier hinein!« sagte er. »Helena, Sie sind eine wunderbare Frau! Ich wiederhole es zum ungezählten Male! Ihr Mann, Ihr Bräutigam oder wie man es nennen soll, ist zu beneiden. Fast gönne ich Sie ihm nicht! Dort drüben gehen wir an Land, und dann sind Sie schnell von mir befreit!«
    Sie glitten in die Bucht ein, immer lotend, denn der Meeresboden stieg schnell an und war durch erkaltete Lava zu Klippen geworden, deren Spitzen wie riesige Messer wirkten und einen Schiffsrumpf ohne Mühe aufschlitzen konnten. Dann hatten sie die Küste erreicht, eine Art Plateau, die ins Meer hinausragte und an dem sie die Helu vertäuten. Jorge Silva war an Land gesprungen, fing die Taue auf, die Lucrezia ihm zuwarf, und schlang sie mit sicheren Knoten um Felszacken.
    Depallier ging unter Deck, kam sehr bald mit seinen Ledersäcken zurück und stellte sie zu seinen Füßen. Um die Schulter trug er eine leinene Reisetasche mit Kleidung, Rasierzeug und einem Paar Ersatzschuhe.
    »Die Stunde des Abschieds!« sagte er.
    »Machen Sie's nicht so feierlich.« Helena lehnte am Mast. »Gehen Sie!«
    »Sie wünschen mir kein Glück?«
    »Erwarten Sie das etwa, Maurice?«
    »Ich hatte geglaubt, Ihnen menschlich etwas näher gekommen zu sein. Ich war Ihnen gegenüber ehrlicher, als es mir eigentlich guttun könnte.« Depallier trat an die Reling. Jorge Silva stand auf der Felsplattform und hielt ihm eine Holzstange entgegen, an der er sich hochziehen lassen konnte. »Jetzt werde ich nachdenklich.«
    »Und es wird immer heller.«
    »Sie haben recht! Ich vergaß ein paar Tage lang, daß Sie ein Sicherheitsrisiko sind.« Depallier stieg an Land, stellte die schweren Ledersäcke ab und sprang dann unvermittelt auf das Boot zurück. Wortlos rannte er unter Deck, kam mit einem großen Kappmesser wieder und zerhieb mit schnellen Schlägen das gesamte Tauwerk der Takelage. Jetzt war es für eine längere Zeit unmöglich, noch ein Segel zu setzen. Lucrezia ballte die Fäuste, bückte sich dann und schleuderte einen kleinen, harten Fender auf Depallier. Der wich geschickt aus, zertrennte die letzten Taue und warf dann das Kappmesser über Bord.
    »Er ist doch ein Saukerl!« schrie Lucrezia. »Ich habe es ja gesagt, er ist ein Riesenschwein!«
    Wortlos ließ sich Depallier wieder auf die Plattform ziehen, Silva warf die Leinen los und gab dann mit der langen Stange dem Boot einen kräftigen Stoß. Die Helu schaukelte vom Ufer weg und trieb auf den Wellen, nicht steuerlos, aber ohne Segel völlig unbeweglich. Nun rächte es sich wirklich, daß Peter von Losskow sich geweigert hatte, einen Hilfsmotor einzubauen. Helena rannte zum Ruder, setzte das Boot gut zu den Wellen, und Lucrezia warf den Anker aus. Er faßte sofort, der Lavaboden des Meeres war knapp unter ihnen.
    An Land winkte Maurice Depallier noch einmal zu dem Boot herüber, ehe er mit Silva zwischen den zerklüfteten Felsen verschwand. Die Ledersäcke schleppte er auf der Schulter.
    »Geh zur Hölle!«

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