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Die Fahrt nach Feuerland

Die Fahrt nach Feuerland

Titel: Die Fahrt nach Feuerland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zusammenprall mit der Helu? Auf eine Welle, die sie so tief in ein Wassertal drücken würde, daß die nächste Woge sie zerschmetterte und der Ozean sie verschlang?
    Nach einer Weile kroch Losskow zum Eingang und zog den Reißverschluß einen Spalt weit auf. Er hatte nicht erwartet, die Helu noch zu sehen, aber sie trieb backbord, in fast greifbarer Nähe, mit schwerer Schlagseite im Sturm, wurde hochgeschleudert und in Wellentäler geworfen und kam doch immer wieder hoch, weil die aufgeschäumten Kammern noch genug Auftriebsschub hatten. Ein langsames, schreckliches Sterben, das Stunden dauern konnte. Das Boot gab noch nicht auf.
    Losskow kroch zu seinem Platz zurück und legte die Decke über sich. Er fror, wie sie alle, völlig durchnäßt. Zwar würde sich die enge Insel durch die Menschenkörper aufheizen, aber es war ja nicht die Kälte allein, die sie zittern machte, die Nerven vibrierten wie unter elektrischen Schlägen.
    »Ist sie noch da?« fragte Helena.
    Losskow nickte. »Backbord. Sie kämpft.« Er schloß die Augen und drehte den Kopf zur Seite. »Jetzt könnte ich heulen.«
    »Sind wir zu früh ausgestiegen?« fragte Trosky.
    »Nein. Ob auf dem Boot oder hier in der Insel – wir sind angewiesen auf das Meer. Wir haben keinen Willen mehr. Wir haben nur noch oben auf der Spitze ein Blinklicht, solange die Batterien reichen, und wir haben die Hoffnung, daß uns jemand sieht. Daß dieser Pablo in Rio Gallegos vielleicht etwas mit seinem Alarm erreicht hat. Und daß der Sturm bald nachläßt.«
    »Ist das nicht ein bißchen wenig?« Trosky gab Mr. Plump eine Ohrfeige, weil sich der kleine struppige Hund voller Angst auf seinen Oberschenkel legen wollte. Winselnd kroch er zu Lucrezia, die ihn in den Arm nahm. Helena trat nach Trosky, aber der hielt lachend ihren Fuß fest. »Und wenn uns keiner sucht und findet?«
    »Irgendwo kommen wir an.«
    »Natürlich. Als verdorrte Mumien. Die Zeitungen werden dann einmal schreiben: ›In Neu-Seeland wurde eine Gummiinsel mit den Überresten von vier Menschen angetrieben. Ihre Identität ist nicht mehr festzustellen. Es muß ein altes Gummifloß aus dem verflossenen Jahrzehnt sein.‹«
    Trosky grunzte, ließ Helenas Bein los und schälte sich aus seiner Öljacke. Er zog auch Stiefel und Hose aus und lag nackt neben Lucrezia. »Wir sollten uns alle ausziehen und ausdampfen. Ich habe etwas gegen Schnupfen, es ist die blödsinnigste Krankheit, vor der der Mensch kapituliert.«
    Noch einmal blickte Losskow durch den Spalt am Eingang hinaus. »Jetzt ist sie nicht mehr zu sehen«, sagte er beim dritten Mal. »Das heißt noch nicht, daß sie gesunken ist. Auch das wär' ja eine Hoffnung mehr! Die Helu treibt weiter und wird aufgefischt. Dann wird man uns in diesem Gebiet suchen!«
    »Er bleibt der unverwüstliche Optimist!« sagte Trosky. »Er gehört zu den Typen, die zum Scharfrichter sagen: Ätsch, das Beil ist ja stumpf.«
    »Das wichtigste ist: wir leben!« Helena knöpfte einen Plastikbeutel auf und holte eine Flasche heraus. Sie hob sie hoch und schwenkte sie durch die Luft. »Kognak, Kinder! Den haben wir jetzt verdient.«
    »Sie ist doch ein goldiges Mädchen!« grölte Trosky und streckte beide Hände nach der Flasche aus. »Für einen Schluck darfst du mir noch einen Tritt geben.«
    Der 15. Tag.
    Das Meer war ruhig. Es war ungewöhnlich warm, obgleich sie nach Süden trieben, was sie am Stand der Sonne erkannten. Der mitgenommene Handkompaß versagte kläglich. Er hatte durch einen winzigen Riß Wasser eingesogen und spielte verrückt. Es blieb nur die Orientierung durch die Sonne oder die Sterne, die grobe Richtung also.
    In der Enge der Insel, Körper an Körper, war es nicht mehr auszuhalten. Trosky hockte draußen auf dem Inselrand, einen Leinenhut auf dem Kopf, und versuchte, Fische zu fangen. Er hatte aus Sicherheitsnadeln kunstvolle Haken gebogen und lockte die ersten Fische mit Wurstbröckchen aus einer Dose an. Die großen Fische tötete er mit einem Handkantenschlag ins Genick, den kleinen zerdrückte er mit Daumen und Zeigefinger den Kopf und hängte sie als Köder an seine Haken.
    »Er ist ein Vieh!« sagte Helena schaudernd zu Losskow. »Man kann doch Fische anders töten.«
    »Er wird dir erklären, das sei die schnellste und beste Methode.«
    Sie aßen die Fische roh; es schmeckte scheußlich, aber es streckte den Proviantvorrat, den sie sowenig wie möglich angriffen. Am neunten Tag warf Trosky die aufgeschlitzten Fische in die Insel mit der

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