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Die Fahrt nach Feuerland

Die Fahrt nach Feuerland

Titel: Die Fahrt nach Feuerland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dieser Nacht an wohnten Lucrezia und Trosky zusammen in der Achternkoje.
    »Nun sind die Fronten klar«, sagte Trosky wenig später zu Losskow. »Das Gleichgewicht stimmt. Nun genier dich nicht und spiel weiter den Moralischen. Kriech zu deiner Helena und gönn dir ein paar frohe Stunden, ehe wir alle in diesem verfluchten Ozean krepieren!«
    Drei Tage später kam Sturm auf. Nur mit der kleinen Sturmfock tanzte die Helu auf den Wellenbergen, stürzte in brüllende Wassertäler und schoß wieder hinauf in den grauen Himmel. Sie schlug von einer Seite auf die andere, der Mast tauchte ins tobende Meer, aber sie kenterte nicht, das Kielgewicht hielt sie aufrecht, die aufgeschäumten Kammern im zweischaligen Rumpf machten sie unsinkbar. Erbarmungslos schlug der Ozean auf sie ein, riesige Brecher fegten über sie hinweg. Im Cockpit standen Trosky und Losskow nebeneinander, festgehakt mit ihren Sicherheitsgurten, mit Laufleinen verbunden, an denen sie im Notfall über das ganze Boot rennen konnten. Sie stemmten sich gegen das Ruder, zogen die Köpfe ein, wenn ein Wellenberg vor ihnen auftauchte und das Boot fast senkrecht hochstieg, hinaufgeschleudert wurde in ein graues, heulendes Nichts, um dann abzustürzen in eine gurgelnde, schäumende, verschlingende Tiefe.
    »Dieses Schwein von Ozean kriegt uns nicht!« schrie Trosky triumphierend Losskow ins Ohr. »Wir zeigen es ihm!«
    Er sah Losskow an, aus strahlenden Augen, vom Salzwasser triefend: ein vom Bart überwuchertes Gesicht, das Kraft und Mut ausstrahlte. Er war ein Kerl, der mit jeder Riesenwelle stärker wurde. Er konnte lachen, wo andere das Entsetzen packte.
    Er ist wirklich ein Irrer, dachte Losskow und duckte sich unter einem neuen Brecherschlag. Aber er war froh, daß es ihn jetzt gab und daß er an seiner Seite stand.
    Kann ein Mensch sieben Tage und sieben Nächte einen Orkan aushalten?
    Kann sein Herz, kann sein Hirn es verkraften, in einem tobenden, weißschäumenden Meer herumgeschleudert zu werden, willenloser Spielball entfesselter Urgewalten, umtost vom Brüllen der Wogen, dem Heulen des Sturmes – ausgeliefert dem einzigen, kläglichen Trost: Wir überleben! Wir können nicht sinken! Das Meer kann uns die Knochen brechen – aber wir bleiben oben!
    Hält ein Mensch das aus? Sieben Tage und sieben Nächte?
    Sie hielten es aus. Helena und Lucrezia festgehakt unter Deck, Trosky und Losskow in der Plicht, zwischen den Seilen hängend, sich unter den Wellenschlägen duckend, zusammenkriechend, um möglichst keine große Angriffsfläche zu bieten, und dann wieder aufspringend und todesmutig versuchend, das Boot von Hand genau auf den Wogen zu halten.
    Der Windmesser versagte. Er zeigte nur bis 65 Knoten an, aber es mußten mindestens 80 Knoten sein. Eine Windgeschwindigkeit von über 100 Meilen! An Navigieren oder Positionsbestimmung war nicht zu denken. Es gab keine Sonne mehr, nur noch einen heulenden, grauen Himmel, ab und zu durchrast von wilden Wolkenfetzen, in die der Ozean hineinbrüllte.
    Sieben Tage und sieben Nächte.
    Vom dritten Tage an lösten sich Trosky und Losskow ab; jeder schlief fünf Stunden. So absurd es klingt – aber sie schliefen wirklich. Sie banden sich auf ihrem Bett fest und versanken in Bewußtlosigkeit, sobald sie lagen. Helena oder Lucrezia mußten sie wecken. Dann stiegen sie taumelnd wieder an Deck, empfangen von niederdonnernden Brechern, die einen Wasserschwall in die Kajüte schleuderten.
    Am sechsten Tag sagte Losskow: »Wir müssen längst an den Falkland-Inseln vorbei sein. Der Sturm steht genau nach Südost. Wir rasen auf Feuerland zu!«
    »Da wollen wir ja auch hin!« brüllte Trosky gegen den Wind. Sein Lachen war nicht mehr zu hören, nur sein Gesicht drückte es aus. »Das ist für Kap Horn der zünftige Empfang. Der Klotz weiß, was er einem Seemann schuldig ist!«
    »Wissen das auch die Eisberge?« schrie Peter ihm ins Ohr. Trosky sah ihn erstaunt an.
    »Wieso Eis?«
    »Bei diesem Wind kann Treibeis bis hierher kommen. Selbst um diese Jahreszeit!«
    »Der Wind steht doch dagegen!«
    »Aber wir liegen davor und jagen auf das Treibeis zu.«
    Sie zogen eine Ölplane über sich und duckten sich in der Plicht. Die See ergoß sich über sie und schlug auf sie ein wie mit Riesenfäusten. Die Lenzpumpen schafften den Wassereinbruch kaum noch. Bis zu den Knien standen Trosky und Losskow im Wasser.
    »Was sagt der Wetterbericht?« rief Trosky.
    »Weiter Sturm. Und es wird kälter. Das macht mir Sorge.«
    »Wann hast du

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